Dirk Pfeil: Verbleib bei GM ist die beste Lösung für Opel

Dirk Pfeil im Gespräch mit Gabi Wuttke |
Der FDP-Politiker und ehemalige Ländervertreter in der Opel-Treuhand, Dirk Pfeil, hält den Verbleib von Opel beim US-Mutterkonzern GM für die derzeit beste Lösung. Vor dem Hintergrund des angekündigten Erhaltes der vier deutschen Opel-Standorte in Rüsselsheim, Kaiserslautern, Bochum und Eisenach sagte Pfeil, er rechne nicht mit einer erneuten Insolvenz. Denn entsprechende Geldmittel seien vorhanden ebenso wie eine ausreichende Nachfrage auf dem Markt nach Produkten der Marke Opel.
Gabi Wuttke: Bis zu 5400 Arbeitsplätze sollen bei Opel in Deutschland gestrichen werden. Trotzdem ist die Bundeskanzlerin erleichtert, denn General Motors will alle vier Standorte erhalten. Dirk Pfeil ist jetzt am Telefon, er ist Insolvenzverwalter, FDP-Politiker und lehnte als Vertreter der Länder in der Opel-Treuhand den Verkauf an Magna ab. Sein Argument: Steuergelder würden verschwendet, am besten sei es, Opel bliebe bei GM. So ist es nun gekommen. Guten Morgen, Herr Pfeil!

Dirk Pfeil: Guten Morgen, Frau Wuttke!

Wuttke: Sind die Eckpunkte des Plans, den General Motors jetzt vorgelegt hat, nach Ihrem Geschmack?

Pfeil: Sie sind auf jeden Fall nicht anders wie die Pläne von Magna oder RHJI, sie sehen einen Personalabbau vor. Es ist insgesamt wohl etwas weniger geworden als die 10.500 insgesamt in Europa, aber die Eckdaten dürften nach wie vor die gleichen sein, weil alles auf dem basiert, was GM vor Monaten vermutlich schon geplant hat.

Wuttke: Also ist es doch nicht das Beste, Opel bleibt bei GM?

Pfeil: Doch, es ist natürlich das Beste, denn insgesamt sind es jetzt 8600 Arbeitsplätze gegen 10.500, das macht doch eine erhebliche Differenz aus.

Wuttke: In Detroit wurden in den letzten Monaten ja ziemlich viele Nebelkerzen gezündet, das wissen Sie am allerbesten. Glauben Sie, die größten Kröten liegen jetzt auf den Tisch?

Pfeil: Das geht jetzt im Detail mit dem Betriebsrat darum: Wo wird abgebaut, in welchen Abteilungen, in welchen Bereichen, was wird outgesourced? Das sind sicherlich harte Verhandlungen, aber auch das ist dem Betriebsrat hinlänglich bekannt, denn auch die Interessenten, die bisher da waren, haben ja diese Details mit ihm schon lange besprochen.

Wuttke: Nun hatte ja Nordrhein-Westfalen beispielsweise angekündigt – und man macht jetzt mal die Klammer auf und sagt, Herr Rüttgers befindet sich auch im Wahlkampf, der Ministerpräsident –, frisches Geld für GM gäbe es nur, wenn betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen würden. Was müssen wir uns also beim Abbau von Tausenden von Arbeitsplätzen in Nordrhein-Westfalen vorstellen, wie soll das vonstatten gehen?

Pfeil: Ja, da wird der Begriff betriebsbedingt ein bisschen missbraucht. Wann soll denn gekündigt werden? Ist es betriebsbedingt oder ist es willkürlich? Also, willkürlich kann man in Deutschland nicht kündigen, das hat einen Rattenschwanz von Arbeitsprozessen hinter sich. Aber betriebsbedingt bedeutet hier wohl in der Terminologie der Politiker, dass sie sagen: Das muss dann aber möglichst über Kündigungsfristen hinaus in anderer Form – durch Sozialpläne und andere Hilfen – materiell schmackhaft gemacht werden.

Wuttke: Das heißt, wir haben es hier mit einer Nebelkerze des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten zu tun?

Pfeil: In dem Fall, wenn Sie ihn so ansprechen, mit Sicherheit. Das wiederholen aber offensichtlich alle Länderpolitiker.

Wuttke: Die Kanzlerin hat ja in der vergangenen Nacht erwartungsgemäß der guten Nachricht, dass alle vier Standorte erhalten bleiben, den Vorzug gegeben. Was, glauben Sie, werden sich Bund und Länder das letztendlich kosten lassen müssen?

Pfeil: Ja, also, es wird vermutlich darauf ankommen, dass GM eine Bank bringt, die als Hausbank fungiert und die dann auch die entsprechenden Anträge stellt, denn der Bundeswirtschaftsminister hat ja klar und deutlich gesagt: Es gibt Hilfen für jeden in Deutschland, aber die Spielregeln müssen eingehalten werden. Und dazu gehört normalerweise, dass ein Unternehmen mit seiner Hausbank vorstellig wird, ein Konzept darlegt und dass dann Gelder, die die Banken geben, über den Staat verbürgt werden.

Wuttke: Aber Spielregeln einhalten und GM - Herr Pfeil, ich sage noch mal, Sie müssten es eigentlich am allerbesten wissen –, sind das nicht zwei Dinge, die nicht zusammenpassen?

Pfeil: Ja, Sie müssen schon sagen, Spielregeln einhalten, GM und die Politik, denn die Politik hat sich ja auch nicht an die Spielregeln gehalten.

Wuttke: Das macht die Sache an und für sich nicht besser.

Pfeil: Keinesfalls. Man darf sich jetzt nur nicht wundern, dass mit den gleichen Mitteln jetzt auch Anträge kommen werden. Aber die sind legitim im Gegensatz zu dem Versuch der Politik, im Grunde ein Staatsunternehmen zu produzieren.

Wuttke: Ich weiß nicht, wie ich es jetzt formulieren soll: Heißt das, Opel kommt vom Regen in die Traufe, oder ist es die Wahl gewesen, Magna, GM? Na ja, es ist natürlich de facto keine Wahl gewesen, aber – Magna oder GM, ist das Pest und Cholera?

Pfeil: Ich glaube, dass die Dinge ja nicht allein von den jetzigen Spielern abhängen, sondern insgesamt ist es durch die Wirtschaftslage entstanden. Jetzt hat jeder nach einem Heilmittel gesucht, bei dem er möglichst gut aussehen kann – Sie sprachen das Thema Wahlkampf an. Wenn ich ein solches Thema zum Wahlkampfthema mache, dann muss ich mich über Echo nicht wundern und auch nicht, dass jemand das ausnützt und sagt, jetzt ist wieder eine neue Wahl und jetzt ist vielleicht die andere Seite etwas formbarer.

Wuttke: Heißt das, die Dinge stehen, wie sie jetzt stehen, weil der Bundestagswahlkampf in Deutschland beendet ist und wir eine neue Bundesregierung haben?

Pfeil: Das hat, glaube ich, gar nichts mit dieser Bundesregierung zu tun, das hat was damit zu tun, dass in Nordrhein-Westfalen wieder Wahlen sind.

Wuttke: Gut, ich meinte jetzt, dass wir einige Zeit warten mussten, bis dann Angela Merkel in Washington mitbekommen hat, dass klar wird, dass Opel bei GM zu bleiben hat.

Pfeil: Ich glaube, das war nicht der Auslöser. Der Auslöser war der Brief der Europakommissarin Neelie Kroes, in dem nachgefragt worden ist: Hat der deutsche Staat auf den potenziellen Erwerber oder den potenziellen Eigentümer von Opel Druck ausgeübt? Und dieser wurde ja so beantwortet, dass man sagt: Wir haben nie Druck ausgeübt, und selbstverständlich stehen jedermann die Hilfen zu. Da hat der jetzige Eigentümer, der auch Eigentümer bleiben will, die Möglichkeit am Schopf gepackt.

Wuttke: Glauben Sie denn, dass wir über kurz oder lang uns beide wieder über eine Insolvenz von Opel werden unterhalten müssen?

Pfeil: Da bin ich eigentlich zutiefst von überzeugt, dass das nicht sein wird.

Wuttke: Warum?

Pfeil: Weil ich glaube, dass die entsprechenden Mittel vorhanden sind und dass die Produkte, die jetzt hergestellt werden, und der Markt entsprechende Nachfrage produzieren wird, dass eine Insolvenz nicht notwendig sein wird.

Wuttke: Im Interview der "Ortszeit" von Deutschlandradio Kultur Dirk Pfeil, der ehemalige Ländervertreter in der Opel-Treuhand. Herr Pfeil, ich danke Ihnen sehr für dieses Gespräch und wünsche Ihnen einen schönen Tag!

Pfeil: Ihnen auch, Frau Wuttke! Tschüss!

Wuttke: Tschüss!