Die Tücke des Objekts ...

Diesmal geht es um die Redensarten: Es ist finster wie im Bärenarsch, die Tücke des Objekts, auf Krawall gebürstet sein, es klappt wie am Schnürchen u. a.
es ist finster wie im Bärenarsch

In der Nacht ist der Mensch nicht gern alleine, denn die gehört nach alter Überzeugung den Geistern und Dämonen. So fürchtet man das Dunkel und alles Dunkle. Zu den zehn Plagen, die Gott Pharao schickt, um das Volk Israel aus der Knechtschaft zu erlösen, zählt eine ungeheuer schwarze Nacht am Tag, eine Geschichte, die sich in der Redensart "das ist ja eine ägyptische Finsternis" niedergeschlagen hat.

Um die Angst vor dem Finsteren zu verbergen, ließ man gerne humorvolle Sprüche und Vergleiche vom Stapel; gleichsam ein verbales Pfeifen im Walde. Dazu gehörte "dunkel wie Tinte", "finster wie die Nacht" und allerlei derbere, bei denen die Dunkelheit des Afters Pate stand. So sagte man "dunkel wie im Pferdearsch" oder eben "im Bärenarsch". Die Tiere sind beide groß, deren Hintern auch und also die entsprechende Finsternis. In den Siebzigern des verflossenen Jahrhunderts sang das Duo "Schobert und Black" von politischer Korrektheit noch ganz unangekränkelt: ,"O Kuwait, o Kuwait, deine Nächte sind so finster wie das Hinterteil einer Mulattenmaid".


Die Tücke des Objekts

Manchmal funktionieren mitten in der Sendung die Schaltungen im Radio nicht, manchmal streikt der Wagen auf dem Weg zum Rendezvous, die Schnürsenkel reißen vor dem Vorstellungsgespräch, und der Rechen liegt mit den Zinken nach oben, so dass er einem die Nase blutig schlägt. Der Eindruck drängt sich gar nicht so selten auf, dass die Dinge ab und zu einen eigenen Willen entfalteten, und zwar einen bösartigen. Dafür fand Friedrich Theodor Vischer, Ästhetiker, Philosoph, Autor, den schönen Ausdruck "die Tücke des Objekts", der nebst Erläuterungen in seinem herrlich verschnupften Roman "Auch einer" vorkommt und rasch Verbreitung fand, hatten doch schon viele das Phänomen erleiden müssen, ohne es bis dato recht benennen zu können.


Auf Krawall gebürstet sein

Sooft er auch vorkommt, der Krawall, auf den Straßen, den Schulhöfen, den Fußballstadien, ist das Wort doch etwas unklaren Ursprungs. Man weiß nicht einmal genau, wann es entstanden ist, und kann nur vermuten, woraus. Verbreitet hat es sich sicher es erst ab den 30ern des 19. Jahrhunderts, angeblich von Hessen aus.
Sehr wahrscheinlich, dass es aus dem französischen "Charivari" entstanden ist, was

"Katzenmusik, Straßenlärm" heißt und einer Art dörfliches Ehrengericht bezeichnet, das dem im süddeutschen Raum bekannten Haberfeldtreiben entspräche. Nachbarn versammelten sich vor dem Haus desjenigen, der gegen die ungeschriebenen Dorfgesetze verstoßen hatte, und machten mit allerlei "Instrumenten" Lärm. Das konnten Eimer sein, Wann oder Bleche, auf denen man herumtrommelte, Röhren als Megaphone, Kuhglocken oder improvisierte Pfeifen; Hauptsache, es machte Krach. Von "Charivari", das auch wörtlich ins Deutsche übernommen wurde, gab es früh latinisierte Formen wie charivalli, charavallium. Verwandte Worte im Englischen stammen wohl auch von ihm ab wie "carboil" (Tumult) und im Schottischen "carrywarry". Im Deutschen trifft man auf "kartummel" und das andere schöne Krachwort "Krakeelen".

Und warum ist man "gebürstet", wenn man auf Streit aus ist? Das lässt sich doppelt verstehen, einerseits als "sich in entsprechender Weise frisieren" und also in Stimmung und Form bringen, also vorbereiten für den Krawall, andererseits lehnt der Ausdruck sich an die gebräuchlichen Bilder und Redensarten "gegen den Strich bürsten" und "Kratzbürste" an, in denen die Unleidlichkeit und der Ärger ebenfalls schon mitschwingen.


einen Fleischerweg machen

Die Redensart ist weit verbreitet in Deutschland, heißt anderswo "einen Schlachtergang machen" oder einen Metzgergang", wobei alle Varianten dasselbe heißen, "etwas umsonst / vergebens tun". Die übliche Erklärung geht davon aus, dass in Zeiten vor den zentralen Schlachthöfen, also vor dem 20. Jahrhundert, Fleischer bei den Bauern der Umgebung herumgehen mussten, um zu schauen, ob es irgendwo etwas Schlachtbares gebe. Das war oft nicht der Fall, weil man eine Kuh ja nur melken oder schlachten kann. Diese vielen vergeblichen Gänge leuchten ein als Grundlage der Redensart, doch steht noch etwas Älteres, sehr Überraschendes zusätzlich dahinter. Metzger, Fleischer, Schlachter gingen nämlich in früheren Zeiten ganz regelmäßig und gar nicht umsonst. Sie betrieben im späten Mittelalter, ja bis weit ins 17. Jahrhundert hinein eine Post, die vor allem Botengänge anbot. Dabei besaß eigentlich die Familie Thurn und Taxis das kaiserliche Privileg für die Reichspost, also ein Monopol, weshalb die Metzgerpost kaiserlich verboten wurde. Dennoch bestand sie eine ganze Zeit weiter als Nebenerwerb bis etwa 1650. Danach war es vorüber mit dem Fleischerweg, soweit es die Post- und Botengänge betraf, und die Fleischer hatten also nichts mehr davon.

Dieser historische Hintergrund verknüpfte sich dann mit den wohl in der Tat oft erfolglosen Wegen, die ein Fleischer machen musste, um Schlachtvieh zu erwerben. Diese konnten sogar als Gegenteil zu den lukrativen Botengängen der Fleischer früher gelten.


Krethi und Plethi

Wie konnte nur aus einer Elitetruppe ein Ausdruck für eine Menge Hergelaufener werden? Man sagt ja höchst abschätzig "da sind Krethi und Plethi eingeladen", also bloß Pöbel, irgendwelche Leute, bunt zusammengewürfelt.

Durch Martin Luthers Bibelübersetzung verbreitete sich der Ausdruck. Der Chef der Krether und Plether leitete die Leibwache des jüdischen König Davids, so dass man davon ausgehen kann, es handelte sich um eine Eliteformation. Woher kamen aber die Namen? "Krethi" klingt nach "Kreter", und so erklärte man den Namen auch, "Plethi" sollten dagegen die Philister sein. Aber das "h" stört doch, und es gibt bessere Erklärungen. So meinte man später, es seien "Krehti und Plethi" Namen für die Stämme der Philister im Süden und im Norden, die dem König gedient hätten und weil sie vermischt waren, zu dem Ausdruck führen konnten.
Am wahrscheinlichsten ist es allerdings, aufs Hebräische zurückzugehen, womit sich auch der schlechte Beiklang der Wendung erklärte. Das Wort "krethi" bedeutet nämlich "töten", ja sogar "ausrotten", wohingegen "plethi" "flüchten" oder "wegeilen" heißt. Das passt zu den Funktionen, welche die Leibwache auch hatte. Sie waren offensichtlich als eine Art Henker und Eilboten tätig: sehr unangenehme Leute, mit finalen Absichten. Und dann waren sie offensichtlich noch Fremde, was den Leuten fast nie schmeckte; man denke nur an die unbeliebte sarazenische Leibwache Friedrich II. von Hohenstaufen.

Höchstwahrscheinlich verstanden schon die normalen Bibelleser zu Luthers Zeiten die Hintergründe nicht und den Ausdruck einfach nur als lustige Bezeichnung für einen zusammengewürfelten Haufen, und so hat er sich gehalten.


kein(en) Hehl daraus machen

Es gibt eine Reihe von Wörtern hohen Alters, die einfach munter weiter existieren, obwohl man sie schon lange nicht mehr versteht. "Hehl" gehört noch zu jenen Begriffen, die wegen ihrer vielfältigen Varianten sich indirekt erschließen lassen. Verwandt ist zum Beispiel der Hehler, von dem der Volksmund weiß: "Der Hehler ist schlimmer als der Stehler." Er handelt nämlich mit Diebsgut, begünstigt die Straftat. Ohne ihn wüsste der Dieb nicht, was er mit seiner Beute anfangen sollte, ist er ja in der Regel nicht auf Sachbesitz, sondern auf Geldgewinn aus.

"Hehl" bedeutet "Geheimnis" und gehört zu "hehlen", das "verheimlichen, verstecken" heißt. Beide haben sie althochdeutsche Wurzeln, die sich zu so unterschiedlichen Wörtern wie "Helm", Hülle", "Hülse", "Halle" entwickeln konnten. So bedeutet "helan" "verbergend bedecken". Auch "unverhohlen" gehört zu "hehlen" und bedeutet "offen, frank, frei" etwas äußern. Man verbirgt also nichts, wenn man "keinen Hehl daraus macht".


es klappt wie am Schnürchen

So unscheinbar es ist, das Schnürchen führte zu allerlei Redensarten. Da trifft man auf den Ausdruck "etwas am Schnürchen haben", der vom Gängelband der kleinen Kinder herkommt. Das war eine Art Geschirr, mit dessen Hilfe man die unruhig hin- und herstrebenden, oft auch fallenden Kleinen leiten, lenken und halten konnte, so dass der Ausdruck bedeutet "alles im Griff haben".

Bei dem Ausdruck aber "das läuft ja wie am Schnürchen" geht es um das reibungslose, flotte Ablaufen einer Handlung. Da ist einerseits an den Rosenkranz zu denken, der manchmal sogar explizit in Varianten der Redensart vorkommt. In Köln heißt es: "Dat muß immer förangohn wie de Schnur am Rusekranz." Eine zweite Erklärung bezieht sich auf die Marionettentheater und die Hampelmänner, deren Bewegungen von "Strippenziehern" oder "Drahtziehern" abhängen. Hier gab es keinen eigenen Willen, die Handlung lief also folgerichtig ab.

Die Schnur war allerdings auch seit alter Zeit ein Bild für die Folge überhaupt und im ganz wörtlichen Sinne, spätestens seit antiken Tagen. Beliebt war die Sage von Theseus, der mit Hilfe des Ariadne-Fadens aus dem Labyrinth herausfand. Diese Vorstellung übertrug sich damals schon auf das folgerichtige Denken und blieb es bis heute. Es gibt ja immer noch das alte Wort "Leitschnur" des Denkens und Handelns, das die Prinzipien eines Menschen bezeichnet, nach denen er konsequent vorgeht. Wenn man eine Leitschnur hat, dann "klappt alles wie am Schnürchen". Man musste ihr nur aufmerksam folgen.


Wat dem een sin Uhl, is dem annern sin Nachtigall
Das Sprichwort findet sich in vielerlei Schreib- und Lautvarianten, bleibt aber in der Regel seiner plattdeutschen Form treu. Nachtigall und Eule sind die bekanntesten Nachtvögel und finden sich in zahllosen Wendungen, Gedichten, Dramen und Prosatexten. Ihre Bedeutung ist darin geradezu gegensätzlich. Während die Eule der dämonischen und unheimlichen, ja teuflischen Sphäre zugerechnet wird, gilt die Nachtigall seit langem als christliches Symbol und natürlich als Liebesvogel, dessen Gesang die Herzen betört.

Insofern kann man das Sprichwort mit einem anderen Sprichwort übersetzen, nämlich: "Jedem Tierchen sein Pläsierchen!" Es geht darum, dass zwei Menschen etwas ganz anders auffassen, einen ganz unterschiedlichen Geschmack und unterschiedlich Wünsche haben, ganz andere Urteile fällen.


Das schlägt dem Fass den Boden aus

Fässer gehören fast schon zum Kunsthandwerk, so aufwendig sind sie herzustellen. Bei der Fertigung müssen die exakt gehobelten Fassdauben unter Wasserdampf gebogen werden, zusammengefügt und durch das Aufschlagen der eisernen Reifen in dichte Form gebracht werden. Schlägt der Böttcher, so heißen die Fassmacher, den Reifen zu fest auf, so lässt der hohe Druck den Boden herausspringen, und die ganze Arbeit muss mühsam wiederholt werden. Doch eine weitere alte Sitte steckt hinter der gut fünfhundert Jahre schon beliebten Redensart: Wenn jemand schlechte Ware auf dem Markt feilbot oder ohne Erlaubnis eingeführte oder ohne Verkaufsrecht, dann strafte man ihn da, wo es ihn am empfindlichsten traf. Man schlug kurzerhand den Fässern – in denen nicht nur flüssige Ware verkauft wurde – den Boden aus, wie viele Quellen bezeugen. Dann ergossen sich Wein, Essig, Fische, Bier über den Markt. Benahm sich jemand unbotmäßig, konnte man also empört auf diese Bestrafungspraxis und auf die zu groben Schläge des Fassmachers hinweisen.


etwas brennt mir auf / unter den Nägeln

Die Bedeutung "etwas drängt mich zu größter Eile, ist mir extrem wichtig zu erledigen" ist unstrittig, die Herkunft dagegen ist nicht zu hundert Prozent gesichert. Weniger wahrscheinlich ist die Erklärung, Foltermethoden lägen dem Ausdruck zu Grunde. Glühende Kohlenstückchen auf den Nägeln sollten zur Aussage zwingen. Wahrscheinlicher ist die Herkunft vom Brauch der Mönche bei der Frühmesse, bei der es ja meist noch dunkel war, Kerzlein auf die Daumennägel zu stecken, um im Brevier oder im Messbuch lesen zu können. Je länger die Andacht dauerte, um so dringlicher wurde es, ein Ende zu machen, weil den Mönchen es auf den Nägeln brannte.