Jugendliche sollen Erstwähler motivieren
Brandenburg wählt am Sonntag - erstmals dürfen 38.000 Jugendliche ab 16 teilnehmen. Um die zu erreichen, reisen freiwillige Wahlhelfer durchs Land, besuchen Stadtfeste, Schulhöfe und Jugendclubs.
Ein silbergrauer Kleinbus hält um halb acht vor der Johannes-R.-Becher-Schule in Erkner - ein vier-stöckiger sanierter Betonriegel. Noch bevor die meisten Schüler und Lehrer eintrudeln, laden Truc, Max und Laura eine graue Kiste aus, auch das Schild mit dem bunten Schriftzug: "Wahlwecker. Aufwachen: wählen gehen!"
Max baut in der ersten Etage einen kleinen Stand auf, der in bunter Schrift für ein tolerantes Brandenburg wirbt.
"Wir haben natürlich auch, wie das so ist, bei solchen Kampagnen unsere kleinen Give-Aways und unsere Flyer, wir haben noch so kleine Sachen wie unsere Buttons, die man auch mit sich tragen kann, anderen zu zeigen: ich geh wählen, Du solltest auch wählen gehen! Oder unsere kleinen Wahlwecker, die einfach zu unserer Kampagne passen und deshalb ein sehr gutes Geschenk sind."
Bedingung: Es fällt kein Unterricht aus
"Guten Tag, ich bin die Frau Schaffrath, die Schulleiterin."
Kerstin Schaffrath gestattete die überparteiliche Aktion unter der Bedingung, dass dafür kein Unterricht ausfällt. Mit 202 Schülerinnen und Schülern ist die Becher-Oberschule nur eine kleine Schule im östlichen Speckgürtel von Berlin.
"Klasse 7 bis 10, zwei zehnte Klassen, und da sind auch noch nicht alle 16, also es wird jetzt nicht der große Run sein, aber die Kinder sind informiert und die wollen bald kommen."
Kurz von Acht schlendern die ersten Schüler die Treppen herauf, die "Wahlwecker" scannen kurz, ob sie schon 16 seien könnten. Einige versuchen sich vorbei zu mogeln, aber die 18-jährige Truc ist hartnäckig, sie will so viel Erstwähler erreichen wie möglich.
"Möglicherweise werden sie auch als Multiplikatoren fungieren, und dann sogar ihre Eltern missionieren und dazu bewegen zur Wahl zu gehen oder auch andere Menschen in ihrem Umfeld: Freunde, Verwandte…"
"Das ist ja für uns Bürger"
Zehntklässler Torben lässt sich – anfangs noch skeptisch – dann doch in ein Gespräch verwickeln:
"Na, ich werd‘ wählen gehen, werd‘ meine Chance nutzen, denn das ist ja für uns, für die Bürger und da werde ich auf jeden Fall meine Chance ergreifen und eine Partei wählen."
Und er lässt sich sogar überreden, ein Foto zu machen, auf dem er ein Schild in die Kamera hält, eine Pappe mit der Aufschrift: "Brandenburg". Drei Mädchen entscheiden sich für "Wählen", "Sexy" und "Schön". Die Bilder und Berichte von der Aktion werden dann als Wahl-Werbung auf der Internetplattform Wahlwecker-Tour.de und in den sozialen Netzwerken veröffentlicht.
Ein echter Hingucker am Stand sind kleine blaue Plastikmännchen mit einer Uhr im Kopf. Um sie zu gewinnen, müssen die Schüler am Wahlquiz teilnehmen. Sie schnappen sich die Din-A-5-Zettel und lesen die sechs Fragen durch:
"Wie viele Abgeordnete hat der Landtag zurzeit?- Kann er jetzt mal vorlesen?"
"Ich kann auch vorlesen: 'An welchen Wahlen dürfen Brandenburger Jugendliche ab dem vollendeten 16. Lebensjahr teilnehmen? A) Kommunalwahl, b) Landtagswahl oder c) Bundestagswahl?!"
"Das ist ja jetzt nicht schwer!"
"Ich kann auch vorlesen: 'An welchen Wahlen dürfen Brandenburger Jugendliche ab dem vollendeten 16. Lebensjahr teilnehmen? A) Kommunalwahl, b) Landtagswahl oder c) Bundestagswahl?!"
"Das ist ja jetzt nicht schwer!"
Die Jugendlichen sitzen an einem dreieckigen Holztisch und kreuzen die Antworten an. Dabei lernen sie, dass die Beteiligung bei der brandenburgischen Landtagswahl 2009 bei 67 Prozent lag und der erste Landtag 1946 gewählt wurde.
Nach eine Stunde ist alles vorbei
"Bittesehr!" Max verteilt die Plastikfiguren recht großzügig, nur wer weniger als die Hälfte der Antworten richtig hat, bekommt als Trostpreis eine Tüte Gummibärchen. Nach einer knappen Stunde ist die Aktion beendet, Max baut den Stand wieder auseinander, er ist ganz zufrieden:
"Sehr positiv! Viele interessierte Schüler und Schülerinnen, die sich wirklich auch mal länger mit uns unterhalten haben, und wir auch vielen den Tipp des Wahl-O-Maten auf den Weg mitgeben können. Wenn man sich unsicher ist, kann man sich über unsere Seite oder einfach den Wahl-O-Maten mal googeln, und ja – durchweg positiv."
Er ist gespannt auf die Hochrechnungen, am Sonntag um kurz nach 18 Uhr. Und vor allem gespannt auf eine Prozentzahl – nämlich die der Wahlbeteiligung.
Wenig später sitzen er und die anderen schon wieder im Kleinbus, die Truppe fährt zum nächsten Termin.