Hostwriter / Correctiv (Hrsg.): "Unbias the News: Warum Journalismus Vielfalt braucht"
224 Seiten, 25 Euro
Vielfalt für einen besseren Journalismus
07:05 Minuten
Weiß, männlich, akademisch: Diese Attribute treffen auf die überwältigende Mehrheit der deutschen Journalisten zu. Für Tabea Grzeszyk ist das nicht nur unfair – es schadet auch der Qualität des Journalismus.
Nein, sie wolle kein plumpes "Weiße-Männer-Bashing" betreiben, sagt Tabea Grzeszyk. Und ja: Weiße Männer seien ein Problem für den Journalismus. Grzeszyk ist Geschäftsführerin der Plattform "Hostwriter", die zusammen mit "Correctiv" den Sammelband "Unbias the News: Warum Journalismus Vielfalt braucht" herausgegeben hat.
"Weiße Männer sind nicht per se schlechte Journalisten. Aber sie sind nicht repräsentativ für diese Gesellschaft. Sie haben ganz eigene Vorurteile und Vorannahmen, die ihren Blick beeinflussen", so Grzeszyk. In englischen Newsrooms etwa arbeiteten 94 Prozent weiße und zu 55 Prozent männliche Redakteure. Für Deutschland seien solche Daten bisher gar nicht erst erhoben worden.
Vielfalt aus der Integrationsecke rausholen
Um diesen Zustand zu ändern, versammelt sie in ihrem Buch Geschichten von Journalistinnen weltweit. Ihre Berichte veranschaulichen, in teilweise sehr persönlichen Geschichten, wie sich Sexismus, Rassismus und Mobbing in Redaktionen äußern.
"Wir wollen Vielfalt aus der Inklusions- und Integrationsecke holen. Es geht nicht darum, den Minderheiten einen Gefallen zu tun", so Grzeszyk. Journalismus brauche vielfältige Perspektiven, um gute Qualität zu liefern.
Keine Geschichten mehr übersehen
Wenn die überwiegende Mehrheit denselben Hintergrund habe, erhöhe sich die Gefahr von blinden Flecken. "Als Beispiel fällt mir der NSU ein. 13 Jahre lang verübten er unentdeckt rassistische Morde, während deutsche Journalisten Artikel über sogenannte 'Dönermorde' verfassten. Die Schuld wurde bei den Migranten vermutet." Diversere Redaktionen hätten eventuell sensibler reagiert. Sie besäßen auch einen anderen Zugang zu den Protagonisten, die sich eventuell anders öffnen würden, glaubt Grzeszyk.
Das Problem wäre leicht zu beheben: Redaktionen müssten sich lediglich vielfältiger aufstellen. Aber Macht wäre noch nie gerne abgegeben worden. Grzeszyk: "Deshalb gehen wir über die Qualität. Wenn der Newsroom nicht vielfältig genug aufgestellt ist, können wir Geschichten übersehen." Das Buch sei ein Versuch, anschauliches Material zu liefern. Redaktionen könnten sich davon inspirieren lassen, wie man es besser machen könne.
(rod)