Die Ausstellung "GROSSE OPER – VIEL THEATER? Bühnenbauten im europäischen Vergleich" ist vom 24. März bis 13. Mai 2018 im Deutschen Architekturmuseum Frankfurt zu sehen.
Spektakuläre Ausstellung befeuert Debatte
Die Entscheidung ist schwierig: Soll man in Frankfurt die marode Doppelbühne von Schauspiel und Oper sanieren? Oder gleich abreißen und neu bauen? Eine Ausstellung im Deutschen Architekturmuseum gibt der Debatte einen neuen Dreh – sie zeigt spektakuläre aktuelle Theaterbauten in Europa.
Ein Frachtschiff schiebt sich vor das Fenster eines Theaterrestaurants. In diesem Moment entsteht neben den Kulissen im Inneren des Opernhauses ein zweites, spektakuläres Bühnenbild draußen auf dem Wasser vor dem Gebäude. Der nahe, riesige Schiffsrumpf macht den Theaterbesucher zwangsläufig zum Beobachter auf einem Hafenkai.
Dieses Bild von der neuen Oper im alten Handelshafen in Kopenhagen wirft Kurator Yorck Förster zur Eröffnung seiner Theaterbau-Ausstellung im Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt am Main an die Wand:
"Diese Bauten am Wasser, sie haben einen grandiosen Charme. Das ohne Zweifel. Kopenhagen zeigt das zum Beispiel wunderbar. Gerade mit dem ungeheuer schönen Theater, das sie dort am ehemaligen Handelshafen finden können."
Die neuen Bühnen in Kopenhagen oder Oslo sind zwei von insgesamt 19 europäischen Theater- und Opernbauten, die in der Ausstellung vorgestellt werden. Den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Frankfurt am Main soll das zur Orientierung dienen.
Entscheidung zwischen Sanierung und Neubau
Es geht um die viele hundert Millionen schwere Entscheidung über die Sanierung oder Neubau der maroden städtischen Doppelbühne von Oper und Schauspiel. Ina Hartwig, die Frankfurter Kulturdezernentin:
"Und dazu bietet diese Ausstellung großartiges Material. Wir haben Referenzobjekte in ganz Europa und es werden Zahlen geliefert und es werden Vergleichszahlen geliefert. Es wird auch gezeigt, wie lange die Prozesse in anderen Städten gedauert haben. Wir sind in Frankfurt mit dieser Aufgabe nicht allein und das zeigt diese Ausstellung."
Sie zeigt auch: Die Kosten, die die Frankfurter Machbarkeitsstudie für die riesige Doppelbühne mit ihrer komplizierten und hoffnungslos veralteten Haustechnik errechnet hat, sind auch im Vergleich mit den Kosten für andere europäische Bühnen realistisch - ob Sanierung oder Neubau. Wenn die Stadt gegenüber der Machbarkeitsstudie von rund 900 Millionen Euro sparen will, muss sie möglicherweise die Fläche verkleinern – Frankfurt am Main hat bisher eine der größten europäischen Spielstätten – vor allem im Schauspielbereich.
Bühnengebäude für urbanes Leben öffnen
Die aktuellen Bühnenbau-Beispiele aus anderen europäischen Metropolen zeigen auch: Heute geht es im Theaterbau oft nicht nur um die abendliche Aufführung. Sondern darum, die Bühnengebäude ganztätig für das urbane Leben zu öffnen - ob durch Cafés, eine Aussichtsplattform wie bei der Elbphilharmonie oder einfach durch Treppenstufen vor dem Eingang, auf denen man sitzen und auf ein Gewässer blicken kann.
Das Deutsche Architekturmuseum zeigt deshalb einige Tage lang auch die Abschlussarbeit des Architekturstudenten Robin Thomae von der TU Darmstadt. Thomae hat ein Jahr lang am Schauspiel Frankfurt am Main gearbeitet und stellt sich vor, die Städtischen Bühnen aus dem Bankenviertel an den Osthafen zu verlegen.
Dieses alte Industrie-Viertel am Fluss zieht seit Jahren vor allem Kreative magisch an. Robin Thomae will eine neue "Hafen-Bühne" als Erweiterung der Innenstadt und Zielpunkt eines abendlichen Spaziergangs am Mainufer:
"Wir haben ja diese wunderbare Mainpromenade, die bis zur EZB reicht. Und dann beginnt quasi der Altbestand des Osthafens, der ja jetzt natürlich seinen Industriecharme hat. Aber an Aufenthaltsqualität fehlt es da. Und dann wäre das natürlich ein schöner Abschlusspunkt für diese Promenade. Auch gerne mit einem Bier auf der Treppe sitzen und sagen: Hier bin ich willkommen und nicht das Gefühl haben: Das das so eine gehobene Kultursache ist, dass man da verschreckt wird."
Erneute Hinwendung zum Wasser nach dem Museumsufer
Yorck Förster, Kurator der anregenden Theaterbau-Ausstellung erinnert daran, dass ja auch das Museumufer am Main eine Erfolgsgeschichte ist. Auch das Deutsche Architekturmuseum steht schließlich an einem alten Hafenkai:
"Eigentlich muss man sagen – Frankfurt hat sehr früh diese Hinwendung zum Wasser gemacht, dass ist nämlich dann das Museumsufer geworden. Weil bis dahin waren ja die alten Tief-Kais hier im Wesentlichen so Parkplätze gewesen oder abendliche Angsträume, wo niemand freiwillig hingegangen ist. Dieses Bauen am Wasser hat einen ungeheuren Charme, es hebt die Gebäude noch mal ganz erheblich heraus und von der Aufenthaltsqualität können es grandiose Bereiche sein.
Was sie ja an jedem lauen Sommerabend hier in Frankfurt sehen können, ist dieser innerstädtische Hafenpark, der extrem belebt ist. Insofern: Die Vorstellung, in der Verknüpfung zum Hafenpark am Osthafen, das weiterzubauen mit einem Theater- oder Operngebäude: Sicherlich ist das ein charmanter Gedanke."
Den allerdings die Frankfurter Kulturdezernentin Ina Hartwig am Eröffnungsabend der Theaterbau-Ausstellung noch nicht so recht aufgreifen will:
"Es soll hier überhaupt kein Denk- und Fantasieverbot gelten. Aber ich möchte doch sagen als gebürtige Hamburgerin: Frankfurt hat nicht diese Stadtlandschaft. Wir haben kein Meer, wir haben auch keine Elbe, wir haben den kleinen Main. Nichts gegen den kleinen Main, aber das macht doch einen Unterschied.