Dirigent Iván Fischer

"Nicht alle Ungarn sind mit dieser Politik einverstanden"

Der ungarische Dirigent Ivan Fischer
Der ungarische Dirigent Ivan Fischer © dpa / picture alliance / Bernd Thissen
Moderation: Katrin Heise und Vladimir Balzer |
Die Orbán-Regierung in Ungarn verfolgt in der Flüchtlingspolitik einen harten Kurs und will das Land abschotten. Der Dirigent Iván Fischer vom Budapest Festival Orchestra hält dagegen - und fordert mehr Gastfreundschaft und Toleranz.
Ungarn ist in den vergangenen Wochen zum Brennpunkt der Flüchtlingskrise geworden. Der rechtskonservative Regierungschef Viktor Orbán will die Grenze zu Serbien mit einem Zaun abriegeln - und schürt unter seinen Landsleuten die Furcht vor den Asylbewerbern.
Doch es gibt auch ein anderes Ungarn, eines, das Flüchtlinge Willkommen heißt und Hilfe anbietet. Daran erinnert Iván Fischer, Chefdirigent des Berliner Konzerthaus-Orchesters und Chef des Budapest Festival Orchestra. Es gebe viele Organisationen und Privatleute, die den Flüchtlingen "heldenhafte" Hilfe leisteten, sagte Fischer im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur.
"Europa muss endlich eine Familie werden"
In Budapest herrsche derzeit eine gespannte Stimmung. "Es gibt viele, viele Leute, die den Flüchtlingen helfen", so Fischer. "Und es gibt immer mehr Leute, die Sympathien empfinden. Auf der anderen Seite gibt es eine brutale Aggression von der anderen Gruppe, die vielleicht Angst hat, dass jetzt die Fremdlinge kommen."
Protest durch Boykott kommt für Fischer jedoch nicht infrage. "Ich habe ein Orchester in Budapest und fühle mich dafür verantwortlich. Tausende Abonnenten hängen an unseren Konzerten. Das sind natürlich meistens die liberalen und pro-europäischen Leute. Und die bitten mich fast täglich darum, nicht wegzugehen."
Unter dem Titel "Bridging Europe" will Fischer am Freitag in Budapest ein Konzert geben - und dabei auch die Flüchtlingspolitik ansprechen (so wie kürzlich schon in Berlin). Nicht alle Ungarn seien mit dieser Politik einverstanden, sagt Fischer - und appelliert an den Geist Europas. "Ein Kontinent, auf dem es so viele Kriege und Konflikte gab, muss endlich eine Familie werden. Dazu gehört auch Gastfreundschaft und Toleranz."
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