DIHK-Chef Braun begrüßt Pläne zur Unternehmenssteuerreform

Moderation: Christopher Ricke |
Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Ludwig Georg Braun, hat die Pläne der Bundesregierung zur Unternehmenssteuerreform begrüßt. Eine Entlastung der Unternehmen sei eine "absolut schlüssige Entwicklung", um zu mehr Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung zu kommen, sagte Braun.
Ricke: Morgen tagt das Bundeskabinett und berät wieder einmal über die Eckpunkte für eine Unternehmenssteuerreform. Hessens Ministerpräsident Roland Koch hat schon mal eine Vorlage geliefert, für die die Unternehmen dankbar sein müssten. Laut Koch sollen die Unternehmen noch stärker entlastet werden, die Steuerreform zum 1. Januar 2008 könne nur eine erste Stufe sein, meint der hessische Ministerpräsident. Ludwig-Georg Braun ist der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, DIHK. Guten Morgen, Herr Braun.

Braun: Guten Morgen!

Ricke: Jetzt wird doch die Steuerlast der Kapitalgesellschaften schon gesenkt von fast 39 auf knapp unter 30 Prozent. Warum fordert jetzt Koch noch mehr, damit man die 29 besser durchbringt?

Braun: Nein, Herrn Koch geht es im Wesentlichen darum, Wachstum in unserem Land zu generieren, denn hinter Wachstum steht die Möglichkeit, mehr Beschäftigung zu sichern, und dies ist abhängig davon, wie viel von dem Erwirtschafteten in den Unternehmen dort weiterhin zur Verfügung steht für Investitionen am Standort, sage ich dann dazu, auch Deutschland, und das ist das Hauptziel, das sowohl die SPD als auch die CDU sich zu eigen machen sollten wenn wir uns denn beschäftigungspolitisch weiterentwickeln wollen.

Ricke: Dann hat die Wirtschaft aber ein Vermittlungsproblem, denn viele glauben, dass sich die Wirtschaftsunternehmen die Taschen voll machen wollen und nicht alles investieren.

Braun: Ohne Zweifel gibt es sicherlich Punkte, wo man sagen kann, hier könnten Unternehmen mehr in Deutschland investieren. Solche Unternehmen muss es auch geben, aber diejenigen, die sich verlässlich weiterentwickeln und die die Verantwortung in sich tragen, die investieren in hohem Maße. Wir haben glücklicherweise im Jahr 2006, beginnend schon 2005, erstmals wieder eine Zunahme der Investitionen in den Standort Deutschland in besonderer Weise, so dass wir daraus feststellen können, man will diesen Fertigungsstandort oder diesen Produktionsstandort Deutschland aufrechterhalten. Darum geht es, das hängt dann mit der gesamten Wettbewerbsfähigkeit zu anderen Produktionsstandorten um uns herum ab, und deshalb haben viele Politiker, erkennend, dass wir uns da anpassen müssen an andere Situationen nach der EU-Erweiterung, Handlungsbedarf im hohen Maße für Deutschland gesehen.

Ricke: Es geht ja nicht nur um die Anpassung von Steuersätzen. Sie haben es gesagt, es geht auch um die Verantwortung der Unternehmer, und wir reden jetzt in einer Zeit, in der die Verbraucher, vor einer massiven Erhöhung der Mehrwertsteuer stehen, in der die Unternehmen jetzt in einer ersten Stufe, folgt man Roland Koch, eine Steuererleichterung erfahren. Der Verbraucher zahlt ein Fünftel mehr Mehrwertsteuer und der Unternehmer wird deutlich entlastet. Wie ist das vermittelbar?

Braun: Zunächst einmal muss man wissen, dass nicht der wesentlich entlastet wird, dem die Unternehmen gehören, sondern dass die Unternehmen als Zwischensteuerzahler sozusagen entlastet werden. Sie sind zwar juristische Personen, das ist richtig, aber sie sind eben nicht Personen, die eine Einkommenssteuer mit Ausnahme der Personengesellschaften leisten, und die dann eigentlich in die Endbesteuerung hineinfallen, wenn das Geld dem Einzelnen zum Privatkonsum zur Verfügung steht.

Uns geht es in den Unternehmensstärkungen ja darum, den Unternehmen mehr Mittel verfügbar zu lassen, um sich am Weltmarkt oder generell auch im deutschen Markt so aufzustellen, dass sie also hier bestehen können und dass sie die Herausforderungen, die von den anderen Regionen auf uns zukommen, ausgleichen oder ihnen begegnen können, das heißt mehr Investitionen in Innovationen hineinzustecken, modernere Produktionsanlagen zu gestalten, neue Produktfelder aufzubauen.

Das alles kostet wahnsinnig viel Geld, es kostet auch Zeit, und nur wenn uns dieses gelingt, werden wir zu mehr Beschäftigung vom Standort Deutschland aus kommen. Deshalb sind es absolut schlüssige Entwicklungen, die die Politik hier geht. Wir haben jahrelang immer geglaubt, es ginge so weiter, und es hat jahrelang, vor allen Dingen in den letzten drei oder vier Jahren dazu geführt, dass wir eine Abnahme an Beschäftigten in Deutschland haben.

Ricke: Die Haltung "es geht immer so weiter" erleben wir gerade an einer anderen Stelle: bei der Gesundheitsreform. Das ist eine Reform, die den Namen eigentlich nicht verdient. Es wird steigende Beitragssätze geben, die treffen die Beitragszahler, die treffen die Unternehmen. Wer trägt hier die Schuld, ist einmal zu fragen. Da wird man möglicherweise sagen, die Politik, die nicht zu Reformen in der Lage ist. Aber die zweite Frage, wer zahlt da? Kann man das wirklich dem Beitragszahler auflasten oder müssen die Unternehmen hier mit ihrer Verantwortung einspringen?

Braun: Nein, der erste Punkt ist hier, wer ist denn derjenige, der die Leistungen aus den Krankenkassen erhält. Das ist der Beitragszahler. Es sind nicht die Unternehmen, die diese Leistungen vergeuden oder in irgendeiner Form für sich in Anspruch nehmen, das geht lediglich im Falle von Sanierungen, wo also auch mal ein Unternehmen gegebenenfalls gestützt wird durch staatliche oder durch Steuerstundung etc., aber im Prinzip im Gesundheitssystem ist die Leistung demjenigen zugesprochen, der einen Beitrag leistet, und dieses Prinzip muss aufrechterhalten bleiben, das heißt, wenn ich mehr Leistungen will, aus der demografischen Struktur sich ergebende Mehrbelastungen auffangen muss, dann muss ich entweder mit zunehmenden Kostensteigerungen für meinen Beitragssatz rechnen oder aber bereit sein, Eigenverantwortlichkeit zu übernehmen und auf diese Art und Weise die Effizienz im System zu verbessern.

Ricke: Also überhaupt kein Thema für die Unternehmen?

Braun: Das ist insofern nur ein Thema für die Unternehmen, weil sie einen Teil der Gesundheitskosten, nämlich die Hälfte oder 45 Prozent, je nachdem, wie Sie es rechnen, leisten als Aufschlag auf den Lohn, der damit teurer wird, und das ist ja die berühmte Diskussion um die Wettbewerbsfähigkeit oder zu hohen Lohnnebenkosten, die in Deutschland einen wichtigen Faktor ausmachen. Wenn wir sie absenken könnten, hätten wir ohne Zweifel mehr Fertigung und mehr Beschäftigung in Deutschland gehalten. Auch das muss einfach kommuniziert werden. So weitergehend, wie wir das früher geglaubt haben, geht es nicht, weil letzten Endes die Weltmärkte offener sind und wir damit uns diesem Wettbewerb aus anderen Nationen intensiver stellen müssen.