EU-Digitalgesetz
Als Whatsapp-Nutzerin eine Nachricht an einen Freund bei Telegram schreiben? Messengerdienste dürften künftig womöglich untereinander kompatibel werden. © Unsplash / Mikel Parera
Strengere Regeln für Techfirmen, mehr Freiheit für Nutzer
04:27 Minuten
Internetkonzerne wie Google und Meta haben eine große Marktmacht. In der EU müssen sie in Zukunft faireren Wettbewerb zulassen. Für die Nutzer bedeutet das wohl: Messengerdienste werden kompatibel, vorinstallierte Apps lassen sich leichter löschen.
"Während der Digital Services Act für alle gilt, unabhängig von ihrer Stellung im Markt, betrifft der Digital Markets Act besonders die, die wir Gatekeeper nennen. Sie werden durch die Rolle definiert, die sie im Markt spielen", sagte die EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager vor gut einem Jahr bei der Vorstellung der Gesetzesinitiative.
Die Macht der "Gatekeeper" wird eingeschränkt
„Gatekeeper“ ist das Schlüsselwort im Digital Markets Act. Das sind Internetunternehmen, die nach der Definition des Gesetzesentwurfs zwischen einer Vielzahl von Anbietern und einer noch größeren Zahl von Nutzern vermitteln. Mindestens 45 Millionen User müssen es sein, die den Dienst eines Anbieters mindestens ein Mal pro Monat aufrufen. Oder der Anbieter setzt im Jahr über 7,5 Milliarden Euro um, oder er ist an der Börse mindestens 75 Milliarden Euro wert. Dann ist er ein Gatekeeper.
Man kann die Unternehmen, die vor allem gemeint sind, aber auch namentlich aufführen. GAFA werden sie gern genannt: Google, Apple, Facebook, Amazon. Sie dürfen eigene Angebote jetzt nicht mehr bevorzugen. Also Google darf das eigene Shoppingportal bei der Internetsuche nicht vor den Portalen der Konkurrenz platzieren.
Von Signal eine Nachricht zu Whatsapp schicken
Darüber hinaus werden die Unternehmen zur Zusammenarbeit gezwungen, beispielsweise bei Messengerdiensten. So muss etwa der Facebook-Konzern, der mittlerweile Meta heißt, wohl zulassen, dass künftig die Nutzerinnen und Nutzer von Telegram oder Signal Whatsapp-Usern Nachrichten schicken.
Beim deutschen Branchenverband Bitkom freut man sich über den Schutz vor den übermächtigen Gatekeepern, fürchtet sich aber auch vor neuer Konkurrenz. Marie Anne Nietan vom Bitkom sagt:
"Grundsätzlich ist es so, dass der Innovationsanreiz für Unternehmen zur Entwicklung neuer Funktionen auch innerhalb ihrer Dienste selbstverständlich in erster Linie darin besteht, die Nutzer zu binden. Und wenn jetzt eben innovative Ideen, die entwickelt werden, für die eigenen Mitbewerber auch bereitgestellt werden müssten im Sinne von Interoperabilitätsanforderungen, entfallen diese Anreize natürlich."
Mehr Apps für iPhone-Nutzer
Dass Messengerdienste künftig vielleicht kompatibel werden, dürfte die wichtigste praktische Auswirkung des Gesetzes werden. Und iPhone-User können vielleicht bald unter noch mehr Handyapps auswählen. Der Apple-Appstore ist derzeit ja noch hermetisch abgeriegelt. Und Software einstellen darf nur, wer Apple einen Obolus zahlt. Das wird sich wohl ändern.
Auch sollen Smartphone-User Apps, die der Hersteller bereits vorinstalliert hat, künftig leichter löschen können. Denn auch vorinstallierte Apps halten bislang die Konkurrenz außen vor. Und sie nerven die User. Aber nicht deshalb werden sie im Digital Markets Act erwähnt, sondern weil sie den Wettbewerb einschränken.
Wie arbeiten die Algorithmen?
Verbraucherrechte und Verbesserungen vor allem für die Nutzerinnen und Nutzer wird wiederum der Digital Services Act bringen. Er soll ans Eingemachte gehen und Transparenz in die geheimnisumwobenen Algorithmen der Internetkonzerne bringen. Ein bisschen zumindest, verspricht EU-Kommissarin Margrethe Vestager:
"Plattformen müssen uns sagen, wie ihre Algorithmen arbeiten, nach welchen Kriterien ihre Empfehlungssysteme Inhalte auswählen, die uns angezeigt werden. Sie müssen ihre Algorithmen nicht offenlegen, aber uns eine bessere Vorstellung darüber geben, wer uns beeinflusst. Und wir müssen wählen können, ob wir dem vertrauen oder nicht."