Dirk Martin: Verhalten der Großunternehmen ist "skandalös"
Nach Meinung des Bundesvorsitzenden des Verbandes Junger Unternehmer, Dirk Martin, sind gerade mittelständische Unternehmer empört darüber, dass große Konzerne Staatshilfe beantragen. Gerade im Fall Porsche gebe es noch andere Möglichkeiten aus der "selbstgemachten" Krise herauszukommen. Die kleinen Firmen hätten in guten Zeiten hingegen ihr Geld zusammengehalten.
Birgit Kolkmann: "Haste mal ne Milliarde?" Mit dieser Schlagzeile, garniert mit Klingelbüchse auf dem Foto, kam gestern die "Frankfurter Rundschau" auf ihrer ersten Seite heraus. Die großen reichen Unternehmen der Republik auf Betteltour beim Staat und damit bei allen Bürgern. Sollen jetzt Renommierfirmen wie Porsche, Infineon oder einst florierende Konzerne wie Ex-Karstadt, nun Arcandor ebenso wie Banken mit Steuergeldern flott gemacht werden? Der Deutschlandfonds weckt Begehrlichkeiten auch bei kleineren Firmen. Aber auch beim Mittelstand? Oder ist der sauer über die unseriöse Art des Wirtschaftens, wo Zocken vor solide ging und nun auch noch mit Hilfe belohnt wird?
Ich bin mit Dirk Martin verbunden. Er ist Bundesvorsitzender des Verbandes junger Unternehmer. Schönen guten Morgen nach Bad Camberg!
Dirk Martin: Guten Morgen, Frau Kolkmann!
Kolkmann: Herr Martin, wo sollte der Staat helfen und wo besser nicht?
Martin: Zunächst mal sollte er dort helfen, wo wirklich Notdurft herrscht, und die herrscht bei vielen dieser Unternehmen nicht. Nicht nur ich, sondern viele Unternehmer, gerade mittelständische Unternehmer und sicherlich auch ganz, ganz viele Steuerzahler sind empört, mit welcher Dreistigkeit hier Großunternehmen nach Staatsbürgschaft rufen, obwohl sie sicherlich auch andere Lösungen hätten.
Kolkmann: Porsche-Chef Wiedeking, der sprach ja bei Subventionen mal von "staatlichem Drogenprogramm". Jetzt sucht Porsche selbst Unterstützung und in der KfW-Zentrale in Frankfurt geben sich Firmenvertreter die Klinke in die Hand. Sind die denn nun alle süchtig?
Martin: Süchtig scheinen sie zu sein, weil sie von ihren eigenen Problemen ablenken möchten, und gerade bei Porsche finden wir das skandalös, dass hier einer der bestbezahltesten Manager, der jahrelang irgendwelche Subventionen ablehnt, heute versucht, an Staatsbürgschaften und Staatshilfen zu kommen - auf Kosten der Steuerzahler -, ohne dass es hier einen Grund gäbe, denn er hätte noch andere Möglichkeiten, aus seiner selbstgemachten Krise herauszukommen.
Kolkmann: Aber es sind ja wahrscheinlich jetzt nicht nur Unverschämte, die zum Beispiel bei der KfW anklopfen. Tausend Firmen haben Hilfen beantragt, täglich kommt ein Dutzend hinzu. Wenn Sie sich das als Unternehmer anschauen, wie ist es um die deutsche Wirtschaft bestellt, wenn Renommierunternehmen, aber auch andere in die Knie gehen? Schlägt die Krise jetzt erst richtig durch?
Martin: Ich denke, dass eine Krise deshalb eine Krise ist, weil es sicherlich schlechtere wirtschaftliche Rahmenbedingungen gibt, und mit Sicherheit sind auch einige Unternehmen dabei, wo wir sagen könnten, das hat einen gewissen Grund und das würde vielleicht Sinn machen. Aber gerade was wir hier im Moment bei den Großunternehmen erleben, Aktiengesellschaften, die hier versuchen, wirklich auf Kosten der Steuerzahler ihren Aktienkurs zu erhöhen und den Aktionären einen Gefallen zu tun, das, finden wir, ist maßlos unredlich und auch ganz, man muss es vielleicht sogar sagen, unsozial.
Kolkmann: Wenn Sie sich anschauen, dass es auch Firmen gibt, die möglicherweise unverschuldet in die Krise geraten sind, wie kann man denen besser helfen als über einen sogenannten Deutschlandfonds? Wo wäre Ihre Lösung?
Martin: Wir sehen schon die Möglichkeit oder die Grundlösung darin, dass man sagt, okay, die Finanzkrise hat am Ende eine Liquiditätskrise zur Folge und dass die Unternehmen an Liquidität rankommen sollten. Bevor der Staat über solche Fonds nachdenkt, hätte er viel besser darüber nachdenken können, wie schaffe ich dem Mittelstand die Liquidität wieder zurück. Da gab es vor zwei Jahren das Thema, dass man uns die Sozialversicherungsbeiträge einen Monat hat früher zahlen lassen als sonst, so dass man uns dort einen Monat lang Liquidität erzielt. Man hätte andere Möglichkeiten, Liquidität zuzuführen, beispielsweise die Gewinnvorauszahlungen auf null zu setzen oder mal auszusetzen für ein Jahr. Das wären viel bessere Lösungen gewesen, als hier den Bettelgang zu machen bei Unternehmen, die im Zweifel jetzt versuchen, hier an Gelder zu kommen, die sie überhaupt nicht nötig hätten, beziehungsweise wo auch die Frage der Rechtfertigung einfach nicht da ist.
Kolkmann: Würden Sie denn sagen, dass diese Alternativen den Staat nicht auch wieder woanders in Turbulenzen bringen? Wenn man zum Beispiel die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitnehmer anschaut, das ist ja Geld, das ganz dringend auch im Sozialsystem wieder benötigt wird.
Martin: Zunächst geht es um Liquidität. Wenn wir einen Monat im Voraus zahlen, haben wir zwei Probleme. Zum einen: wir wissen in dem Monat noch nicht, wer überhaupt bei uns beschäftigt sein wird. Und das zweite ist: Man hat es über Jahrzehnte immer erst am Ende des Monats gezahlt, wenn man es genau feststellen konnte. Das heißt, das reduziert den Aufwand und es gibt Liquidität zurück, und das ist, denke ich, das oberste Ziel. Ansonsten ist es natürlich hier ganz klar das Thema, dass hier Politik gemacht wird zum Thema des Wahlkampfes. Sprich: Man versucht hier, als Politik die Probleme von Unternehmen zu lösen, die im Zweifel die Unternehmen hausgemacht haben. Schauen wir uns Porsche an, schauen wir uns Karstadt an, das ist wirklich beschämend, dass die versuchen, hier an Steuergelder heranzukommen, die wir hart verdient haben.
Kolkmann: Ist das eine Erblast für die nächste Generation?
Martin: Natürlich! Man kann ganz klar sagen, dass die Politik hier nicht an die nächste Wahl denken soll, sondern an die nächste Generation, und genau das fordern gerade wir jungen Unternehmer im Bundesverband der jungen Unternehmen, dass wir ganz klar sagen, man muss die nächste Generation im Auge haben, denn irgendjemand muss die Zeche zahlen. Schulden von Heute sind die Steuern von morgen und darauf müssen wir immer wieder hinweisen. Deshalb startet auch gerade in dieser Woche eine Kampagne dazu.
Kolkmann: Wie optimistisch sind denn Sie für Ihr Unternehmen? Sie sind einer der jungen Unternehmer, Sie müssen einiges schultern in den nächsten Jahren, vor allen Dingen Sie müssen durchhalten. Schaffen Sie das?
Martin: Grundsätzlich haben wir ja mehr als drei Millionen Unternehmen in Deutschland und wir reden immer nur über die Spitze, die gerade besonders schwer betroffen ist. Natürlich hat die Automobilzulieferindustrie ein Problem, aber wir müssen auch eines sehen, dass jeder Unternehmer, der für sein Risiko, was er eingeht, auch haftet, sehr besonnen in sehr guten Zeiten umgegangen ist.
Das heißt, wir haben in guten Zeiten unser Geld zusammengehalten, haben kein Kasino gespielt wie Porsche oder wie Arcandor oder wie Frau Schaeffler mit ihrem Unternehmen, sondern wir haben unser Geld zusammengehalten und deshalb glauben wir, dass wir durch diese Krise kommen, denn nach einem Hoch kommt ein Tief und nach einem Tief wieder ein Hoch. Deshalb haben wir hoffentlich die Luft dazu, das durchzustehen, und ich bin davon auch überzeugt.
Kolkmann: Wenn Sie die Luft mal nicht haben sollten, würden Sie staatliche Hilfen in Anspruch nehmen?
Martin: Nein! Das ist eine Frage der Ehre. Ich muss komplett haften für das, was ich tue. Also überlege ich mir vorher, was passiert, wenn es beispielsweise schief läuft. Ich kann in der Verantwortung gegenüber meinen Mitarbeitern nur so agieren, dass ich das, was ich tue, gut überlege und dann auch in schlechten Zeiten nicht das Problem habe, zum Staat gehen zu müssen. Nebenbei glaube ich, wenn jetzt nicht Wahl wäre, würden wir gar nicht die Möglichkeit haben, zum Staat zu gehen, und deshalb hätten wir dann zurecht auch das Problem, dass wir im Zweifel sogar, wenn wir schlecht wirtschaften, uns dann auch überlegen müssen, ob wir noch eine Existenzberechtigung haben.
Kolkmann: Zum Für und Wider der staatlichen Subventionen war das Dirk Martin, der Bundesvorsitzende des Verbandes junger Unternehmer. Ich bedanke mich für das Gespräch, Herr Martin.
Martin: Vielen Dank.
Ich bin mit Dirk Martin verbunden. Er ist Bundesvorsitzender des Verbandes junger Unternehmer. Schönen guten Morgen nach Bad Camberg!
Dirk Martin: Guten Morgen, Frau Kolkmann!
Kolkmann: Herr Martin, wo sollte der Staat helfen und wo besser nicht?
Martin: Zunächst mal sollte er dort helfen, wo wirklich Notdurft herrscht, und die herrscht bei vielen dieser Unternehmen nicht. Nicht nur ich, sondern viele Unternehmer, gerade mittelständische Unternehmer und sicherlich auch ganz, ganz viele Steuerzahler sind empört, mit welcher Dreistigkeit hier Großunternehmen nach Staatsbürgschaft rufen, obwohl sie sicherlich auch andere Lösungen hätten.
Kolkmann: Porsche-Chef Wiedeking, der sprach ja bei Subventionen mal von "staatlichem Drogenprogramm". Jetzt sucht Porsche selbst Unterstützung und in der KfW-Zentrale in Frankfurt geben sich Firmenvertreter die Klinke in die Hand. Sind die denn nun alle süchtig?
Martin: Süchtig scheinen sie zu sein, weil sie von ihren eigenen Problemen ablenken möchten, und gerade bei Porsche finden wir das skandalös, dass hier einer der bestbezahltesten Manager, der jahrelang irgendwelche Subventionen ablehnt, heute versucht, an Staatsbürgschaften und Staatshilfen zu kommen - auf Kosten der Steuerzahler -, ohne dass es hier einen Grund gäbe, denn er hätte noch andere Möglichkeiten, aus seiner selbstgemachten Krise herauszukommen.
Kolkmann: Aber es sind ja wahrscheinlich jetzt nicht nur Unverschämte, die zum Beispiel bei der KfW anklopfen. Tausend Firmen haben Hilfen beantragt, täglich kommt ein Dutzend hinzu. Wenn Sie sich das als Unternehmer anschauen, wie ist es um die deutsche Wirtschaft bestellt, wenn Renommierunternehmen, aber auch andere in die Knie gehen? Schlägt die Krise jetzt erst richtig durch?
Martin: Ich denke, dass eine Krise deshalb eine Krise ist, weil es sicherlich schlechtere wirtschaftliche Rahmenbedingungen gibt, und mit Sicherheit sind auch einige Unternehmen dabei, wo wir sagen könnten, das hat einen gewissen Grund und das würde vielleicht Sinn machen. Aber gerade was wir hier im Moment bei den Großunternehmen erleben, Aktiengesellschaften, die hier versuchen, wirklich auf Kosten der Steuerzahler ihren Aktienkurs zu erhöhen und den Aktionären einen Gefallen zu tun, das, finden wir, ist maßlos unredlich und auch ganz, man muss es vielleicht sogar sagen, unsozial.
Kolkmann: Wenn Sie sich anschauen, dass es auch Firmen gibt, die möglicherweise unverschuldet in die Krise geraten sind, wie kann man denen besser helfen als über einen sogenannten Deutschlandfonds? Wo wäre Ihre Lösung?
Martin: Wir sehen schon die Möglichkeit oder die Grundlösung darin, dass man sagt, okay, die Finanzkrise hat am Ende eine Liquiditätskrise zur Folge und dass die Unternehmen an Liquidität rankommen sollten. Bevor der Staat über solche Fonds nachdenkt, hätte er viel besser darüber nachdenken können, wie schaffe ich dem Mittelstand die Liquidität wieder zurück. Da gab es vor zwei Jahren das Thema, dass man uns die Sozialversicherungsbeiträge einen Monat hat früher zahlen lassen als sonst, so dass man uns dort einen Monat lang Liquidität erzielt. Man hätte andere Möglichkeiten, Liquidität zuzuführen, beispielsweise die Gewinnvorauszahlungen auf null zu setzen oder mal auszusetzen für ein Jahr. Das wären viel bessere Lösungen gewesen, als hier den Bettelgang zu machen bei Unternehmen, die im Zweifel jetzt versuchen, hier an Gelder zu kommen, die sie überhaupt nicht nötig hätten, beziehungsweise wo auch die Frage der Rechtfertigung einfach nicht da ist.
Kolkmann: Würden Sie denn sagen, dass diese Alternativen den Staat nicht auch wieder woanders in Turbulenzen bringen? Wenn man zum Beispiel die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitnehmer anschaut, das ist ja Geld, das ganz dringend auch im Sozialsystem wieder benötigt wird.
Martin: Zunächst geht es um Liquidität. Wenn wir einen Monat im Voraus zahlen, haben wir zwei Probleme. Zum einen: wir wissen in dem Monat noch nicht, wer überhaupt bei uns beschäftigt sein wird. Und das zweite ist: Man hat es über Jahrzehnte immer erst am Ende des Monats gezahlt, wenn man es genau feststellen konnte. Das heißt, das reduziert den Aufwand und es gibt Liquidität zurück, und das ist, denke ich, das oberste Ziel. Ansonsten ist es natürlich hier ganz klar das Thema, dass hier Politik gemacht wird zum Thema des Wahlkampfes. Sprich: Man versucht hier, als Politik die Probleme von Unternehmen zu lösen, die im Zweifel die Unternehmen hausgemacht haben. Schauen wir uns Porsche an, schauen wir uns Karstadt an, das ist wirklich beschämend, dass die versuchen, hier an Steuergelder heranzukommen, die wir hart verdient haben.
Kolkmann: Ist das eine Erblast für die nächste Generation?
Martin: Natürlich! Man kann ganz klar sagen, dass die Politik hier nicht an die nächste Wahl denken soll, sondern an die nächste Generation, und genau das fordern gerade wir jungen Unternehmer im Bundesverband der jungen Unternehmen, dass wir ganz klar sagen, man muss die nächste Generation im Auge haben, denn irgendjemand muss die Zeche zahlen. Schulden von Heute sind die Steuern von morgen und darauf müssen wir immer wieder hinweisen. Deshalb startet auch gerade in dieser Woche eine Kampagne dazu.
Kolkmann: Wie optimistisch sind denn Sie für Ihr Unternehmen? Sie sind einer der jungen Unternehmer, Sie müssen einiges schultern in den nächsten Jahren, vor allen Dingen Sie müssen durchhalten. Schaffen Sie das?
Martin: Grundsätzlich haben wir ja mehr als drei Millionen Unternehmen in Deutschland und wir reden immer nur über die Spitze, die gerade besonders schwer betroffen ist. Natürlich hat die Automobilzulieferindustrie ein Problem, aber wir müssen auch eines sehen, dass jeder Unternehmer, der für sein Risiko, was er eingeht, auch haftet, sehr besonnen in sehr guten Zeiten umgegangen ist.
Das heißt, wir haben in guten Zeiten unser Geld zusammengehalten, haben kein Kasino gespielt wie Porsche oder wie Arcandor oder wie Frau Schaeffler mit ihrem Unternehmen, sondern wir haben unser Geld zusammengehalten und deshalb glauben wir, dass wir durch diese Krise kommen, denn nach einem Hoch kommt ein Tief und nach einem Tief wieder ein Hoch. Deshalb haben wir hoffentlich die Luft dazu, das durchzustehen, und ich bin davon auch überzeugt.
Kolkmann: Wenn Sie die Luft mal nicht haben sollten, würden Sie staatliche Hilfen in Anspruch nehmen?
Martin: Nein! Das ist eine Frage der Ehre. Ich muss komplett haften für das, was ich tue. Also überlege ich mir vorher, was passiert, wenn es beispielsweise schief läuft. Ich kann in der Verantwortung gegenüber meinen Mitarbeitern nur so agieren, dass ich das, was ich tue, gut überlege und dann auch in schlechten Zeiten nicht das Problem habe, zum Staat gehen zu müssen. Nebenbei glaube ich, wenn jetzt nicht Wahl wäre, würden wir gar nicht die Möglichkeit haben, zum Staat zu gehen, und deshalb hätten wir dann zurecht auch das Problem, dass wir im Zweifel sogar, wenn wir schlecht wirtschaften, uns dann auch überlegen müssen, ob wir noch eine Existenzberechtigung haben.
Kolkmann: Zum Für und Wider der staatlichen Subventionen war das Dirk Martin, der Bundesvorsitzende des Verbandes junger Unternehmer. Ich bedanke mich für das Gespräch, Herr Martin.
Martin: Vielen Dank.