Die Töchter und Söhne der Wagner-Dynastie
In "Cosimas Kinder - Triumph und Tragödie der Wagner-Dynastie" beleuchtet der Politologe Oliver Hilmes das Leben der fünf Kinder von Cosima Wagner. Die Frau des Komponisten Richard Wagner ist die Gründungsmutter einer Familiendynastie, die noch heute die Geschicke der von Richard Wagner ins Leben gerufenen Bayreuther Festspiele bestimmt.
Vier Töchter und ein Sohn sind es, die Hilmes näher ins Auge fasst, und dabei gerät ein Familientableau in den Blick, wie man es sich neurotischer, aber eben auch wirkungsmächtiger kaum vorstellen kann.
Während die Töchter Blandine, Daniela, Isolde und Eva für sich genommen keine große Rolle in Bayreuth gespielt haben (die ersten beiden lebten nicht einmal mehr dort, nachdem sie sich verheiratet hatten), taten es ihre Männer umso mehr. Vor allem an den Gatten Evas ist hierbei zu denken, den Publizisten Chamberlain, der mit seinen "Grundlagen des 19. Jahrhunderts" ein völkisch-nationales und vehement antisemitisches Weltanschauungs-Gebräu schrieb, das nicht nur weiteste Verbreitung fand, sondern von den aufstrebenden Nationalsozialisten geradezu wie eine Bibel verehrt wurde. Durch Chamberlain stößt denn auch Adolf Hitler bereits 1923 zu den Wagners, die daraufhin dessen Abmarsch in die Barbarei mit Sang und Klang begleiten – bis in den Untergang.
Hilmes, von Haus aus Politologe, interessiert sich bei allem Bemühen, die Lebensläufe der Kinder Cosimas nachzuzeichnen, vor allem für das zunehmende Abdriften Bayreuths nach rechts. Er zeigt sehr plausibel, wie das autoritäre Regiment Cosimas bei ihrem Nachwuchs zu einem engen, ressentiment-geladenen Weltbild führt, was bekanntlich oft totalitäre Affinitäten im Gefolge hat. Eine Ausnahme bildet Isolde, die zusammen mit ihrem Mann Fritz Beidler den Clan herausfordert in einer Form, die als Beidler-Affäre in die Annalen einging, Siegfried dazu brachte, sein Leben als schwuler Dandy an den Nagel zu hängen und sich mit Winifred Klindworth zu verbinden, die dann bis zu ihrem Tod 1980 eine unverbesserliche Anhängerin des "Führers" werden sollte.
Diese Beidler-Affäre hatte Hilmes allerdings bereits in seinem Vorgängerbuch minutiös (und als erster überhaupt!) aufgearbeitet. Wie ohnehin "Cosimas Kinder" für den, der "Herrin des Hügels" kennt, wie ein Nachklapp wirkt. Sicher, die Lebenswege der wenig bekannten, aber auch wenig bedeutenden Cosima-Töchter werden detailreich nachgezeichnet, doch der wirklich wichtige und für Bayreuth von 1906 bis zu seinem Tod 1930 bestimmende "Stammhalter" Siegfried bleibt blass. Auch macht sich ein Ton forscher Bewertung nach den Maßstäben unserer Zeit manchmal unschön bemerkbar. So sehr sich auch diesmal in der Analyse Bayreuther Gedankenguts wieder bewährt, dass Hilmes Politologe ist, so deutlich werden auch seine Grenzen: Im Musikalischen kennt er sich wenig aus, für die Magie des Topos von Bayreuth ist er offenbar nicht empfänglich.
Besprochen von Tilman Krause
Oliver Hilmes: Cosimas Kinder - Triumph und Tragödie der Wagner-Dynastie
Siedler Verlag, Berlin 2009
320 Seiten, 22,90 Euro
Während die Töchter Blandine, Daniela, Isolde und Eva für sich genommen keine große Rolle in Bayreuth gespielt haben (die ersten beiden lebten nicht einmal mehr dort, nachdem sie sich verheiratet hatten), taten es ihre Männer umso mehr. Vor allem an den Gatten Evas ist hierbei zu denken, den Publizisten Chamberlain, der mit seinen "Grundlagen des 19. Jahrhunderts" ein völkisch-nationales und vehement antisemitisches Weltanschauungs-Gebräu schrieb, das nicht nur weiteste Verbreitung fand, sondern von den aufstrebenden Nationalsozialisten geradezu wie eine Bibel verehrt wurde. Durch Chamberlain stößt denn auch Adolf Hitler bereits 1923 zu den Wagners, die daraufhin dessen Abmarsch in die Barbarei mit Sang und Klang begleiten – bis in den Untergang.
Hilmes, von Haus aus Politologe, interessiert sich bei allem Bemühen, die Lebensläufe der Kinder Cosimas nachzuzeichnen, vor allem für das zunehmende Abdriften Bayreuths nach rechts. Er zeigt sehr plausibel, wie das autoritäre Regiment Cosimas bei ihrem Nachwuchs zu einem engen, ressentiment-geladenen Weltbild führt, was bekanntlich oft totalitäre Affinitäten im Gefolge hat. Eine Ausnahme bildet Isolde, die zusammen mit ihrem Mann Fritz Beidler den Clan herausfordert in einer Form, die als Beidler-Affäre in die Annalen einging, Siegfried dazu brachte, sein Leben als schwuler Dandy an den Nagel zu hängen und sich mit Winifred Klindworth zu verbinden, die dann bis zu ihrem Tod 1980 eine unverbesserliche Anhängerin des "Führers" werden sollte.
Diese Beidler-Affäre hatte Hilmes allerdings bereits in seinem Vorgängerbuch minutiös (und als erster überhaupt!) aufgearbeitet. Wie ohnehin "Cosimas Kinder" für den, der "Herrin des Hügels" kennt, wie ein Nachklapp wirkt. Sicher, die Lebenswege der wenig bekannten, aber auch wenig bedeutenden Cosima-Töchter werden detailreich nachgezeichnet, doch der wirklich wichtige und für Bayreuth von 1906 bis zu seinem Tod 1930 bestimmende "Stammhalter" Siegfried bleibt blass. Auch macht sich ein Ton forscher Bewertung nach den Maßstäben unserer Zeit manchmal unschön bemerkbar. So sehr sich auch diesmal in der Analyse Bayreuther Gedankenguts wieder bewährt, dass Hilmes Politologe ist, so deutlich werden auch seine Grenzen: Im Musikalischen kennt er sich wenig aus, für die Magie des Topos von Bayreuth ist er offenbar nicht empfänglich.
Besprochen von Tilman Krause
Oliver Hilmes: Cosimas Kinder - Triumph und Tragödie der Wagner-Dynastie
Siedler Verlag, Berlin 2009
320 Seiten, 22,90 Euro