Die Welt ist eine Google
Am 31. März 2010 meldete der einflussreiche Technik-Blogger Michael Arrington, Google habe eine Firma gekauft, die über eine neue Technologie zur Uran-Anreicherung verfüge. Die Akquisition sei Teil der "Google Green Initiative" und man sei bestrebt, kleine, hocheffiziente Kernkraftwerke zu entwickeln. Einem Sprecher der Internationalen Atomenergiebehörde zufolge habe man bei Google bereits mit dem Bau einer Uran-Anreicherungsanlage begonnen.
Das Datum deutet auf einen Aprilscherz – aber ganz sicher kann man sich in diesen Dingen bei Google nicht mehr sein. Zu groß ist das Unternehmen inzwischen geworden, eine transnationale Wirtschaftsmacht, zu vielfältig die Aktivitäten – von der milliardenschweren Dominanz auf dem Online-Werbemarkt über einen Fächer von Internet-Diensten, zu denen sich fast wöchentlich neue hinzugesellen, bis zum Energiehandel: Eine im Dezember von dem Unternehmenszweig Google Energy beantragte Zulassung als Stromhändler wurde im Februar 2010 von der zuständigen US-Regulierungsbehörde genehmigt. Google ist nun tatsächlich im Energiegeschäft.
Was will der Suchmaschinenriese nun auch noch auf dem Strommarkt? Vorerst wohl günstigere Stromtarife für den hohen Energiebedarf seiner gewaltigen Rechenzentren. Dem Verbraucher bietet Google mit dem "Google Powermeter" ein Messgerät zur Visualisierung des Stromverbrauchs für den Haushalt. Was sich damit neben Energiesparmöglichkeiten übrigens noch herausfinden lässt, sind bestimmte private Bewegungsmuster – wann man die Elektrogeräte in der Küche benutzt, wie oft man im Schlafzimmer das Licht einschaltet und so weiter.
Die 1998 gegründete Firma Google hat inzwischen weltweit mehr als 24.000 Mitarbeiter, die ihre vielfältigen Aktivitäten mit zum Teil bemerkenswerter Aggressivität entfalten, so etwa bei dem Digitalisierungsprojekt Google Books. Als zudringlich empfinden Viele auch die Kamerafahrzeuge von Google, die derzeit deutsche Städte systematisch abfotografieren. Wie sich herausgestellt hat, werden dabei im Vorbeifahren auch sämtliche Funknetze in den befahrenen Gebieten registriert und gespeichert.
Was vielen Netznutzern inzwischen zunehmendes Unbehagen bereitet, sind nicht die einzelnen Datenkleckse, die man da und dort hinterlässt. Es sind die künftigen, machtvollen Möglichkeiten ihrer Zusammenführung – die Angst, dass Google die Kontrolle über unsere Zukunft übernehmen könnte. Mit Hilfe neu entwickelter Techniken wie der DNA-Analyse können heute beispielsweise Jahrzehnte zurückliegende Kriminalfälle gelöst werden. Von den Daten, die Google heute erfasst, weiß niemand, in welchem Ausmaß wir durch sie künftig verraten und verkauft werden können – auch wenn wir gar nichts Unrechtes getan haben.
Was Google mit seiner ebenso innovativen wie aggressiven Vorgehensweise auf jeden Fall immer wieder mühelos schafft ist, zu zeigen, wo die Gemeinschaft versagt – aus Bequemlichkeit, Geiz oder Unentschlossenheit. So hat erst die Provokation durch Google Books die EU dazu veranlasst, endlich mehr als nur eine symbolische Summe für eine eigene Digitalisierungsinitiative – die Europeana – in die Hand zu nehmen. Auch zu Googles "Street View" gibt es Alternativen wie das Open-Source-Projekt "Open Street Map". Statt sich in Angstdebatten zu verlieren, wäre es konstruktiver, ein solches Projekt zu fördern und eine digitale Öffentlichkeit zu entwickeln, die es mit der Leistungsfähigkeit von Google aufnehmen kann. Am Ende entschiede dann Qualität und ein vielleicht sogar besseres Konzept, weil alle mitmachen.
Das Engagement auf dem Energiesektor eröffnet übrigens für Google offenbar auch einen Weg aus den Problemen, mit denen das Unternehmen in China kämpft. Nach Hackerangriffen und Zensurblockaden ist Google gerade dabei, seine IT-Aktivitäten in China aufzugeben. Die Büros in Peking und Schanghai und die Entwickler und Ingenieure sollen aber weiter aktiv bleiben – sie werden künftig ausschließlich für Projekte zur Produktion umweltfreundlicher Energie für den chinesischen Markt eingesetzt werden.
Peter Glaser, Schriftsteller, 1957 als Bleistift in Graz geboren. Lebt als Schreibprogramm in Berlin. Glaser ist Ehrenmitglied des Chaos Computer Clubs, Bachmann-Preisträger und begleitet seit drei Jahrzehnten die Entwicklung der digitalen Welt. Blog Glaserei.
Was will der Suchmaschinenriese nun auch noch auf dem Strommarkt? Vorerst wohl günstigere Stromtarife für den hohen Energiebedarf seiner gewaltigen Rechenzentren. Dem Verbraucher bietet Google mit dem "Google Powermeter" ein Messgerät zur Visualisierung des Stromverbrauchs für den Haushalt. Was sich damit neben Energiesparmöglichkeiten übrigens noch herausfinden lässt, sind bestimmte private Bewegungsmuster – wann man die Elektrogeräte in der Küche benutzt, wie oft man im Schlafzimmer das Licht einschaltet und so weiter.
Die 1998 gegründete Firma Google hat inzwischen weltweit mehr als 24.000 Mitarbeiter, die ihre vielfältigen Aktivitäten mit zum Teil bemerkenswerter Aggressivität entfalten, so etwa bei dem Digitalisierungsprojekt Google Books. Als zudringlich empfinden Viele auch die Kamerafahrzeuge von Google, die derzeit deutsche Städte systematisch abfotografieren. Wie sich herausgestellt hat, werden dabei im Vorbeifahren auch sämtliche Funknetze in den befahrenen Gebieten registriert und gespeichert.
Was vielen Netznutzern inzwischen zunehmendes Unbehagen bereitet, sind nicht die einzelnen Datenkleckse, die man da und dort hinterlässt. Es sind die künftigen, machtvollen Möglichkeiten ihrer Zusammenführung – die Angst, dass Google die Kontrolle über unsere Zukunft übernehmen könnte. Mit Hilfe neu entwickelter Techniken wie der DNA-Analyse können heute beispielsweise Jahrzehnte zurückliegende Kriminalfälle gelöst werden. Von den Daten, die Google heute erfasst, weiß niemand, in welchem Ausmaß wir durch sie künftig verraten und verkauft werden können – auch wenn wir gar nichts Unrechtes getan haben.
Was Google mit seiner ebenso innovativen wie aggressiven Vorgehensweise auf jeden Fall immer wieder mühelos schafft ist, zu zeigen, wo die Gemeinschaft versagt – aus Bequemlichkeit, Geiz oder Unentschlossenheit. So hat erst die Provokation durch Google Books die EU dazu veranlasst, endlich mehr als nur eine symbolische Summe für eine eigene Digitalisierungsinitiative – die Europeana – in die Hand zu nehmen. Auch zu Googles "Street View" gibt es Alternativen wie das Open-Source-Projekt "Open Street Map". Statt sich in Angstdebatten zu verlieren, wäre es konstruktiver, ein solches Projekt zu fördern und eine digitale Öffentlichkeit zu entwickeln, die es mit der Leistungsfähigkeit von Google aufnehmen kann. Am Ende entschiede dann Qualität und ein vielleicht sogar besseres Konzept, weil alle mitmachen.
Das Engagement auf dem Energiesektor eröffnet übrigens für Google offenbar auch einen Weg aus den Problemen, mit denen das Unternehmen in China kämpft. Nach Hackerangriffen und Zensurblockaden ist Google gerade dabei, seine IT-Aktivitäten in China aufzugeben. Die Büros in Peking und Schanghai und die Entwickler und Ingenieure sollen aber weiter aktiv bleiben – sie werden künftig ausschließlich für Projekte zur Produktion umweltfreundlicher Energie für den chinesischen Markt eingesetzt werden.
Peter Glaser, Schriftsteller, 1957 als Bleistift in Graz geboren. Lebt als Schreibprogramm in Berlin. Glaser ist Ehrenmitglied des Chaos Computer Clubs, Bachmann-Preisträger und begleitet seit drei Jahrzehnten die Entwicklung der digitalen Welt. Blog Glaserei.