Mit Rihanna am Kamener Kreuz
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Einst waren Tourbusse Partykeller auf Rädern. Heute gleichen sie oft eher hochpreisigen Hotels. Fahrer Chris Hahne berichtet, wie sich das Leben auf Tour verändert hat – und was für Extras sich manche Stars in ihren Bus einbauen lassen.
Seit dem Aufkommen der Popmusik hat sich das Musikgeschäft ständig weiterentwickelt – und mit ihm auch alles, was zur Branche gehört. An Tourbussen lässt sich dieser Wandel besonders gut nachvollziehen. Im Vergleich zum Cabrio-Doppeldecker, den Paul McCartney vor etwa 50 Jahren kaufte und in schönster Hippie-Manier mit psychedelischen Mustern bemalte, wirken die Busse von heute wie Hotels auf Rädern: luxuriöser, aber auch auf Effizienz getrimmt.
Einer, der den Wandel miterlebt hat, ist Chris Hahne. Der Belinger hat vor 30 Jahren als Tourbus-Fahrer angefangen und Anfang der 90er-Jahre die Berliner Rock Coaches gegründet. Seine Firma baute unter anderem den ersten Nightliner Deutschlands.
Sex, Drugs and Rock'n'Roll im Bus
"Mit 16 Jahren arbeitete ich als Roadie für meinen Cousin, der in einer Band spielte. Wenn die alle besoffen waren, durfte ich heimlich den 7,5-Tonner über deutsche Autobahnen fahren – ganz ohne Führerschein." Eine Erfahrung, die Hahne prägte. Er zog nach Berlin und heuerte auf der Tour von Rio Reiser an – und startete so seine Karriere als Tourbusfahrer auf Musiktourneen.
Zu dieser Zeit seien die Busse noch Orte gewesen, in denen die Musiker das Klischee von Sex, Drugs and Rock’n’Roll auslebten, so Hahne, der stets mitten drin war. Als Fahrer sei man "immer 'Part oft he Family'" gewesen. "Man geht zusammen in die Diskotheken, feiert zusammen, hängt zusammen ab. Zumindest zu meiner Zeit in den 80er-Jahren." Zu Janet Jackson pflege er sogar ein freundschaftliches Verhältnis, so Hahne. "Ich habe alle ihre Touren in Europa gefahren. Sie saß dann immer auf dem Beifahrersitz und hat sich Süßigkeiten von mir geklaut."
Küche, Fitnessgeräte, Matratzen
Heute arbeite die Branche um einiges professioneller. Damit alles funktioniert, passt Hahne die Busse an die Wünsche der Künstler an. "Für Lenny Kravitz haben wir eine komplette Küche eingebaut. Für André Rieu hingegen haben wir mal einen Bus gebaut, in dem nur Sportgeräte drin waren. Der wollte einfach Sport machen, aber nicht jedes Hotel hat einen Fitnessraum."
Eine besondere Anfrage stellte die Pop-Diva Cher. Die Sängerin verlangte ursprünglich, dass man ihre Matratze aus ihrer New Yorker Wohnung im Bus verbaue. Als Hahne dann die Überseekiste öffnete, musste er erkennen, dass die Künstlerin gleich ihr ganzes Boxspringbett geschickt hatte.
Kein Alkohol, keine Musik
Manchmal baut Hahne sogar einen extra Anhänger – so geschehen bei der Tour von Rihanna. Die Sängerin wollte sich nicht in den Hallen duschen, in denen sie auftrat. Hahnes Firma fertigte daraufhin einen privaten Duschhänger für die Sängerin, in dem sie sich auch umziehen konnte. So gesehen bestehe also theoretisch die Mögllichkeit, Rihanna am Kamener Kreuz im Handtuch am Rastplatz zu treffen.
Doch so verrückt manche Anfragen heutzutage anmuten, so gemäßigt gehe es inzwischen in den Fahrzeugen selber zu. In den Bussen dürfe teilweise kein Alkohol getrunken werden, so Hahne. Man müsse sich ruhig verhalten, Musik hören sei tabu. "Am nächsten Tag ist immer eine Show. Und die muss stattfinden."
(rod)