Taktile Displays

Wie Blinde am Computer Bilder sehen können

08:59 Minuten
Großaufnahme von Fingern, die über eine Braillezeile tasten.
Noch sind Blinde online auf Hilfsmittel wie Screenreader und eine Braillezeile angewiesen. Neu entwickelte taktile Displays sollen das ändern. © Getty Images / BSIP / Iniversal Images Group
Bastian Rapp im Gespräch mit Dieter Kassel · 04.01.2022
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Linien und Farben als erhöhte Punkte auf einer Oberfläche - so könnten Blinde Grafiken und Bilder lesen. An der Entwicklung solcher Displays arbeitet Bastian Rapp an der Universität Freiburg. Er hofft, bald auch Animationen darstellen zu können.
Danke Brailleschrift oder Vorlese-Software, sogenannten Screen-Readern, können Blinde und Sehbehinderte inzwischen Text am Computerbildschirm lesen. Bei Bildern, Grafiken und Filmen sind sie aber nach wie vor weitgehend auf Audiodeskription angewiesen.
Dabei lassen sich einfache Grafiken wie Balkendiagramme durchaus so aufbereiten, dass sie auch von Blinden am Computer "gelesen" werden können. Dabei erscheinen die Linien der Balken als erhabene Punkte auf einer Oberfläche.
Die könne man dann mit dem Finger auf dem Display nachfahren, erklärt Bastian Rapp, Professor für Prozesstechnologie an der Universität Freiburg.

Farben lassen sich über Punkthöhen darstellen

Bilder seien hingegen schwieriger darzustellen. Aber auch das soll irgendwann möglich sein:
"Im Prinzip kann man taktile Informationen auch mehr als nur binär darstellen, ich sage mal, erhoben und nicht erhoben, wie wir das im Fall unseres Balkendiagramms hatten. Man könnte verschiedene Farben über verschiedene Punkthöhen darstellen."
Zum einen gehe es also darum, die Daten eines Bildes so aufzubereiten, dass sie taktil erfassbar werden, sagt Rapp. Zum anderen darum, ein Display zu entwickeln, auf dem Blinde diese Information dann auch ablesen können.

Auflösung wie ein Gameboy von 1990

Erste Modelle solcher Displays gibt es bereits. Aber selbst die derzeit besten auf dem Markt hätten nur "etwa ein Sechstel der Auflösung eines Nintendo Gameboys aus dem Jahre 1990 - und kosten mehrere zehntausend Euro", so Rapp.
Gemeinsam mit einer Forschergruppe arbeitet er daran, dass sich die Leistungsfähigkeit dieser Displays verbessert: "Was wir in unserer Wissenschaft anpeilen, sind Displays in einer Gröߟenordnung etwas unter einem Millimeter Punktabstand, weil das eine Größe ist, mit der man sehr gut kontinuierliche Linien darstellen kann. Da muss man gar nicht feiner werden."

Bald die ersten ertastbaren Animationen?

Ist es laut Rapp schon schwierig, ein komplettes Bild darzustellen, so gilt das erst recht für bewegte Bilder.
Man peile Displays mit einer Wiederholfrequenz von zehn Hertz an, so der Wissenschaftler. "Das heißt, Sie können zehn Bilder pro Sekunde setzen und auf die Weise zumindest eine Animation darstellen."
Einen kompletten Film so umzusetzen, hält Rapp dagegen für unrealistisch - auch weil die Finger die Fläche gar nicht in der notwendigen Geschwindigkeit ertasten könnten. "Das funktioniert nicht so schnell, wie wenn wir auf ein Bild schauen, dass wir gleich ein Foto erfassen können", unterstreicht er. Aber: "Wir hoffen, dass wir die ersten bewegten Animationen schon in ein paar Jahren haben werden."
(uko)

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