„Wir reimen uns das aus den Hashtags zusammen“
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Drei Geschichten fürs Wochenende: Josef kommt auch ohne Smartphone gut klar. ZEIT-Kolumnist Tillmann Prüfer versteht seine vier Töchter nur noch durch soziale Medien. Und Martin Keß erklärt, wie "The Voice of Germany" gegen Familienstress hilft.
Pflichtlektüre für alle gestressten Eltern: Tillmann Prüfer schreibt im "ZEITmagazin" Woche für Woche unter der Überschrift "Prüfers Töchter" über den ganz normalen Familienwahnsinn. Und weil er mit seinen vier Töchtern mehr erlebt, als in die Kolumne passt, hat er jetzt auch noch ein Buch geschrieben: "Kriegt das Papa, oder kann das weg?" (Rowohlt Verlag, 224 Seiten, 18 Euro). Diese Woche ist Tillmann Prüfer zu Gast bei Caro Korneli in "Plus Eins" – gemeinsam mit seiner Frau Ileana Grabitz.
Wie viel Platz bleibt eigentlich noch für die Eltern? Diese Frage stellt sich nicht nur in Familien mit drei oder vier Kindern. "Man muss die Zeit zu zweit wie kleine Inseln in den Wochenablauf einplanen", sagt Tillmann Prüfer. Manchmal geht das allerdings schief. Ein lange geplanter Restaurantbesuch vor vielen Jahren – Anlass war der Hochzeitstag! – gehört auf jeden Fall nicht zu besten Erinnerungen von ihm und seiner Frau: Restaurant nicht schön, Essen schwierig, und dann waren da halt noch eine ganze Menge Themen, die besprochen werden mussten. Am Ende gab es Streit.
"Gemeinsame Erlebnisse schlagen alle Liebesschwüre"
Trotzdem empfehlen Ratgebern für Eltern immer wieder, auf "quality time" zu setzen, also auf gemeinsame Zeit außerhalb des Familienalltags. "Ein schlimmes Wort, von dem man sich erst einmal befreien muss", findet Martin Keß, der mit seiner Frau, der Bestsellerautorin Charlotte Roche den Beziehungs-Podcast "Paardiologie" betreibt. Für "Plus Eins" klärt Martin Keß Fragen rund ums Zwischenmenschliche. Stichwort "quality time"? "Früher sagte man einfach: Lass uns doch mal wieder was zusammen machen." Und das ist für Martin Keß auf jeden Fall richtig: "Gemeinsame Erlebnisse schlagen alle Liebesschwüre." Egal ob Kanufahren, Tanzkurs oder Voice-of-Germany-gucken.
Und: Das Smartphone darf dabei auch ruhig mal ausbleiben. Oder? Digitale Alltagswerkzeuge sind im Moment das Lieblingskonfliktthema der deutschen Kleinfamilie, und auch Tillmann Prüfer und Ileana Grabitz streiten sich mit ihren Töchtern regelmäßig über Bildschirmzeiten und neue Apps: "Das ist wie Tarifverhandlungen zu führen." Als Eltern sind sie allerdings auch nicht das beste Vorbild: "Man fühlt sich ja geradezu nackt, wenn man ohne sein Telefon aus dem Haus geht."
"Sie guckt ihm beim Candy-Crush-Spielen zu. Das ist doch nicht gesund!"
Einen Versuch ist es trotzdem wert: Henrike Möller spricht für "Plus Eins" jede Woche mit Menschen, die sich entschlossen haben, auf die eine andere Art anders zu leben – und bringt diesmal die Geschichte von Josef mit, der kein Smartphone hat: "Ein Pärchen sitzt in der Bahn nebeneinander, und sie guckt ihm beim Candy-Crush-Spielen zu. Das ist doch nicht gesund!"
Eine gute Sache hat das mit den digitalen Medien aber doch, finden Tillmann Prüfer und Ileana Grabitz. Vor allem, wenn man Kinder im Teenager-Alter hat: "Es gibt ja die Phasen, wo sie plötzlich total schweigsam werden und man gleichzeitig das Gefühl hat, dass gerade ziemlich viel in ihrem Kopf passiert." Nachfragen bringt nichts. Aber: "Wir versuchen dann halt, uns aus ihren Hashtags und Selfies bei Instagram zusammenzureimen, wie es dem Kind gerade geht."