Auch Fiat schummelt bei Abgaswerten
Erschreckende Bilanz: Laut der Deutschen Umwelthilfe hält kein Dieselfahrzeug in Deutschland die vorgeschriebenen Abgasgrenzwerte ein. Jetzt wurden auch beim Hersteller Fiat erhöhte Stickoxid-Emissionen gemessen.
Ein von der deutschen Autoindustrie unabhängiges Schweizer Institut hat im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe einen Fiat 500X 2.0 Diesel von Fiat-Chrysler nachgemessen.
Nachdem in den vergangenen Monaten bereits bei Diesel-Autos von Mercedes, Renault, BMW und Opel Überschreitungen der Abgaswerte um bis zum 25-Fachen festgestellt wurden, gibt es nun ein weiteres verheerendes Ergebnis, sagt der unabhängige Verkehrsexperte Axel Friedrich:1
"Das war erschreckend. Das Fahrzeug war längere Zeit auf dem Prüfstand über dem Messbereich für Stickoxide. Das habe ich bisher nicht gesehen. Und der Wert im Zyklus war 22 mal höher als der Grenzwert erlaubt und das ist für mich unglaublich, dass ein solches Fahrzeug auf der Straße rumfährt."
Fiat dagegen behauptet, alle in Deutschland geltenden Bestimmungen eingehalten zu haben, so die Deutsche Umwelthilfe. Das ist nur möglich, weil vermutlich, wie auch bei VW, die Software des Wagens so manipuliert wurde, dass sie ein kaltes Auto auf dem Prüfstand erkennt:
"Einmal z.B. ob man mit zwei oder vier Rädern misst. Auf der Straße mit zwei Rädern macht man nicht so lange. Auf dem Prüfstand in der Regel werden nur zwei Räder angetrieben. Man hat natürlich kein GPS, weil die Halle ist natürlich geschlossen, das kann man erkennen. Den Beschleunigungssensor im Airbag, den kann man benutzen, man kann Temperatursensoren benutzen. Es gibt eine ganze Reihe, etwa 14 verschiedene Methoden, wie man erkennen kann, ob man auf dem Prüfstand steht oder nicht."
Bundesumweltministerium hält Messergebnisse unter Verschluss
Dann wird das Abgas entsprechend besser gereinigt, als bei einem warmen Auto in einer Wiederholmessung oder auf der Straße. All das sei den politisch Verantwortlichen im Bundesverkehrsministerium lange bekannt, so Jürgen Resch von der Deutschen Umwelthilfe. Aber anstatt wie in den USA entsprechend zu reagieren, habe Verkehrsminister Alexander Dobrindt erstmal den Kontakt zur Deutschen Umwelthilfe abgebrochen und halte Messergebnisse, die dem Ministerium inzwischen seit über drei Monaten vorliegen, unter Verschluss:
"In Deutschland gibt es auf der einen Seite einen sehr intensiven Kontakt der Ministerien zur Autoindustrie. Wir brauchen eine Zerschlagung dieses industriell-politischen Komplexes rund um die Automobilindustrie. Hier brauchen wir unabhängige Prüfbehörden. In Deutschland wäre es das Umweltbundesamt, das wir für die geeignete Behörde ansehen, um Nachprüfungen zu machen. Denn solange man nicht kontrolliert, akzeptiert man eben diese Betrügereien zu Lasten der Gesundheit der Bürger."
Mehr Menschen sterben an Stickoxid als an Verkehrsunfällen
10.400 Menschen sterben jährlich an den Folgen von Stickoxid. Diese Zahl hat die EU-Kommission errechnet - 2,5 mal mehr als bei Verkehrsunfällen. In Großstädten werden die Grenzwerte von Stickoxid zum Teil um das Doppelte überschritten. Kein Kavaliersdelikt, meint Annette Peters vom Deutschen Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt:
"NO2 ist ein Reizgas, das in die unteren Atemwege eindringt und von da aus auf den ganzen Körper wirken kann. Wir finden bei einer erhöhten Belastung über das ganze Jahr hinweg einen Anstieg der Todesfälle aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und aufgrund von Atemwegserkrankungen."
Dabei sind die Automobilhersteller heute technisch durchaus in der Lage, die Abgase so zu reinigen, dass die gesetzlichen Bestimmungen auch im normalen Verkehr eingehalten werden können, meint Axel Friedrich:
"In USA drohen hohe Strafen, wie ja VW das jetzt auch wieder sieht. Deswegen werden Fahrzeuge in den USA anders ausgeliefert als hier. Der Motor von Fiat-Chrysler ist in den USA sauber."
Statt Deutschland hat nun erstmal Frankreich reagiert: Die Regierung hat jetzt einen ersten Rückruf bei Renault bekannt gemacht und Daimler sowie Opel wegen festgestellter hoher Stickoxid-Werte vorgeladen.