Siri und Alexa erklären die Welt
Digitale Sprachassistenten wie Siri und Alexa drängen immer mehr in unseren Alltag. Längst können sie mehr als nur Terminkalender verwalten: Sie erzählen sogar Witze und erklären die Welt. Können sie uns auch bereits manipulieren?
"Alexa, how are you doing today? – "I'm great, I hope you are too."
"Ja, mir geht es eigentlich auch ganz gut", denke ich, als mich die Computer-Frau Alexa – charmant wie sie ist – danach fragt.
Alexa ist ein Bot. Und gleichzeitig die Stimme von Amazons Echo. Einem schwarzen, runden Lautsprecher – etwa so groß wie eine Dose Chips –, dessen Job es ist, mit Menschen zu kommunizieren und ihnen im Alltag unter die Arme zu greifen. Das klappt schon ganz gut: dank konstanter Verbindung in die Cloud und Alexas künstlicher Intelligenz.
"Alexa, play some indie music on Spotify – Indie playlist from Spotify, Ultimate Indie."
Mit Alexa kann man über das Wetter sprechen
Diesmal hat Martin Hoffmann mit Alexa gesprochen. Im Wohnzimmer des Online-Journalisten und Digital-Experten steht der smarte, kabellose Lautsprecher.
"Und hat sich das in deinen Alltag integriert? –" Tatsächlich schon, es ist halt auch einfach ne schöne Spielerei. Man kommt immer irgendwie auf Ideen, Alexa kann einem Witze erzählen."
Stopp. Witze? Das will ich wissen:
- "Alexa, can you tell me a joke?
- "What kind of tea did the American colonists thirst for? Liber-tea!";
- (Lachen) "Wow, sie hat uns direkt gekriegt. Ja, sie ist sehr witzig, aber das kommt auch immer so ein bisschen auf die Tagesform drauf an."
Das klappt also schon mal. Alexa kann aber auch aus der Wikipedia vorlesen, einen Timer stellen oder über das Wetter in New York sprechen.
Die Technik steckt noch in den Kinderschuhen
Zurzeit hört man viel von Bots, von Computerprogrammen und Algorithmen, die selbstlernend und vollautomatisch ihre Aufgaben erledigen, Texte schreiben oder mit Menschen chatten. Neben Amazon setzen auch die anderen großen Player im Netz, namentlich Facebook, Google und Apple, auf text- und sprachgesteuerte Bots.
Für viele Branchenkenner ist das also aktuell das große Ding, auch wenn die Technik immer noch in den Kinderschuhen steckt:
"Die Spracherkennung ist mittlerweile so gut, dass man zumindest das Gefühl hat, dass die alles erstmal verstehen und verarbeiten können. Und dann passiert eben im Hintergrund das, was eigentlich wichtig ist, nämlich es werden diese Sprachinformationen analysiert und dann wird versucht, Schlussfolgerungen da rauszuziehen."
Das klappt noch nicht so gut, findet Alexa-Besitzer Martin Hoffmann. Denn es geht vor allem auch darum:
"Sowas wie Kontext herzustellen, also dass sich so ne Maschine auch erinnert, was hat der Nutzer vielleicht zwei Fragen vorher gefragt und nimmt der jetzt in seiner nächsten Frage da einen Rückbezug drauf vor. Da sind wir noch nicht ganz so weit."
Siri vergisst beim Witz die Pointe
"Ich habe jetzt Siri aktiviert hier auf meinem iPhone und werde jetzt einfach mal die künstliche Intelligenz austesten. Hey Siri! – "Hallihallo." – "Bist du intelligent?" – "Naja, damals in der Schule habe ich bei meinem Metaphysik-Test gespickt, ich hab in die Seele des Jungen neben mir geschaut."
Immerhin eine humorvolle Antwort, wenn auch vorprogrammiert.
"Du scheinst auf jeden Fall nicht um einen Witz verlegen zu sein? – "Kann ich nicht, ich vergesse immer die Pointe." – "Kannst du mir einen Witz erzählen?" – "Zwei iPhones stehen an der Bar, den Rest habe ich vergessen.""
Einen Dialog bekommen wir nicht mehr hin:
"Kann ich mich mit dir unterhalten?" – Ich bin mir nicht sicher, ob ich das richtig verstanden habe."
Die Sprachassistenten formen unsere Wahrnehmung der Welt
"Es ist so ein Gefühl von Zukunft, was man da bekommt. Wenn man sich so ein Gerät ins Haus stellt, dann lebt man so ein bisschen in dieser Zukunft, die man vielleicht als Kind oder als Jugendlicher im Fernsehen wahrgenommen hat. Ein anderer Aspekt ist natürlich, dass Geräte, die man anspricht und die darauf auch regieren, überwinden so ein bisschen diese Technik-Angst, die einige Menschen haben."
Das sagt Jürgen Geuter, Informatiker und Philosoph und in der Netzwelt unter dem Pseudonym "tante" sehr aktiv. Geuter beschäftigt sich mit der Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine.
Die Realität gewordenen Bots sind für ihn vor allem eins: Dienstleister – oder auch moderne Butler, die zwar dazulernen und besser werden, aber noch einige Zeit auf der Erklär- und Helferebene bleiben werden. Die menschliche Kommunikation und das Nonverbale seien eben zu komplex.
Die Gefahr der Einflussnahme durch Werbung besteht
Unkritisch betrachtet er Bots trotzdem nicht:
"Sobald mir ein System Vorschläge gibt, fängt es natürlich an, meine Wahrnehmung der Welt ein bisschen zu formen. Das kann positiv sein, wenn ich bei der Arbeit sitze und mich vielleicht gerade in ein Problem reinfresse und dann sagt mein Telefon: Übrigens, du solltest jetzt mal hier losfahren, denn sonst kommt bald ein Stau auf der Autobahn."
Aber das Ganze kann auch in eine negative Richtung gehen.
"Gerade wenn man sich überlegt, ok, das Ding könnt jetzt auch anfangen vorzuschlagen, ich sollte jetzt mal was kaufen, weil es das für ne sinnvolle Geschichte hält."
Einflussnahme durch Werbung – sicher nicht abwegig.
Das heißt: Je mehr wir die Bots in unseren Alltag integrieren und ihnen vertrauen, desto mehr Potential für Missbrauch besteht. So sieht es Geuter.
"Da kann es natürlich dann auch beginnen, eine Art übergriffigen Charakter zu nehmen."
"Ein vollwertiges Mitglied der Familie"
Wir reden mit Siri, Echo und Co. wie mit einem Menschen, nur in einfacher Sprache: klare Fragen, klare Antworten. Jürgen Geuther glaubt, dass dadurch auch unsere generelle Kommunikation präziser werden könnte, wenn wir es gewohnt sind mit Bots zu sprechen, die klare Anweisungen brauchen
Dabei agieren im Hintergrund nur Einsen und Nullen und kommerziell ausgerichtete Firmen, die mit uns und unseren Daten Geld verdienen.
Klar scheint nur zu sein: Niemand weiß, wohin die Reise mit sprachgesteuerten Assistenzsystemen geht. Vielleicht ist es bald völlig normal, mit Bots in aller Öffentlichkeit zu sprechen.
Bei Martin Hoffmann, dem Online-Journalisten, gehört Alexa, der Bot von Amazon, inzwischen jedenfalls schon voll dazu:
"Jetzt ist Alexa da und sie ist jetzt ein vollwertiges Mitglied unserer Familie sozusagen, ich habe nicht vor, sie hier wieder rauszuschmeißen."
"Thank you."
(Alexa:) "That's what I am here for."