Digital Services Act

Hat die Politik über die Plattformen gesiegt?

07:57 Minuten
Fotografie einer schwarzen Computertastatur, mit einer blauen Enter-Taste, auf der die Europa-Flagge und der Schriftzug "Digital Services Act" zu sehen sind.
EU beschließt härtere Regulierungen von Online-Plattformen. © Getty Images / iStock / Cristian Storto Fotografia
Torben Klausa im Gespräch Vera Linß und Martin Böttcher · 21.05.2022
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Der Digital Services Act für die EU geht auf die Zielgerade. Ein finaler Entwurf ist nun geleakt worden – mit einigen Neuformulierungen. Der Politik- und Rechtswissenschaftler Torben Klausa spricht von einem Sieg "für die Gesellschaft als Ganzes".
Vor einigen Wochen haben sich das EU-Parlament und der EU-Rat auf die wichtigsten Punkte rund um den neuen Digital Services Act, kurz DSA, geeinigt. Dieser konzentriert sich vor allem auf die gesellschaftlichen Probleme, die durch die großen Plattformen in der EU entstehen.
So sollen zum Beispiel Minderjährige in Zukunft vor zielgerichteter Werbung geschützt werden. Auch die Algorithmen von Facebook und Co. sollen öffentlich einsehbar sein. Forschende und NGOs sollen dazu noch Zugriff auf die Daten der Konzerne beantragen können.

Längst überfällige Neuregelung

Diese grundsätzliche Neuregelung sei längst überfällig gewesen, sagt der Politik- und Rechtswissenschaftler Torben Klausa. Er forscht zu Digitalisierung und Plattformregulierung an der Universität Bielefeld. Nun werde zum ersten Mal grundsätzlich auf Risiken reagiert, die von Diensten wie sozialen Netzwerken und Suchmaschinen ausgehen.
Klingt nach einem riesigen Erfolg. Diese Woche wurde allerdings der vermutlich finale Entwurf geleakt, der Torben Klausa vorliegt, und dort zeigen sich auch Schwächen des Digital Services Act an Punkten, an denen die Politik ihren Willen nicht durchsetzen konnte.

Für Nutzer:innen wird einiges besser, weil sie zahlreiche neue Rechte gegenüber den Plattformen bekommen. Verglichen mit dem Status quo ist der die DSA definitiv eine Verbesserung.

Torben Klausa

Eine spannende Änderung sei zum Beispiel der sogenannte Mechanismus zur Krisenreaktion, dessen Umstände „relativ weit und schwammig“ formuliert seien. Nämlich als „außergewöhnliche Umstände, die zu einer ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Sicherheit oder der öffentlichen Gesundheit in der Union oder in wesentlichen Teilen davon führen“. Die weltweite Pandemie oder der russische Angriffskrieg auf die Ukraine könnten diesen Krisenmechanismus also durchaus auslösen, meint Klausa.
Dass sich beim Zugang zu den Daten der Plattformen für Forschende und NGOs im Text nun der Hinweis auf den „Schutz vertraulicher Informationen insbesondere von Geschäftsgeheimnissen“ findet, sei in seinen Auswirkungen noch nicht abzusehen. Der Forscher geht davon aus, dass seine Kolleginnen und Kollegen versuchen werden, diesen Datenzugang im Zweifel vor Gericht gegen Facebook, Youtube und Co. durchzusetzen.

Ein Sieg „für die Gesellschaft als Ganzes“

Neu geregelt werden soll auch die Überwachung der sehr großen Onlineplattformen. Dass die EU-Kommission auch die Zuständigkeit für Fälle erhält, die bisher bei nationalen Regulierern lagen, sei eine sehr positive Entwicklung, sagt Torben Klausa, auch wenn sich natürlich erst erweisen müsse, wie viel Aufsichtsmacht deutsche Regulierungsbehörden in Zukunft verlieren.

Dass diese Aufsicht jetzt bei der Europäischen Kommission liegt, wird, das wäre meine Prognose, dafür sorgen, dass einerseits die Aufsicht vereinheitlicht wird, dass aber auch die Europäische Kommission sehr viel stärkeren Einfluss auf die die Regulierung dieser Plattformen hat.

Torben Klausa

Als einen Sieg „für die Gesellschaft als Ganzes“ bezeichnet der Forscher den ihm nun final vorliegenden Digital Services Act insgesamt.
„Weil wir durch die diversen Transparenzbestimmungen in den nächsten Jahren hoffentlich noch besser verstehen, wie die Plattformen überhaupt funktionieren und vielleicht auch die Risiken besser einschätzen können – und dementsprechend auch die Regulierung weiter verbessern können“, hofft Torben Klausa.

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