Die US-Wahl und das Ausland

Wer hofft auf Trump, wer auf Biden?

26:51 Minuten
Wahlkampf-Kekse, die mit Bildern von Joe Biden und Donald Trump verpackt sind
Das Rennen um das Weiße Haus polarisiert weltweit. © imago / Douglas R.Clifford
Von Anne Demmer, Thilko Grieß, Steffen Wurzel · 03.11.2020
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Russlands Regierung könnte mit Donald Trump im Oval Office sicher vier weitere Jahre gut leben. Ebenso Israel und Saudi-Arabien. Anders sieht es bei den meisten EU-Staaten, China und Mexiko aus. Sie hoffen auf Joe Biden und auf neue Zusammenarbeit.
Seinem größten Wahlversprechen ist US-Präsident Donald Trump zwar nicht gerecht geworden, eine Mauer entlang der mehr als 3000 Kilometer langen Grenze zu Mexiko zu bauen. Lediglich 597 Kilometer hat er von den rostbraunen Stahl-Stelen hochziehen lassen, weil er es nicht schaffte, den US-Kongress von der Finanzierung zu überzeugen. Dennoch hat er viel Zustimmung von seinen Wählern für seine Abschottungs-Bemühungen erhalten.
Allerdings stieg während seiner Amtszeit die Zahl der Menschen, die über die US-mexikanische Grenze wollten, deutlich. Hunderttausende, vor allem aus Honduras, Guatemala und El Salvador versuchen es weiterhin durch die Wüste.
Viele sitzen nun in Mexiko fest, nur wenige Kilometer von der US-Grenze entfernt, wie dieser 26-jährige Familienvater, der in Honduras von kriminellen Banden verfolgt wurde:
"Ich habe es fünf Mal versucht, immer haben sie mich erwischt und dann abgeschoben. Mein letzter Versuch war im Januar, aber es war zu heiß. Ich hatte das Gefühl, ich schaffe den Weg durch die Wüste nicht. Ich habe mich dann selbst der Grenzpolizei übergeben."
200 Meilen Zaun sind erneuert: Donald Trump im Juni 2020 an der Grenze zu Mexiko
US-Präsident Trump im Juni an der Grenze zu Mexiko.© imago / Zuma Press / SMG
Er und die anderen hoffen, dass Joe Biden seine Wahlversprechen einhält und die Asylverfahren beschleunigt werden, damit sie eine faire Chance auf Einreise bekommen. Das dürfte auch Mexikos Regierung freuen: Präsident Andrés Manuel López Obrador beugte sich widerwillig dem Druck von Trump, der gedroht hatte, Strafzölle von bis zu 25 Prozent auf Warenimporte aus Mexiko zu verhängen. Nun versuchen tausende Sicherheitskräfte der mexikanischen Nationalgarde, die Menschen am Übertritt der Grenze zu hindern. An der Bekämpfung der Ursachen der Flucht aus Mittelamerika – Hunger, Gewalt, Perspektivlosigkeit – hat die Trump-Regierung nicht gearbeitet.

Russland profitiert nur mäßig von Trumps Außenpolitik

Laut US-Sicherheitskreisen haben russische Hacker versucht, die US-Wahl 2016 zugunsten von Donald Trump zu manipulieren. Trump verteidigte später den russischen Präsidenten Putin, dieser habe ihm versichert, Russland habe sich nicht eingemischt. Dieses Ignorieren der Erkenntnisse von US-Geheimdiensten brachte Trump viel Kritik auch von Republikanern ein.
Den russisch-amerikanischen Beziehungen hat es in jedem Fall nicht gedient. Das Verhältnis gilt als so schlecht wie seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion nicht mehr. In den letzten vier Jahren gab es kaum Kontakte zwischen hochrangigen Politikern auf beiden Seiten, Putin und Trump haben sich nur dann gesehen, wenn es unbedingt sein musste. Es wurden Sanktionen verhängt und Diplomaten ausgewiesen. "Russia" gilt in den USA mittlerweile als toxisches Wort.
Zwar ist es durchaus im Interesse der politischen Elite Russlands, wenn sich die USA, wie unter der Präsidentschaft Trumps, aus Konflikten wie in Libyen oder der Ukraine zurückziehen und das transatlantische Bündnis an Bedeutung verliert. Russland hätte aber gerne an den Rüstungskontrollverträgen festgehalten, aus denen die USA nun ausgestiegen sind. An eine Kehrtwende in der US-amerikanischen Russlandpolitik unter einem möglichen Präsidenten Joe Biden glaubt kaum jemand.

Auch Biden ist kein Freund der Kommunistischen Partei Chinas

Die Beziehungen zwischen China und den USA sind so schlecht wie seit 40 Jahren nicht mehr. Beide Seiten streiten sich in Wirtschafts- und Handelsfragen, beim Thema Menschenrechte in Xinjiang und Tibet, Internetzensur, Gebietsansprüche zum Südchinesischen Meer, der Hongkong-Frage und dem Status von Taiwan. Egal, wer die US-Wahl gewinnt, die Konflikte werden bleiben, aber die Rhetorik und die Maßnahmen könnte sich ändern.
Bisher hören sich Pressekonferenzen in Beijing des Außenamtssprechers Zhao Lijian so an:
"Jedes Mal, wenn US-Außenminister Mike Pompeo den Mund aufmacht, ist ganz klar zu erkennen, wer hier Lügen, Falschinformationen und Kalte-Krieg-Rhetorik verbreitet. Jedes Mal, wenn Pompeo den Mund aufmacht, wachsen beim chinesischen Volk die Unterstützung für die Kommunistische Partei und die Liebe für das chinesische Vaterland."
Mike Pompeo sagte vorher im Juli im kalifornischen Yorba Linda, mit seiner Politik wolle er das chinesische Volk stärken. Es handele sich dabei um ein dynamisches, freiheitsliebendes Volk, das sich völlig von der Kommunistischen Partei Chinas unterscheide.
US-Außenminister Pompeo (links) und sein chinesischer Amtskollege Wang vor den Flaggen ihrer Länder.
US-Außenminister Pompeo (links) und sein chinesischer Amtskollege Wang.© picture alliance / dpa / MAXPPP
Aus Sicht der chinesischen Staatsführung ist das eine Provokation. Denn sie versucht nach innen und außen immer wieder das Bild zu vermitteln, das Land China, die Bevölkerung, die Staatsführung und die Kommunistische Partei seien ein einheitliches, untrennbares Gebilde. Und genau diesem Narrativ widerspricht Mike Pompeo immer wieder.
Shen Dingli vom Zentrum für Amerikastudien an der Shanghaier Fudan-Universität meint, es gehe vor allem um die wirtschaftliche Führung auf der Welt:
"Die US-Regierung will nicht akzeptieren, dass die Wirtschaftsleistung Chinas schon zwei Drittel des Wertes der USA erreicht hat. Es dauert nur noch ein Jahrzehnt, dann hat China die USA in Sachen Wirtschaftskraft überholt!"
Dieser Wettstreit wird weitergehen, so der Politologe Eric Hundman von der privaten New York University in Shanghai, aber anders bei einem Regierungswechsel:
"Eine Regierung Biden würde sicherlich verbal abrüsten, was die Differenzen mit China angeht. Allerdings handelt es sich bei den meisten Themen um grundsätzliche Widersprüche. Es würde also auch unter einem Präsidenten Joe Biden künftig Diskussionen und auch Streit geben zwischen beiden Seiten."
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