Diskriminierte Behinderung
Björn ist zehn Jahre alt, hat massive Sprachstörungen, er ist zu klein für sein Alter, und sein Gesicht ist deformiert - weil seine Mutter exzessiv trank, als sie schwanger war. Kinder wie Björn werden in Deutschland kaum angemessen behandelt: Für Beratungsstellen sieht das Bundesgesundheitsministerium keinen Bedarf. In Berlin-Spandau hat trotzdem eine eröffnet.
Erzieher Christian Schuhmann hat es sich mit Björn im Spielzimmer des Kinderheims Sonnenhof gemütlich gemacht und ein Bilderrätsel mitgebracht. Der zehnjährige Björn soll die bunten Kärtchen so sortieren, dass sie einen Sinn ergeben.
Björn: "Diss iss rississ, weil da kanns Du pielen und Du kanns auch da sei.... seiben."
Schuhmann: "Genau, das ist ja eine Computertastatur, und damit kannst Du spielen und schreiben. Und was ist das?"
Björn:"Diss da Pjuta. Da komm alle Piele und was Du sieben has."
Björns Sprachstörungen haben einen Grund: Weil seine Mutter während der Schwangerschaft exzessiv Alkohol trank, wurden sein Gehirn und sein Nervensystem schwer geschädigt. Auch äußerlich ist Björn vom Alkohol gezeichnet: Er ist für sein Alter zu klein und sein Gesicht ist deformiert: schmale Lippen, hängende Augenlieder, eine kurze Nase und tiefsitzende Ohren.
Seine Mutter lebt heute dank einer Selbsthilfegruppe ohne Alkohol und besucht ihren Jungen regelmäßig im Kinderheim. Oft macht sie sich Vorwürfe. Ihr Appell an werdende Mütter ist eindeutig:
"Finger weg vom Alkohol. Auf jeden Fall. Das ist nicht nur Gift für das Kind, sondern auch für die Mutter selbst. Wenn ich es anders hätte machen können, oder gewusst hätte, dann hätte ich es auch anders gemacht. Und wenn eine Frau vom Arzt gesagt bekommt, dass sie schwanger ist: von allem, was schädlich ist, weg."
Björn ist im Sonnenhof gut betreut. Das Berliner Kinderheim ist eine von zwei Einrichtungen in Deutschland, die auf die Betreuung alkoholgeschädigter Kinder spezialisiert sind. Das ist wie ein Tropfen auf den heißen Stein angesichts von geschätzten 10.000 Kindern, die hierzulande jedes Jahr mit fetalen Alkoholspektrum-Störungen neu geboren werden. Medizin und Gesundheitspolitik ignorieren das Problem. Andernorts ist man weiter.
In den USA werden die Folgen von Alkohol in der Schwangerschaft intensiv erforscht. In jedem Bundesstaat steht mindestens ein Diagnosezentrum zur Verfügung. In Deutschland dagegen existiert keine einzige Einrichtung dieser Art. Um hier Abhilfe zu schaffen, wird heute im Sonnenhof die erste deutsche Beratungsstelle für alkoholgeschädigte Kinder und ihre Pflegeeltern eröffnet - und dies, obwohl dem Sonnenhof eine hierfür beantragte Arztstelle durch das Bundesgesundheitsministerium abgelehnt wurde. Begründung: Kein Bedarf.
Für Gela Becker Klinger, fachliche Leiterin des Sonnenhofes und Mitinitiatorin der Beratungsstelle, sind fetale Alkoholspektrum-Störungen in Deutschland eine diskriminierte Behinderung. Die Leidtragenden sind die Kinder:
"Das Problem ist, man bestraft sie doppelt. Im Mutterleib werden sie mit Alkohol begossen, kommen behindert auf die Welt. Dann erkennt man das nicht, behandelt sie falsch, und nachher fallen sie auch noch aus allen Hilfesystemen raus. Das ist dann wirklich die diskriminierte Behinderung."
Björn: "Diss iss rississ, weil da kanns Du pielen und Du kanns auch da sei.... seiben."
Schuhmann: "Genau, das ist ja eine Computertastatur, und damit kannst Du spielen und schreiben. Und was ist das?"
Björn:"Diss da Pjuta. Da komm alle Piele und was Du sieben has."
Björns Sprachstörungen haben einen Grund: Weil seine Mutter während der Schwangerschaft exzessiv Alkohol trank, wurden sein Gehirn und sein Nervensystem schwer geschädigt. Auch äußerlich ist Björn vom Alkohol gezeichnet: Er ist für sein Alter zu klein und sein Gesicht ist deformiert: schmale Lippen, hängende Augenlieder, eine kurze Nase und tiefsitzende Ohren.
Seine Mutter lebt heute dank einer Selbsthilfegruppe ohne Alkohol und besucht ihren Jungen regelmäßig im Kinderheim. Oft macht sie sich Vorwürfe. Ihr Appell an werdende Mütter ist eindeutig:
"Finger weg vom Alkohol. Auf jeden Fall. Das ist nicht nur Gift für das Kind, sondern auch für die Mutter selbst. Wenn ich es anders hätte machen können, oder gewusst hätte, dann hätte ich es auch anders gemacht. Und wenn eine Frau vom Arzt gesagt bekommt, dass sie schwanger ist: von allem, was schädlich ist, weg."
Björn ist im Sonnenhof gut betreut. Das Berliner Kinderheim ist eine von zwei Einrichtungen in Deutschland, die auf die Betreuung alkoholgeschädigter Kinder spezialisiert sind. Das ist wie ein Tropfen auf den heißen Stein angesichts von geschätzten 10.000 Kindern, die hierzulande jedes Jahr mit fetalen Alkoholspektrum-Störungen neu geboren werden. Medizin und Gesundheitspolitik ignorieren das Problem. Andernorts ist man weiter.
In den USA werden die Folgen von Alkohol in der Schwangerschaft intensiv erforscht. In jedem Bundesstaat steht mindestens ein Diagnosezentrum zur Verfügung. In Deutschland dagegen existiert keine einzige Einrichtung dieser Art. Um hier Abhilfe zu schaffen, wird heute im Sonnenhof die erste deutsche Beratungsstelle für alkoholgeschädigte Kinder und ihre Pflegeeltern eröffnet - und dies, obwohl dem Sonnenhof eine hierfür beantragte Arztstelle durch das Bundesgesundheitsministerium abgelehnt wurde. Begründung: Kein Bedarf.
Für Gela Becker Klinger, fachliche Leiterin des Sonnenhofes und Mitinitiatorin der Beratungsstelle, sind fetale Alkoholspektrum-Störungen in Deutschland eine diskriminierte Behinderung. Die Leidtragenden sind die Kinder:
"Das Problem ist, man bestraft sie doppelt. Im Mutterleib werden sie mit Alkohol begossen, kommen behindert auf die Welt. Dann erkennt man das nicht, behandelt sie falsch, und nachher fallen sie auch noch aus allen Hilfesystemen raus. Das ist dann wirklich die diskriminierte Behinderung."