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Der letzte Universalist
Ein Mann mit vielen Eigenschaften: André Previn war ein Wunder an musikalischer Vielseitigkeit. Kurz vor seinem 90. Geburtstag starb der Wanderer zwischen den Musikwelten in New York. Ein diskographischer Rückblick.
Was hat dieser Mann nicht alles gekonnt, gemacht, geschafft! Versuchen wir es mit einem Überblick in Zahlen: 1929 in Berlin geboren, 1939 über Paris nach Los Angeles emigriert, dort rasante Erfolge als Filmkomponist und Jazzmusiker. André Previn schrieb die Musik zu sechzig Filmen und wurde zwölf Mal für den Oscar nominiert, den er vier Mal erhielt. Er hatte sechs Kinder aus fünf Ehen, dazu vier Adoptivkinder. Verheiratet war er unter anderem mit der Schauspielerin Mia Farrow, die sich zuvor von Frank Sinatra getrennt hatte, zu dessen Klavierbegleitern Previn gehörte. Zuletzt lebte er mit der deutschen Geigerin Anne-Sophie Mutter zusammen.
Dienst an der Diva
Nach den kalifornischen Pionierjahren besann sich Previn seiner klassischen Wurzeln. Angefangen hatte er in Berlin als Kammermusikpianist, schon mit sieben Jahren studierte er dort am Konservatorium. In den 1960er begann er mit dem Dirigieren von Sinfonieorchestern; 1968 wurde er Chef eines der weltweit besten Klangkörper, des London Symphony Orchestra. Auch die Wiener Philharmoniker schätzten ihn und banden ihn nicht nur als Dirigenten, sondern auch als Pianisten an sich.
Ab den 1990er Jahren widmete sich Previn wieder verstärkt der Komposition, schuf luxurierende Partituren für Diven wie die Sopranistin Renée Fleming (die Oper "A Streetcar Named Desire", 1998) oder eben Anne-Sophie Mutter (das Violinkonzert, 2001) – sehr zum Missbehagen des deutschen Feuilletons, das mit Previn nie sonderlich viel anfangen konnte.
Akkord-Arbeiter
Es scheint fast unmöglich, einen Überblick über Previns künstlerische Aktivitäten zu geben, zumal er auch als Entertainer und brillanter Buchautor tätig war. Sein Auftritt in der Comedy-Show "Morecambe & Wise", in der er 1971 versuchte, einem der Moderatoren das Klavierkonzert von Edvard Grieg beizubringen, gilt als Sternstunde des britischen Fernsehens. Seine Memoiren "No Minor Chords. My Days in Hollywood" (London 1992) gehören zu den unterhaltsamsten Titeln dieser Gattung; leider sind sie nie in einer deutschen Ausgabe erschienen.
Auch das diskographische Erbe Previns ist mit rund 400 Plattenaufnahmen gewaltig. Darunter finden sich Referenzaufnahmen der Werke von Sergej Rachmaninow, von Olivier Messiaens "Turangalîla-Sinfonie", sein beglückendes Mozart-Spiel als Pianist mit den Wiener Philharmonikern und vieles, vieles mehr. Gemeinsam ist diesen Dokumenten die stupende handwerkliche Qualität, die Demut gegenüber der Musik sowie die Zugewandtheit gegenüber den Musikern und dem Publikum.