Nicolas Carr, Abgehängt. Wo bleibt der Mensch, wenn Computer entscheiden?
Aus dem Englischen von Karin Miedler und Sigrid Schmid
Hanser Verlag, München 2014
318 Seiten, 19,90 Euro
Friedliche Koexistenz
Der Einsatz von Robotern und Computern verändert immer mehr unsere Arbeitswelt und bereitet vielen Unbehagen. Der US-amerikanische Journalist Nicolas Carr plädiert in "Abgehängt" dafür, den Computer nicht als Feind, sondern als eine Art helfende Hand zu betrachten.
Als Technikpessimist hat sich Nicolas Carr schon vor einigen Jahren einen Namen gemacht. Am meisten beschäftigte ihn die Sorge, die Gesellschaft könnte durch das Internet verdummen, weil das Surfen im Netz das menschliche Gehirn auf Oberflächlichkeit trimme. In seiner Kritik war Carr jedoch geradezu dystopisch – ein echter Makel in seiner Argumentation. Denn es fehlte die differenzierte Einordnung. Die liefert er jetzt in seinem aktuellen Buch: "Abgehängt" ist keine pauschale Technikkritik, sondern eine kluge Bestandsaufnahme, wie Computer die Arbeitswelt und den Alltag tatsächlich verändern.
Denkfehler der Automatisierung
Ob im Cockpit eines Flugzeuges, am Reißbrett eines Architekten, beim Autofahren oder in der Arztpraxis – überall entlasten Maschinen den Menschen. Doch diese Arbeitserleichterung hat unerwünschte Nebenwirkungen, die von den Verfechtern des Fortschritts nicht vorhergesehen wurden. Carr führt dies auf zwei Denkfehler zurück: Zum einen stehe hinter der Automatisierung die Fehlannahme, dass der Mensch immer davon profitiere, wenn seine Arbeit weniger körperlich anstrengend sei. Dass es aber langweilig werden kann, Technik nur noch überwachen zu müssen, wird aus seiner Sicht unterschätzt. Wie auch der "Substitutionsmythos" sich so nicht erfülle. Denn die Idee, Maschinen würden einfach nur einen Teil der Aufgabe ersetzen, ohne sonst viel am Arbeitsablauf zu ändern, sei schlicht falsch.
Wie stark sich die Arbeitskultur und die geistigen Fähigkeiten der Menschen verändern, zeigt Carr prototypisch am Beispiel von Flugzeugpiloten, die heute "nur noch" Computer bedienen und das Fliegen lediglich simulieren. Nicht nur, dass dies deren Selbstwahrnehmung gegenüber der Maschine komplett verändere, sondern auch die Flugsicherheit stünde auf dem Spiel – zumindest dann, wenn Software "geistig träge" macht, wie auch Studien der Universität Southhampton nahelegen.
Wie stark sich die Arbeitskultur und die geistigen Fähigkeiten der Menschen verändern, zeigt Carr prototypisch am Beispiel von Flugzeugpiloten, die heute "nur noch" Computer bedienen und das Fliegen lediglich simulieren. Nicht nur, dass dies deren Selbstwahrnehmung gegenüber der Maschine komplett verändere, sondern auch die Flugsicherheit stünde auf dem Spiel – zumindest dann, wenn Software "geistig träge" macht, wie auch Studien der Universität Southhampton nahelegen.
Nur eine Branche profitiere von der Technisierung
Architekten wiederum, deren Entwürfe zunehmend von Computern erstellt werden, sorgen sich um ihre Kreativität. Denn Teile des Körpers, zum Beispiel die Hände, können nicht mehr, wie früher, beim Zeichnen "mitdenken". Nur eine Branche profitiere von der Technisierung, wie Carr mit Statistiken aus dem amerikanischen Gesundheitswesen belegt. Seit dort in automatische Krankenakten investiert wird, hat sich der Jahresumsatz des entsprechenden Softwareanbieters verdreifacht, allerdings ohne dass sich die Patientengesundheit nachweisbar verbessert hätte.
Doch daraus zieht Nicolas Carr nicht den Schluss, die Digitalisierung zu verdammen. Sein kluger Vorschlag lautet, in Zukunft auf "adaptive Automation" zu setzen, also darauf, dass sich Computer auf den Menschen einstellen, seine (körperlichen) Stärken befördern und so eine neue Balance schaffen. Entwicklungen in diese Richtung gibt es bereits. Carrs Buch könnte dazu beitragen, dafür auch die nötige gesellschaftliche Akzeptanz zu schaffen.
Doch daraus zieht Nicolas Carr nicht den Schluss, die Digitalisierung zu verdammen. Sein kluger Vorschlag lautet, in Zukunft auf "adaptive Automation" zu setzen, also darauf, dass sich Computer auf den Menschen einstellen, seine (körperlichen) Stärken befördern und so eine neue Balance schaffen. Entwicklungen in diese Richtung gibt es bereits. Carrs Buch könnte dazu beitragen, dafür auch die nötige gesellschaftliche Akzeptanz zu schaffen.