Die Wiege der Fußball-Weltmeisterschaft

Von Eduard Hoffmann |
Als die erste Fußball-Weltmeisterschaft am 13. Juli 1930 in Uruguays Hauptstadt Montevideo angepfiffen wurde, , waren gerade mal zwei europäische Zeitungsberichterstatter dabei. Und die Artikel erschienen erst Wochen später.
Nachdem die olympischen Fußball-Turniere 1924 in Paris und 1928 in Amsterdam einen regelrechten Zuschauerboom ausgelöst hatten, war die Zeit reif für eine eigenständige internationale Meisterschaft. Davon hatte der Fußball-Weltverband FIFA schon seit seiner Gründung 1904 geträumt. Im Mai 1929 beschloss er auf seinem Kongress in Barcelona, die erste Weltmeisterschaft im Sommer 1930 in Uruguay zu veranstalten.

Uruguay war zweifacher Fußball-Olympiasieger, und dem kleinen Land, das auch die "Südamerikanische Schweiz" genannt wurde, ging es wirtschaftlich blendend. Zudem wollte man dort gleichzeitig mit der WM die 100-jährige Unabhängigkeit des Staates feiern.
Wegen der hohen Organisationskosten hatten alle europäischen Länder auch angesichts der um sich greifenden Weltwirtschaftskrise ihre Bewerbungen zurückgezogen.

Die meisten Europäer sagten auch die WM-Teilnahme ab. Die lange Anreise mit dem Schiff – Linienflüge gab es noch nicht – war ihnen zu kostspielig. Einige, so auch die deutsche Elf, hatten aber noch einen anderen Grund, erklärt Christian Eichler, Autor mehrerer Fußball-Bücher.

"Natürlich erhielten auch Fußballer schon Geld für ihr Spiel, in Deutschland aber war das noch nicht erlaubt. 1925 beschloss dann der Deutsche Fußball-Bund, dass Deutschland nicht mehr gegen solche Länder spielen dürfe, wo Profis antreten. Und bei einer Weltmeisterschaft 1930, der ersten Weltmeisterschaft, wusste man natürlich, dort sind die Uruguayer, die Argentinier, da wird auch schon Geld verdient mit Fußball ... "

Aus Europa wagten nur Jugoslawien, Rumänien, Belgien und Frankreich das WM-Abenteuer: Die letzten drei Teams traten die fünfzehntägige Schiffsreise gemeinsam an. Neben FIFA-Präsident Jules Rimet war auch der belgische Schiedsrichter John Langenus an Bord, der außerdem für das deutsche Fußball-Magazin "Kicker" berichtete.

"Der Schiffskapitän hat das obere Deck in den frühen Morgenstunden ganz zur Verfügung der Fußballer gestellt. Erst trainieren die Rumänen, nur eine halbe Stunde. Dreiviertel Sieben fangen die Belgier an mit schwedischer Gymnastik, Laufen, Gehen, Springen und anderen Übungen. Nach den Belgiern kommen die Franzosen, die am spätesten ins Bett gehen – sie sind leidenschaftliche Tänzer – und schlafen also auch am längsten."

Nur zwei europäische Berichterstatter waren bei der ersten WM in Uruguay dabei.

"Eigentliche Berichterstattung gab es in Deutschland so gut wie keine über diese Weltmeisterschaft, und sie war ja auch nicht sehr bedeutend, weil praktisch die starken Südamerikaner unter sich waren."

So der damalige Fußballjournalist und spätere "Kicker"-Chefredakteur Friedebert Becker.

Argentinien, Brasilien und Uruguay waren mit von der Partie, Bolivien, Chile, Paraguay und Peru. Mit den USA, Mexiko und den Europäern waren insgesamt 13 Länder vertreten.
Alle Spiele fanden in Montevideo statt. Da das eigens für die WM gebaute Stadion "Centenario" zu Beginn des Turniers am 13. Juli 1930 noch nicht fertig war, fand die offizielle Eröffnungsfeier erst fünf Tage später statt. 100.000 begeisterte Fans drängten sich in die neue Arena.
Das Endspiel zwischen Uruguay und Argentinien am 30. Juli wurde zur Neuauflage des Olympiafinales von 1928.

Schiedsrichter Langenus hatte sich hinter jedem Tor einen Leibwächter erbeten und eine strenge Einlasskontrolle verlangt. 1.600 Revolver wurden sichergestellt.

In einem hochklassigen Spiel gewann Uruguay mit 4:2 und wurde erster Fußball-Weltmeister.
Die erste WM wurde ein großer Erfolg, auch finanziell erwirtschaftete man einen Überschuss. Es war ein begeisterndes Fest mit viel Enthusiasmus und Leidenschaft.

"Ein Erfolg für Südamerika, aber auch ein Sieg des Fußballs und seiner kommunikativen Wirkung."

Freute sich FIFA-Präsident Jules Rimet, einer der Väter der WM-Idee. Vier Jahre später, 1934, folgte das nächste Weltturnier in Italien. Inzwischen hat sich die Fußballweltmeisterschaft zum FIFA-Markenzeichen entwickelt. Weltweit ist es heute eine der größten und einträglichsten Sportveranstaltungen.