Der Amateurfußball rüstet auf
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Digitalkamera, Laptop und Tablet halten allmählich auch Einzug in den Amateurfußball. Die Vereine beginnen Vereine damit, ihre Spiele zu filmen und zu analysieren. Eine Technik, die viele Chancen bietet - aber auch Risiken mit sich bringt.
Brilon im Sauerland, das Stadion an der Jakobuslinde. Ein Spiel in der Landesliga, ein Spitzenspiel. Brilon gegen Gerlingen, einen Verein aus dem Siegerland. Es geht um die Tabellenführung – und auch um eine Premiere: Brilons Trainer Stefan Fröhlich setzt erstmals in einem Pflichtspiel auf digitale Spielbeobachtung aus der Luft. Nach dem Schlusspfiff lässt er über einen Seilzug eine Kamera herunter, die in gut 15 Metern Höhe am Flutlichtmast angebracht war:
"Das ist ne Gopro, in Zusammenarbeit mit Coaching Eye, so nennt sich das. Das zeichnet halt das Spiel aus der Vogelperspektive auf, was uns als Trainer im Nachhinein dann eine bessere Bewertung zum Spiel gibt. Weil man hat immer eine eindimensionale Meinung zum Spiel von aussen. Der Spieler hat auch eine Meinung, und ich glaube so in der Nachbetrachtung ist es wichtig, ohne Emotionen es zu sehen, und dann kann man den einen oder anderen Spielaufbau-Fehler besser erkennen. Und dafür nutzt es was."
Eine Gopro ist eine robuste, wasserdichte Kamera für den Einsatz draussen. Per Super-Weitwinkel wird das Spiel gefilmt. Eine Technik, die früher allein den Profis vorbehalten war. Heute schaut Trainer Fröhlich mitunter ganz anders auf das Spiel seiner Mannschaft: "Eine Sicht das Trainers ist immer reduziert auf die Seitenansicht, auf das, was passiert gerade. Vor allem als mannschaftstaktisches Mittel, wie stehen wir, wie eng sind wir zusammen, das ist in der heutigen Zeit sehr wichtig, weil viele Vereine auch professionell arbeiten, wobei wir für diese Liga hier schon eine Vorreiterrolle haben."
Der technische Aufwand ist mittlerweile minimal
Möglich wird der Einsatz der neuen Technik durch sinkende Kosten für eine solche Ausrüstung. Früher, im rein analogen Zeitalter, wäre das für einen Amateurverein kaum zu stemmen gewesen. Heute werden samt der nötigen Apparatur und Software rund tausend Euro fällig. Ausserdem lässt sich das Bildmaterial problemlos auf einen Rechner oder ein Tablet streamen, wo früher noch Filmrollen benötigt worden wären. Der Aufwand ist minimal.
Stefan Fröhlich schaut sich manchmal in der Mittagspause Szene aus den Spielen an. So verändert sich Schritt für Schritt die tägliche Arbeit des Trainers.
"Ich glaube schon, dass die Digitalisierung, die ist es dann ja letztendlich, voranschreitet auch im Amateurfussball, und ich sage mal so: Für einen 19-Jährigen oder 18-Jährigen, der ein Fallrückzieher-Tor macht, sich das hinterher noch mal auf Video anzugucken, vielleicht sogar in sozialen sozialen Medien hochladen zu können, das ist für Jungs, für jungen Spieler enorm wichtig, und auch ein Mittel, die Jungs zu stärken in ihren Qualitäten."
In der Berliner Landesliga haben die meisten Vereine noch keine Erfahrungen mit solchen Systemen. Aber ein Versuch wäre es wert, meint Darius Jatta, Mittelfeldspieler vom FC International: "Ich glaube natürlich, würde das auch das Spiel beeinflussen, wenn man sieht: Da wird jetzt gefilmt. Natürlich spielt man da anders, wenn das beobachtet wird. Und man würde auch anders reagieren, bestimmt motivierter. Aber ich denke das wäre nichts Schlechtes, wenn man motivierter spielen würde, weil man weiss: Okay man sieht jetzt diese Fehler, weil man weiss, ich muss jetzt eingreifen, weil man sieht, wer dafür verantwortlich ist."
Die Dosis macht's
Roberto Hampel spielt für den 1. FC Schöneberg. Er hat in Mecklenburg-Vorpommern bereits Erfahrungen mit digitaler Trainingsanalyse gemacht. Die Möglichkeiten findet er:
"Sehr positiv, ich kenne das aus meiner alten Mannschaft, da haben wir das auch gemacht, haben Spiele definitiv analysiert, Trainings teilweise. Aber es kommen Fehler, die man selber nicht so gesehen hat, zu Vorschein, an denen man noch arbeiten kann und an denen man noch wachsen kann."
Berliner Amateure sind also aufgeschlossen gegenüber der neuen Technik, der Digitalisierung des Trainingsalltages. Doch Stefan Fröhlich, der Pionier aus Brilon, ist sich auch der Tücken bewusst, die das Analyse-Werkzeug bereithält.
"Man muss es dosiert einsetzen, glaube ich. Man überfrachtet ja auch die Spieler, wenn hier ein Spieler kommt, der damit noch nie in Berührung war und dann sieht, dass er das besonders gut kann oder dass er das immer wieder falsch macht, damit kann man ja auch nen Spieler brechen. Und da ist dann auch die pädagogische und auch soziale Verantwortung, das eben dosiert einzusetzen und das einfach nur als Hilfsmittel für mich in der Trainingsarbeit zu sehen."