Bitcoin und die Theorie des größeren Trottels
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Der Crash wird prophezeit, trotzdem ebbt der Bitcoin-Hype nicht ab. Der Philosoph und Mathematiker Wolfgang Buschlinger erklärt, was es mit der Digitalwährung und der Theorie des "Greater Fool" auf sich hat.
Bitcoin hat nicht weniger als eine Revolution versprochen: die Umwälzung der kapitalistischen Geldwirtschaft. Man wollte die Macht der Banken brechen und die Verwaltung des Geldflusses in die Hände des Volkes legen. Soweit die Utopie.
Mittlerweile ist Bitcoin zu einem Top-Athleten im Spekulationssport avanciert. Seit dieser Woche wird die virtuelle Währung an einer Chicagoer Derivate-Börse gehandelt. Damit kann nun auf steigende und fallende Kurse gesetzt werden.
Im Zusammenhang mit dem rasenden Kursanstieg von Bitcoin hörte man in den letzten Wochen immer wieder den Begriff der "Greater-Fool-Theory" – eine Anlagestrategie, die den Hype noch befeuert. Sie geht davon aus, dass es sich lohne, ein Spekulationsobjekt über Wert zu erwerben, weil sich bestimmt ein noch größerer "Trottel" finde, der es zu einem noch höheren Kurs kaufe.
"Sie setzen auf die Hoffnung von Menschen"
Doch diese "Greater Fool"-Theorie betreffe "im Grunde genommen nicht speziell Bitcoin, sondern im ganzen Markt", sagt der Philosoph, Mathematiker und langjähriger Börsenbeobachter Wolfgang Buschlinger. "Wenn Sie an die Börse gehen, dann müssen Sie sich darüber im Klaren sein, dass Sie nicht sozusagen faire Preise handeln und auch nichts mit den inneren Werten eines Unternehmens oder irgendeiner Anlage zu tun haben, sondern sie setzen auf die Hoffnungen von Menschen, die irgendetwas damit verbinden."
Dann stelle sich in der Regel die Frage: "Wenn der Zug jetzt angefahren ist, an welcher Stelle des Zuges bin ich denn jetzt eigentlich – bin ich noch beim Aufsteigen oder wird morgen gleich die Kurs der Kurseinbruch kommen?" Normalerweise würden die Menschen sich dann sagen: "Natürlich wird ein Kurseinbruch kommen, aber ich bin es nicht, der ihn jetzt erlebt. Denn ich habe ja mein Börsen-Gefühl oder ich habe die überlegene Anlagestrategie, weil ich gestern Hühnerknochen gelesen habe oder irgendetwas in der Art." - Letztendlich würden Sie sich also aus dem Geschehen rausnehmen. "Vielleicht haben Sie Recht. Oder Unrecht – und dann haben sie halt den größeren Deppen nicht gefunden."
"Geld ist überhaupt nichts Materielles"
Das Faszinierende an der Bitcoin: Sie mache folgenden Gedanken eigentlich erst richtig, so Wolfgang Buschlinger: "Geld ist überhaupt nichts Materielles, ist kein materielles Substrat, sondern Geld ist eigentlich nur eine elektronische Konfiguration irgendwo in einem Netz. Mehr ist es nicht." Trotzdem habe man "das Recht, mit Geld irgendetwas zu machen". Dabei seien Banken sind "nicht nur Vermittler für Geldgeschäfte, sondern sind in einem Staat, der auch die Rechte, die mit dem elektronischen Gelderwerb verbunden sind, durchsetzen kann".
Dies könne Bitcoin aus seiner inneren Struktur nicht. "Denn darauf wird verzichtet. Und deswegen hat Bitcoin viele Vorteile, aber es hat eben auch den Nachteil, dass niemand darauf schaut, was man mit dem Geld macht und niemand dafür sorgt, dass die Rechte eingehalten werden, die damit verbunden sind."