Die unheilige Geldmacherei mit der privaten Landwirtschaft
Jeder, der bestimmte Gemüsesorten anbaut, muss mittlerweile Gebühren an die Patentinhaber zahlen. Und die liegen bei den weltgrößten Agrarkonzernen. Jetzt schlägt die evangelische Kirche Alarm: Sie sieht durch Biopatente die Ernährungssicherheit der Menschheit gefährdet.
Ein urbaner Garten an der Spree, mitten in Berlin. Eine Graffiti-übersäte Brandmauer hinter den aus Abfallholz gezimmerten Hochbeeten verleiht der alternativen Gemüseproduktion einen morbiden Charme. Mit einer kleinen Harke gewappnet beugt sich die Publizistin Katharina Granzin über eines der Beete, um Unkraut zu jäten. Die ausgesäten Pflänzchen sind für die Jahreszeit noch ziemlich klein:
"Wir haben ein bisschen das Problem, dass wir nicht soviel Sonne haben. Wir haben uns in diesem Beet konzentriert auf Pflanzen, die auch Schatten vertragen: das sind zum Beispiel Petersilie, Schnittlauch, dann haben wir hier Lauchzwiebeln, bisschen Rote Bete, Möhren, hoffen, dass die kommen, letztes Jahr kamen die nicht so gut."
Bunte Vielfalt im Garten und auf dem Teller – ein Gut, das es zu schützen gilt. Viele junge und umweltbewusste Leute wollen dabei helfen und haben die Lust am Gärtnern wiederentdeckt. Schließlich ist die Artenvielfalt gefährdet, nicht nur die in der freien Natur, sondern auch die Vielfalt von Pflanzen und Tieren, die unserer Ernährung dienen. Und das hat unter anderem mit der Patentierung von Leben zu tun.
Ein Patent garantiert dem Erfinder, dass 20 Jahre lang alles Geld, das sich mit seiner Erfindung verdienen lässt, auf seinem Konto landet. Im Prinzip sei dagegen nichts einzuwenden, sagt die Agraringenieurin Maren Heincke vom Zentrum gesellschaftliche Verantwortung der evangelischen Kirche Hessen Nassau.
Denn diese Einkünfte stellen für Wissenschaft und Forschung einen nicht unerheblichen Anreiz dar. Voraussetzung sei allerdings, dass es sich wirklich um eine Erfindung handele. Davon könne bei lebenden Organismen aber kaum die Rede sein, moniert Heincke. Denn grundsätzliche Merkmale des Lebens wie Stoffwechsel oder Fortpflanzungsfähigkeit wurden nicht in den Laboren von Monsanto oder Bayer erschaffen:
"Bei dem biologischen Material gibt es einen großen Konflikt darüber, ob das nicht schlichtweg Entdeckungen sind und damit nicht patentierbar. Der Gesetzgeber sagt, biologisches Material, das ich aus der natürlichen Umgebung entferne, ist patentierbar. Ich als Agraringenieurin würde sagen: da fehlt mir die Erfindungshöhe, ganz wesentlich ist nämlich das, was in der Natur vorhanden ist. Selbst wenn ich es isoliere ist es ein Bestandteil der Natur und damit es es für mich keine Erfindung."
Der letzte Punkt, der wirklich problematisch ist bei der Übertragung vom Patentrecht von toter Materie auf Lebewesen, ist für uns tatsächlich auch ein schöpfungstheologisches Argument. Es ist aus unserer Sicht eine relativ hohe Anmaßung, plötzlich Lebewesen als Erfindung dieser Patentlogik zu unterstellen. Aus unserer Sicht fehlt uns da der Aspekt, dass letztendlich wir alle geschaffen sind, schöpfungstheologisch betrachtet.
Der Mensch als Geschaffener, der von Gott aber ausdrücklich auch als Mitschöpfer erwünscht ist. Eine seiner wichtigsten Aufgaben dabei ist sicherlich, essbare Pflanzen und Nutztiere zu züchten, sie ertragreicher zu machen und an schwierige Umweltbedingungen anzupassen. Zum Beispiel an Hitze und Trockenheit als Folge des Klimawandels.
Maren Heincke macht sich im Namen der EKD dafür stark, dass Züchter ausreichend für ihre hochkomplexe und auch teure, zeitintensive Arbeit zum Nutzen der Menschheit entlohnt werden. Dies wird längst abgesichert - zum Beispiel durch das deutsche Sortenschutzrecht. Patente jedoch schließen aus: noch nicht einmal Forschungsinstitute dürfen mit patentierten Pflanzen oder Genen arbeiten, ohne horrende Summen an die großen Konzerne abführen zu müssen. Das gilt auch für gentechnisch verändertes Saatgut.
" In dem Moment, wenn ich Menschen den Zugang zu Saatgut wegnehme oder erschwere, komme ich in eine massive Gerechtigkeitsfalle, weil das tatsächlich mit dem Menschrecht auf Nahrung völlig kollidiert. Nutzpflanzen und Nutztiere sind seit 12.000 Jahren eine gemeinschaftliche Entwicklung der Menschheit, das ist eine gemeinschaftliche Kulturleistung aus allen Erdteilen. Unsere Kulturpflanzen und auch die Nutztiere stammen zum größten Teil aus dem Vorderen Orient, aus Afrika, aus Asien, Amerika. Und bei den Biopaten-ten wird dieses gemeinsame Kulturgut ganz stark privatisiert, man baut auf vorherigen Generationen auf, liefert aber nichts für die Zukunft. Das ist für mich auch ein gerechtigkeitsethischer Aspekt, der diesem gemeinsamen Kulturgut nicht gerecht wird."
Kulturgüter wie die Virusresistenz einer indischen Melonensorte oder das insektenabweisende Gift des Neembaums. In diesen und vielen anderen Fällen haben die Agrar-Multis versucht, sich durch Patente das alleinige Recht auf die Ergebnisse von Züchtungserfolgen zu sichern, zu denen sie noch nicht einmal beigetragen haben.
Im deutschen Bundestag und auch im europäischen Parlament herrscht fraktionsübergreifend Einigkeit, dass auf Tiere und Pflanzen aus konventioneller Züchtung kein Patent erteilt werden darf. Und doch schaffen es die Konzerne, den Willen des Gesetzgebers wegen unklarer Formulierungen in der Biopatentrichtlinie zu umgehen. Agrarministerin Ilse Aigner beruft sich auf ihren christlichen Glauben und will sich mit einem Biopatent - Monitoring zumindest einen Überblick verschaffen, was in Europa alles patentiert wird:
"Uns geht es hier um eine Klarstellung, sowohl auf europäischen Ebene, da müsste die Kommission tätig werden, bei der Biopatentrichtlinie, als auch bei uns in Deutschland, dass wir auf Nutztiere und Nutzpflanzen, auf die Güter selbst eben keine Patente anwenden oder haben wollen. Wir wollen die biolgische Vielfalt auch erhalten von den Pflanzen und wir brauchen einen ungehinderten Zugang für Tiere und Pflanzen von den Züchtern und den Landwirten."
Trotz dieses Bekenntnisses ist die Ministerin bisher nicht aktiv geworden. Dabei müsste das Europäische Patentamt dringend reformiert und von einem demokratisch legitimierten Gremium kontrolliert werden, fordert die EKD. Weil sich das Amt über die Patente finanziere, die es erteilt, seien die Mitarbeiter nur allzu bereit, dem Drängen der Agrar-Multis nachzugeben.
Maren Heincke erinnert an die Verantwortung, die der Mensch als Schöpfer trägt – seine Eingriffe in die Natur müssen nachhaltig und gerecht sein:
"Schöpfungstheologie sind für uns immer wieder Warnhinweise, zu überlegen, wo stehen wir eigentlich? Und nicht dem kurzfristigen Profit, zu folgen, sondern wirklich darüber nachzudenken: Wir stehen in einer langer Kette von Menschen vor uns und nach uns und neben uns in Nord und Süd. Das heißt, wir müssen vorsichtig sein. Genetische Ressourcen im Ernährungsbereich sind einer der ganz wichtigen Faktoren, wie wir als Menschheit in Zukunft überleben können. Das ist das grüne Gold der Zukunft."
"Wir haben ein bisschen das Problem, dass wir nicht soviel Sonne haben. Wir haben uns in diesem Beet konzentriert auf Pflanzen, die auch Schatten vertragen: das sind zum Beispiel Petersilie, Schnittlauch, dann haben wir hier Lauchzwiebeln, bisschen Rote Bete, Möhren, hoffen, dass die kommen, letztes Jahr kamen die nicht so gut."
Bunte Vielfalt im Garten und auf dem Teller – ein Gut, das es zu schützen gilt. Viele junge und umweltbewusste Leute wollen dabei helfen und haben die Lust am Gärtnern wiederentdeckt. Schließlich ist die Artenvielfalt gefährdet, nicht nur die in der freien Natur, sondern auch die Vielfalt von Pflanzen und Tieren, die unserer Ernährung dienen. Und das hat unter anderem mit der Patentierung von Leben zu tun.
Ein Patent garantiert dem Erfinder, dass 20 Jahre lang alles Geld, das sich mit seiner Erfindung verdienen lässt, auf seinem Konto landet. Im Prinzip sei dagegen nichts einzuwenden, sagt die Agraringenieurin Maren Heincke vom Zentrum gesellschaftliche Verantwortung der evangelischen Kirche Hessen Nassau.
Denn diese Einkünfte stellen für Wissenschaft und Forschung einen nicht unerheblichen Anreiz dar. Voraussetzung sei allerdings, dass es sich wirklich um eine Erfindung handele. Davon könne bei lebenden Organismen aber kaum die Rede sein, moniert Heincke. Denn grundsätzliche Merkmale des Lebens wie Stoffwechsel oder Fortpflanzungsfähigkeit wurden nicht in den Laboren von Monsanto oder Bayer erschaffen:
"Bei dem biologischen Material gibt es einen großen Konflikt darüber, ob das nicht schlichtweg Entdeckungen sind und damit nicht patentierbar. Der Gesetzgeber sagt, biologisches Material, das ich aus der natürlichen Umgebung entferne, ist patentierbar. Ich als Agraringenieurin würde sagen: da fehlt mir die Erfindungshöhe, ganz wesentlich ist nämlich das, was in der Natur vorhanden ist. Selbst wenn ich es isoliere ist es ein Bestandteil der Natur und damit es es für mich keine Erfindung."
Der letzte Punkt, der wirklich problematisch ist bei der Übertragung vom Patentrecht von toter Materie auf Lebewesen, ist für uns tatsächlich auch ein schöpfungstheologisches Argument. Es ist aus unserer Sicht eine relativ hohe Anmaßung, plötzlich Lebewesen als Erfindung dieser Patentlogik zu unterstellen. Aus unserer Sicht fehlt uns da der Aspekt, dass letztendlich wir alle geschaffen sind, schöpfungstheologisch betrachtet.
Der Mensch als Geschaffener, der von Gott aber ausdrücklich auch als Mitschöpfer erwünscht ist. Eine seiner wichtigsten Aufgaben dabei ist sicherlich, essbare Pflanzen und Nutztiere zu züchten, sie ertragreicher zu machen und an schwierige Umweltbedingungen anzupassen. Zum Beispiel an Hitze und Trockenheit als Folge des Klimawandels.
Maren Heincke macht sich im Namen der EKD dafür stark, dass Züchter ausreichend für ihre hochkomplexe und auch teure, zeitintensive Arbeit zum Nutzen der Menschheit entlohnt werden. Dies wird längst abgesichert - zum Beispiel durch das deutsche Sortenschutzrecht. Patente jedoch schließen aus: noch nicht einmal Forschungsinstitute dürfen mit patentierten Pflanzen oder Genen arbeiten, ohne horrende Summen an die großen Konzerne abführen zu müssen. Das gilt auch für gentechnisch verändertes Saatgut.
" In dem Moment, wenn ich Menschen den Zugang zu Saatgut wegnehme oder erschwere, komme ich in eine massive Gerechtigkeitsfalle, weil das tatsächlich mit dem Menschrecht auf Nahrung völlig kollidiert. Nutzpflanzen und Nutztiere sind seit 12.000 Jahren eine gemeinschaftliche Entwicklung der Menschheit, das ist eine gemeinschaftliche Kulturleistung aus allen Erdteilen. Unsere Kulturpflanzen und auch die Nutztiere stammen zum größten Teil aus dem Vorderen Orient, aus Afrika, aus Asien, Amerika. Und bei den Biopaten-ten wird dieses gemeinsame Kulturgut ganz stark privatisiert, man baut auf vorherigen Generationen auf, liefert aber nichts für die Zukunft. Das ist für mich auch ein gerechtigkeitsethischer Aspekt, der diesem gemeinsamen Kulturgut nicht gerecht wird."
Kulturgüter wie die Virusresistenz einer indischen Melonensorte oder das insektenabweisende Gift des Neembaums. In diesen und vielen anderen Fällen haben die Agrar-Multis versucht, sich durch Patente das alleinige Recht auf die Ergebnisse von Züchtungserfolgen zu sichern, zu denen sie noch nicht einmal beigetragen haben.
Im deutschen Bundestag und auch im europäischen Parlament herrscht fraktionsübergreifend Einigkeit, dass auf Tiere und Pflanzen aus konventioneller Züchtung kein Patent erteilt werden darf. Und doch schaffen es die Konzerne, den Willen des Gesetzgebers wegen unklarer Formulierungen in der Biopatentrichtlinie zu umgehen. Agrarministerin Ilse Aigner beruft sich auf ihren christlichen Glauben und will sich mit einem Biopatent - Monitoring zumindest einen Überblick verschaffen, was in Europa alles patentiert wird:
"Uns geht es hier um eine Klarstellung, sowohl auf europäischen Ebene, da müsste die Kommission tätig werden, bei der Biopatentrichtlinie, als auch bei uns in Deutschland, dass wir auf Nutztiere und Nutzpflanzen, auf die Güter selbst eben keine Patente anwenden oder haben wollen. Wir wollen die biolgische Vielfalt auch erhalten von den Pflanzen und wir brauchen einen ungehinderten Zugang für Tiere und Pflanzen von den Züchtern und den Landwirten."
Trotz dieses Bekenntnisses ist die Ministerin bisher nicht aktiv geworden. Dabei müsste das Europäische Patentamt dringend reformiert und von einem demokratisch legitimierten Gremium kontrolliert werden, fordert die EKD. Weil sich das Amt über die Patente finanziere, die es erteilt, seien die Mitarbeiter nur allzu bereit, dem Drängen der Agrar-Multis nachzugeben.
Maren Heincke erinnert an die Verantwortung, die der Mensch als Schöpfer trägt – seine Eingriffe in die Natur müssen nachhaltig und gerecht sein:
"Schöpfungstheologie sind für uns immer wieder Warnhinweise, zu überlegen, wo stehen wir eigentlich? Und nicht dem kurzfristigen Profit, zu folgen, sondern wirklich darüber nachzudenken: Wir stehen in einer langer Kette von Menschen vor uns und nach uns und neben uns in Nord und Süd. Das heißt, wir müssen vorsichtig sein. Genetische Ressourcen im Ernährungsbereich sind einer der ganz wichtigen Faktoren, wie wir als Menschheit in Zukunft überleben können. Das ist das grüne Gold der Zukunft."