"Die Weisheit der Märkte gab es nie"
Die Steueraffäre von Uli Hoeneß sei zwar "gesellschaftsschädlich und ärgerlich", meint der Buchautor Wolfgang Hetzer. Doch das eigentliche Problem seien die Finanzmärkte und das "Geldunwesen", die den sozialen Frieden gefährdeten.
Jörg Degenhardt: Jeder zweite Deutsche hat am Monatsende nichts mehr übrig, was er zur Bank tragen, was er sparen könnte. Deutlich weniger Zeitgenossen geht es deutlich besser. Reden wir also über Geld, über Schwarzgeld und das ganze System drum herum. Der Fall Uli Hoeneß ermuntert geradewegs dazu – Frankreich kennt einen ähnlichen Fall, und wer weiß, was die nächsten Tage noch ans Licht kommt. Reden wir also mit einem Mann, der sich mit der Materie bestens auskennt, denn er war Europas oberster Korruptionsbekämpfer: Dr. Wolfgang Hetzer war viele Jahre im Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung aktiv. Gerade ist sein Buch "Der Finanzkrieg – der Angriff auf den sozialen Frieden" erschienen. Ich habe ihn zunächst gefragt: Krieg – wer kämpft denn da gegen wen?
Wolfgang Hetzer: Ja, ich bin versucht zu sagen, alle gegen alle, aber das ist natürlich nicht richtig. Wir müssen uns bei dieser Frage vor allen Dingen – das ist jedenfalls mein Eindruck – auf das konzentrieren und beschränken, was der Kapitalismus heutzutage geworden ist, wobei man sehen muss, dass es den Kapitalismus nur in der Mehrzahl gibt. Zurzeit ist der Finanzkapitalismus – manche sagen auch Informationskapitalismus – in Mode sozusagen und dessen Wirkungen. Und da hat man den Eindruck, dass die Akteure auf den Finanzmärkten eine Art von Krieg gegen diejenigen führen, die sich durch harte und ehrliche Arbeit am Leben erhalten müssen.
Degenhardt: Wo steht denn in diesem Konflikt, in diesem Krieg ein Mann wie Uli Hoeneß? Für den SPD-Kanzlerkandidaten Steinbrück ist Hoeneß so eine Art Katalysator. Die ehrlichen Steuerzahler merken, dass bei diesem Thema etwas aus dem Ruder geraten sei: Fairness, Anstand, Maß und Mitte. Das klingt so, als müssten wir Herrn Hoeneß noch dankbar sein.
Hetzer: Na, ich glaube nicht, dass wir beim Fall Hoeneß in dem Sinne, in dem ich versucht habe, das zu skizzieren, etwas wirklich lernen können. Hier geht es um ein Geschäftsmodell. Der Fall Hoeneß ist einer von mindestens zurzeit nach den neuen Erkenntnissen von 130.000 Menschen in 170 Ländern, und da geht es um ganz banale Steuerhinterziehung. Das ist gesellschaftsschädlich, das ist ärgerlich, das ist vielleicht auch in gewisser Weise asozial, aber es berührt nicht das Problem, das ich versucht habe eben anzudeuten. Da müssen wir über Geld, das Geldwesen, insbesondere das Geldunwesen reden, über die Art, wie es verdient wird, wie es verwendet wird natürlich, wobei die Frage der Besteuerung immer wichtig ist. Aber es geht um diesen Kapitalismus, der insgesamt sozusagen zur Kriegserklärung geworden ist.
Degenhardt: Immerhin haben wir jetzt eine Steuerdebatte, es geht um Geld und um Gerechtigkeit, die Parteien diskutieren darüber. Ist das eine Diskussion nach Ihrem Eindruck, Herr Hetzer, die geführt wird mit Blick auf den Wahlkampf, oder geht es jetzt wirklich auch um das grundlegende Problem, das Sie versucht haben, in ihrem Buch zu skizzieren?
Hetzer: Also ich habe mich in meinem Buch mit anderen – wie ich angedeutet habe – sehr viel grundsätzlicheren und auch gefährlicheren Fragestellungen beschäftigt. Es geht ja in der Tat um den sozialen Frieden, der nicht nur durch Steuerhinterziehung gefährdet wird, sondern durch dieses Geschäftsmodell, durch die Art, wie wir Geld geradezu machen, von der EZB bis hin zu den sogenannten innovativen Finanzprodukten haben wir ja allmählich eine belastbare, realistische Beziehung zum Geld an sich verloren.
Degenhardt: Wie kann man denn das Spekulative – ich nenne das mal so – im Finanzsystem zurückdrängen?
Hetzer: Ja, Sie müssen das, was die Politik verbockt hat, nämlich die Deregulierung, eigentlich schon beginnend in den frühen 70er-Jahren mit der Aufgabe der Golddeckung, dann mit dem gemeinsamen Werk von Frau Thatcher und Herrn Reagan, fortgeführt durch die rot-grüne Bundesregierung, durch das Investment-Modernisierungsgesetz, indem Sie das zurückdrehen, also eine Re-Regulierung versuchen.
Degenhardt: Sie sprechen immer von der Politik. Ist das so ein Generalverdacht, den Sie da gegen mehr oder weniger alle aussprechen? Sie haben Großbritannien angesprochen, die rot-grüne Bundesregierung, die schwarz-gelbe wahrscheinlich auch, die jetzt amtiert.
Hetzer: Das ist kein Generalverdacht. Sie können ja bei einzelnen Gesetzeswerken und bei einzelnen Funktionsträgern durchaus bestimmen, wer da gehandelt hat, und Sie können auch an anderen Beispielen, etwa der deutschen Bank oder Landesbanken die Akteure namhaft machen, die Institutionen präzise bezeichnen, die sich auf merkwürdige Weise versucht haben, an diesem modernen Finanzkapitalismus zu beteiligen, indem sie den kleinen Schritt von Dresden nach Dublin etwa getan haben mit Hilfe vermögensloser Zweckgesellschaften, um sich am Handel mit Paketen sehr zweifelhaften Inhalts zu beteiligen, das ist das Stichwort Subprime-Krise.
Degenhardt: Wo bleibt denn in diesem Zusammenhang die vielbeschworene Weisheit des Marktes, der es schon richten wird?
Hetzer: Die Weisheit der Märkte gab es nie, auch wenn sie oft beschworen wurden, die Vorstellungen der Märkte sozusagen, die das Postulat der Vernünftigkeit und der Effizienz erfüllen, ist immer irrig gewesen. Märkte sind ein Ort, in dem ein noch nicht mal regelbares Chaos stattfindet, und diese Effizienzmarkthypothesen, die es überall gibt, die sind nett und haben sicherlich auch ihre eigene Mathematik, aber die Wirklichkeit widerspricht der Vorstellung, dass Märkte vielleicht sogar ein Ort sozialer Gerechtigkeit wären. Das sind sie nicht, sie sind eine Tatgelegenheit, sie sind ein Tatort geworden, insbesondere die Finanzmärkte.
Degenhardt: Stichwort soziale Gerechtigkeit. Sie sagen, Gerechtigkeit sei inzwischen zum hohen Pathos verkommen. Das könnte auch von Sahra Wagenknecht stammen. Die Linke ist also nicht die einzige Partei, die das Problem erkannt hat mit der sozialen Gerechtigkeit, die da offensichtlich verloren geht, weiter verloren geht.
Hetzer: Ja, es wäre schade, wenn die Linke sozusagen als einzige Partei in der Lage gewesen wäre, das zu erkennen, was evident ist. Und ich gehe davon aus, dass alle anderen Parteien das auch erkannt haben, aber bei der Suche nach Verantwortlichen durchaus unangenehme Gefühle haben, und natürlich zunächst mal nicht den Wahrheitsgehalt oder die Berechtigung der Aussage, sondern die möglichen Auswirkungen auf ihre Wahlkampfkonzepte prüfen, das ist ja in der Politik nicht völlig ungewöhnlich.
Degenhardt: Wie kommen wir denn jetzt hin zu mehr sozialer Gerechtigkeit? Wo liegt der Ausweg aus dem Dilemma, das Sie in Ihrem Buch beschreiben?
Hetzer: Ja, wir müssen die grundlegenden Kategorien unseres Wirtschaftssystems wieder uns in Erinnerung rufen. Das heißt, wir hatten mal eine soziale Marktwirtschaft, wir hatten mal Arbeit, menschliche Arbeit als Anknüpfungspunkt, wir hatten ein Leistungsethos, und die bürgerliche Gesellschaft hat sich da ja durchaus verdient gemacht. Aber dann kam der Finanzkapitalismus, und von da an herrschten völlig eigene Gesetze, die mit Arbeit, Leistung und Wert überhaupt nichts mehr zu tun hatten.
Degenhardt: Aber uns geht es doch vergleichsweise in Deutschland gut. Die Arbeitslosenzahlen sind gering, es werden Ausbildungskräfte – händeringend teilweise – gesucht, in einigen Bundesländern und in bestimmten Bereichen.
Hetzer: Ja, dann teile ich Ihnen folgende Neuigkeit mit, dass Deutschland Mitglied der Europäischen Union ist. Und in dieser Union gibt es seit wenigen Jahren einen Anstieg der Arbeitslosigkeit um zehn Millionen, das heißt, wir haben jetzt insgesamt in der Europäischen Union, die ja sich als eine Gemeinschaft versteht, 26 Millionen Arbeitslose. In Worten: 26 Millionen Arbeitslose.
Degenhardt: Das ist in der Tat ein Rekordwert, ein sehr bedenklicher Wert, und Sie gehen davon aus, dass diese Entwicklung auch Deutschland heimsuchen wird?
Hetzer: Wir sind im Moment, haben sogar einen kleinen Haushaltsüberschuss erwirtschaftet, aber wir sind im Moment und auf absehbare Zeit, so hoffe ich, Mitglied einer Gemeinschaft, und das heißt, wir können nicht nur egoistisch für uns wirtschaften, sondern wir müssen auch unsere Verpflichtungen erfüllen, wir müssen Solidarität üben, und wenn Sie die Sorgenfalten etwa in der Autoindustrie betrachten, dann ist es kein Naturgesetz, dass die deutsche Exportwirtschaft immer ohne Rücksicht auf die Entwicklung in der Welt oder in der Nachbarschaft sich nach oben hin entwickelt.
Degenhardt: Die Politik und die Finanzindustrie und der Fall Hoeneß, ganz am Rande – am Telefon war das Wolfgang Hetzer, der bekannte Korruptionsexperte hat gerade ein Buch vorgelegt: "Der Finanzkrieg – der Angriff auf den sozialen Frieden". Herr Hetzer, vielen Dank für das Gespräch.
Hetzer: Ich bedanke mich auch.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Wolfgang Hetzer: Ja, ich bin versucht zu sagen, alle gegen alle, aber das ist natürlich nicht richtig. Wir müssen uns bei dieser Frage vor allen Dingen – das ist jedenfalls mein Eindruck – auf das konzentrieren und beschränken, was der Kapitalismus heutzutage geworden ist, wobei man sehen muss, dass es den Kapitalismus nur in der Mehrzahl gibt. Zurzeit ist der Finanzkapitalismus – manche sagen auch Informationskapitalismus – in Mode sozusagen und dessen Wirkungen. Und da hat man den Eindruck, dass die Akteure auf den Finanzmärkten eine Art von Krieg gegen diejenigen führen, die sich durch harte und ehrliche Arbeit am Leben erhalten müssen.
Degenhardt: Wo steht denn in diesem Konflikt, in diesem Krieg ein Mann wie Uli Hoeneß? Für den SPD-Kanzlerkandidaten Steinbrück ist Hoeneß so eine Art Katalysator. Die ehrlichen Steuerzahler merken, dass bei diesem Thema etwas aus dem Ruder geraten sei: Fairness, Anstand, Maß und Mitte. Das klingt so, als müssten wir Herrn Hoeneß noch dankbar sein.
Hetzer: Na, ich glaube nicht, dass wir beim Fall Hoeneß in dem Sinne, in dem ich versucht habe, das zu skizzieren, etwas wirklich lernen können. Hier geht es um ein Geschäftsmodell. Der Fall Hoeneß ist einer von mindestens zurzeit nach den neuen Erkenntnissen von 130.000 Menschen in 170 Ländern, und da geht es um ganz banale Steuerhinterziehung. Das ist gesellschaftsschädlich, das ist ärgerlich, das ist vielleicht auch in gewisser Weise asozial, aber es berührt nicht das Problem, das ich versucht habe eben anzudeuten. Da müssen wir über Geld, das Geldwesen, insbesondere das Geldunwesen reden, über die Art, wie es verdient wird, wie es verwendet wird natürlich, wobei die Frage der Besteuerung immer wichtig ist. Aber es geht um diesen Kapitalismus, der insgesamt sozusagen zur Kriegserklärung geworden ist.
Degenhardt: Immerhin haben wir jetzt eine Steuerdebatte, es geht um Geld und um Gerechtigkeit, die Parteien diskutieren darüber. Ist das eine Diskussion nach Ihrem Eindruck, Herr Hetzer, die geführt wird mit Blick auf den Wahlkampf, oder geht es jetzt wirklich auch um das grundlegende Problem, das Sie versucht haben, in ihrem Buch zu skizzieren?
Hetzer: Also ich habe mich in meinem Buch mit anderen – wie ich angedeutet habe – sehr viel grundsätzlicheren und auch gefährlicheren Fragestellungen beschäftigt. Es geht ja in der Tat um den sozialen Frieden, der nicht nur durch Steuerhinterziehung gefährdet wird, sondern durch dieses Geschäftsmodell, durch die Art, wie wir Geld geradezu machen, von der EZB bis hin zu den sogenannten innovativen Finanzprodukten haben wir ja allmählich eine belastbare, realistische Beziehung zum Geld an sich verloren.
Degenhardt: Wie kann man denn das Spekulative – ich nenne das mal so – im Finanzsystem zurückdrängen?
Hetzer: Ja, Sie müssen das, was die Politik verbockt hat, nämlich die Deregulierung, eigentlich schon beginnend in den frühen 70er-Jahren mit der Aufgabe der Golddeckung, dann mit dem gemeinsamen Werk von Frau Thatcher und Herrn Reagan, fortgeführt durch die rot-grüne Bundesregierung, durch das Investment-Modernisierungsgesetz, indem Sie das zurückdrehen, also eine Re-Regulierung versuchen.
Degenhardt: Sie sprechen immer von der Politik. Ist das so ein Generalverdacht, den Sie da gegen mehr oder weniger alle aussprechen? Sie haben Großbritannien angesprochen, die rot-grüne Bundesregierung, die schwarz-gelbe wahrscheinlich auch, die jetzt amtiert.
Hetzer: Das ist kein Generalverdacht. Sie können ja bei einzelnen Gesetzeswerken und bei einzelnen Funktionsträgern durchaus bestimmen, wer da gehandelt hat, und Sie können auch an anderen Beispielen, etwa der deutschen Bank oder Landesbanken die Akteure namhaft machen, die Institutionen präzise bezeichnen, die sich auf merkwürdige Weise versucht haben, an diesem modernen Finanzkapitalismus zu beteiligen, indem sie den kleinen Schritt von Dresden nach Dublin etwa getan haben mit Hilfe vermögensloser Zweckgesellschaften, um sich am Handel mit Paketen sehr zweifelhaften Inhalts zu beteiligen, das ist das Stichwort Subprime-Krise.
Degenhardt: Wo bleibt denn in diesem Zusammenhang die vielbeschworene Weisheit des Marktes, der es schon richten wird?
Hetzer: Die Weisheit der Märkte gab es nie, auch wenn sie oft beschworen wurden, die Vorstellungen der Märkte sozusagen, die das Postulat der Vernünftigkeit und der Effizienz erfüllen, ist immer irrig gewesen. Märkte sind ein Ort, in dem ein noch nicht mal regelbares Chaos stattfindet, und diese Effizienzmarkthypothesen, die es überall gibt, die sind nett und haben sicherlich auch ihre eigene Mathematik, aber die Wirklichkeit widerspricht der Vorstellung, dass Märkte vielleicht sogar ein Ort sozialer Gerechtigkeit wären. Das sind sie nicht, sie sind eine Tatgelegenheit, sie sind ein Tatort geworden, insbesondere die Finanzmärkte.
Degenhardt: Stichwort soziale Gerechtigkeit. Sie sagen, Gerechtigkeit sei inzwischen zum hohen Pathos verkommen. Das könnte auch von Sahra Wagenknecht stammen. Die Linke ist also nicht die einzige Partei, die das Problem erkannt hat mit der sozialen Gerechtigkeit, die da offensichtlich verloren geht, weiter verloren geht.
Hetzer: Ja, es wäre schade, wenn die Linke sozusagen als einzige Partei in der Lage gewesen wäre, das zu erkennen, was evident ist. Und ich gehe davon aus, dass alle anderen Parteien das auch erkannt haben, aber bei der Suche nach Verantwortlichen durchaus unangenehme Gefühle haben, und natürlich zunächst mal nicht den Wahrheitsgehalt oder die Berechtigung der Aussage, sondern die möglichen Auswirkungen auf ihre Wahlkampfkonzepte prüfen, das ist ja in der Politik nicht völlig ungewöhnlich.
Degenhardt: Wie kommen wir denn jetzt hin zu mehr sozialer Gerechtigkeit? Wo liegt der Ausweg aus dem Dilemma, das Sie in Ihrem Buch beschreiben?
Hetzer: Ja, wir müssen die grundlegenden Kategorien unseres Wirtschaftssystems wieder uns in Erinnerung rufen. Das heißt, wir hatten mal eine soziale Marktwirtschaft, wir hatten mal Arbeit, menschliche Arbeit als Anknüpfungspunkt, wir hatten ein Leistungsethos, und die bürgerliche Gesellschaft hat sich da ja durchaus verdient gemacht. Aber dann kam der Finanzkapitalismus, und von da an herrschten völlig eigene Gesetze, die mit Arbeit, Leistung und Wert überhaupt nichts mehr zu tun hatten.
Degenhardt: Aber uns geht es doch vergleichsweise in Deutschland gut. Die Arbeitslosenzahlen sind gering, es werden Ausbildungskräfte – händeringend teilweise – gesucht, in einigen Bundesländern und in bestimmten Bereichen.
Hetzer: Ja, dann teile ich Ihnen folgende Neuigkeit mit, dass Deutschland Mitglied der Europäischen Union ist. Und in dieser Union gibt es seit wenigen Jahren einen Anstieg der Arbeitslosigkeit um zehn Millionen, das heißt, wir haben jetzt insgesamt in der Europäischen Union, die ja sich als eine Gemeinschaft versteht, 26 Millionen Arbeitslose. In Worten: 26 Millionen Arbeitslose.
Degenhardt: Das ist in der Tat ein Rekordwert, ein sehr bedenklicher Wert, und Sie gehen davon aus, dass diese Entwicklung auch Deutschland heimsuchen wird?
Hetzer: Wir sind im Moment, haben sogar einen kleinen Haushaltsüberschuss erwirtschaftet, aber wir sind im Moment und auf absehbare Zeit, so hoffe ich, Mitglied einer Gemeinschaft, und das heißt, wir können nicht nur egoistisch für uns wirtschaften, sondern wir müssen auch unsere Verpflichtungen erfüllen, wir müssen Solidarität üben, und wenn Sie die Sorgenfalten etwa in der Autoindustrie betrachten, dann ist es kein Naturgesetz, dass die deutsche Exportwirtschaft immer ohne Rücksicht auf die Entwicklung in der Welt oder in der Nachbarschaft sich nach oben hin entwickelt.
Degenhardt: Die Politik und die Finanzindustrie und der Fall Hoeneß, ganz am Rande – am Telefon war das Wolfgang Hetzer, der bekannte Korruptionsexperte hat gerade ein Buch vorgelegt: "Der Finanzkrieg – der Angriff auf den sozialen Frieden". Herr Hetzer, vielen Dank für das Gespräch.
Hetzer: Ich bedanke mich auch.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.