Konfrontation oder Appeasement: Ob Waffenlieferungen die richtige Strategie darstellen, erläutert der Politologe Klaus Segbers von der FU Berlin im Interview in "Studio 9".
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Der Ukraine fehlen die Waffen
Der ukrainischen Armee stehen im Osten des Landes hunderte russischer Panzer gegenüber, ihnen selbst fehlt die nötige Ausrüstung. Präsident Petro Poroschenko, der einst versprochen hatte, den Krieg rasch zu beenden, gerät immer stärker unter Druck.
Immer beschwerlicher wird das Überleben in Debalzewe, der Kleinstadt mit ihren vormals 25.000 Einwohnern. Die, die nicht geflohen sind, tauen Schnee, um Trinkwasser zu bekommen, zersägen Bäume, um die Keller zu beheizen, in denen sie Schutz suchen vor dem fortwährenden Artilleriebeschuss.
"Jeden Tag stirbt jemand, kein Tag vergeht ohne Tote."
Um Debalzewe werden Aufständische zusammengezogen, fahren Panzer auf, ein neuer Kessel steht bevor, der alle Aufmerksamkeit der ukrainischen Streitkräfte auf sich ziehen und womöglich ablenken soll von einem anderen Ziel: der Eroberung des Landweges von Mariupol bis zur Krim.
Im umkämpften Osten der Ukraine stehen hunderte russischer Panzer, Kiews Streitkräften fehlt die Ausrüstung, um gegen sie vorzugehen. Die Regierung verfolgt die amerikanisch-europäische Diskussion über Waffenlieferungen sehr genau. Vor allem brauchen die Freiwilligen und regulären Soldaten verschlüsselte Funkgeräte, Radar, panzervernichtende Waffen und Luftabwehrraketen. Zitiert wird Polens Präsident Bronislaw Komorowski, der den Verkauf von Rüstungsgütern ins Nachbarland für eine Selbstverständlichkeit hält, den Einsatz polnischer Soldaten dagegen für abwegig erklärt.
Waffenlieferungen und Rückkehr an den Verhandlungstisch
Oleh Rybatschuk von Tschesnok, einer Bürgerinitiative, die die Korruption in Parlament und Regierung überwacht, spricht sich klar für Waffenlieferungen aus, nur so seien die Separatisten, die nach ihren Geländegewinnen nichts mehr von dem Minsker Friedensabkommen wissen möchten, an den Verhandlungstisch zu zwingen.
"Eine Gefahr der Eskalation besteht, wenn es keine Waffen gibt. Putins Ziel ist Erpressung mit dem neuen Frontverlauf. Der einzige Weg, ihn zu stoppen, ist militärisch."
"Eine Gefahr der Eskalation besteht, wenn es keine Waffen gibt. Putins Ziel ist Erpressung mit dem neuen Frontverlauf. Der einzige Weg, ihn zu stoppen, ist militärisch."
Allerdings kann der Politologe Rybatschuk nicht erkennen, dass die Ukraine sämtliche ihrer eigenen Ressourcen mobilisiert hat:
"Wir haben immer noch diese sowjetischen Generäle, die für gar nichts zu gebrauchen sind. Dann ist die Technik 30 oder sogar 40 Jahre alt. Aber das größte Fragezeichen muss man an anderer Stelle machen: Warum bauen zum Beispiel die Rüstungsbetriebe in Charkiw, die zu den modernsten gehören, nicht die nötigen Waffen. Warum bekommen sie keine staatlichen Aufträge. Die Ukraine gehört zu den größten Waffenexporteuren weltweit. Außerdem sammeln viele Freiwillige viel Geld, um die Armee zu unterstützen und gleichzeitig kaufen sich mittlere Beamte aus dem Verteidigungsministerium millionenschwere Immobilien. Diese Korruption bringt uns um."
Kritik am reichsten Mann des Landes
Mehrere Länder, darunter die USA haben Schutzwesten und Nachtsichtgeräte geliefert bzw. helfen bei der Ausbildung der ukrainischen Streitkräfte.
Die Leiterin der Friedrich-Naumann-Stiftung in der Ukraine, Miraim Kosmehl, beobachtet, dass auch Präsident Petro Poroschenko unter Druck gerät. Seine Wahlversprechen, seine Firmen zu verkaufen, hat er bislang nicht eingelöst.
Die Leiterin der Friedrich-Naumann-Stiftung in der Ukraine, Miraim Kosmehl, beobachtet, dass auch Präsident Petro Poroschenko unter Druck gerät. Seine Wahlversprechen, seine Firmen zu verkaufen, hat er bislang nicht eingelöst.
"Es gab vor einigen Tagen einen Bericht in einer Wirtschaftszeitung, der sich damit beschäftigte, was Poroschenko zugesagt hat und wie er diese Vermögen verwaltet bzw. durch seinen Vater und andere Leute verwalten lässt, dass er nichts verkauft hat, anders als er zugesagt hat. Das empfinden die Leute auch als enttäuschend. Wie auch seine Äußerung kurz nach seiner Wahl, den Krieg innerhalb weniger Stunden zu beenden."
Heftig kritisiert wird auch der reichste Mann des Landes, Rinat Achmetow, der angeblich mit Geld an die Separatisten den Schutz seiner Betriebe erkauft, von denen ein großer Teil im Kriegsgebiet liegt.