Wie kann es in Deutschland gerechter zugehen?
Darüber diskutiert Klaus Pokatzky am 17. November von 9.05 Uhr bis 11 Uhr mit Georg Cremer und Stefan Gosepath. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 0800-254-2254, per E-Mail unter gespraech@deutschlandfunkkultur.de – sowie auf Facebook und Twitter.
Wie kann es in Deutschland gerechter zugehen?
89:13 Minuten
In Deutschland besitzen 10 Prozent der Bevölkerung mehr als 50 Prozent des gesamten Nettovermögens. Eine Diskussion über Gerechtigkeit ist also dringend notwendig. Doch was verstehen wir unter Gerechtigkeit? Und wie lässt sie sich herstellen?
"Es ist das Ziel der Gerechtigkeit, dass die Leute als Gleiche, aber nicht gleich behandelt werden", sagt Stefan Gosepath, Professor für Moralphilosophie und Politische Philosophie an der Freien Universität Berlin. "Das Grundprinzip der Gerechtigkeit ist: Jedem das Seine, jedem das Angemessene, jedem das, worauf er einen Anspruch hat."
Soweit das Ideal. Die Realität sieht anders aus: 16 Prozent der Menschen in Deutschland leben unterhalb der Armutsgrenze, jedes fünfte Kind wächst in Armut auf. Gleichzeitig besitzen 10 Prozent der Bevölkerung mehr als 50 Prozent des gesamten Nettovermögens. Der Reichtum der Industriestaaten fußt letztlich auch auf der Ausbeutung der Entwicklungsländer. Gosepath: "Wir sind Teil der Produzenten von Ungerechtigkeit." Doch da wir als Konsumenten davon profitieren, nähmen wir diese globale Ungerechtigkeit letztlich hin.
Konstruktive Diskussion über Gerechtigkeit
"Deutschland ist gerechter, als wir meinen", lautet der Titel des neuen Buchs von Prof. Dr. Georg Cremer. Der Ökonom war bis 2017 Generalsekretär des Deutschen Caritasverbandes. Natürlich gebe es schreiende Ungerechtigkeit, und man müsse alles tun, um diese zu beheben. Aber es gebe eben auch ein weit gespanntes soziales Netz, das die Menschen auffange. Seine Beobachtung: "Es hat sich bei uns ein Niedergangs-Diskurs breitgemacht, der den sozialen Verhältnissen nicht gerecht wird." Dies spiele letztlich den Populisten in die Hände, die behaupteten, die Politik kümmere sich nicht um die Belange der Bürger. Seine Forderung: "Wir brauchen einen Diskurs über die Frage: Was machen wir, um Gerechtigkeit zu befördern?" Dabei seien alle gefragt: jeder Einzelne, die Gesellschaft und die Politik.