DNA-Analyse für die Hausapotheke
Zur Bestimmung von Krankheitserregern, für Verwandtschaftstests oder als kriminalistische Nachweismethode - die DNA-Analyse kommt immer häufiger zum Einsatz. Ein Rostocker Forschungs- und Firmenverbund stellt nun den Prototyp eines tragbaren Analysegerätes vor.
"Was wir als große Vision haben: DNA-Schnelltests zu entwickeln. Mit einem einzigen Blutstropfen und einem einzigen Knopfdruck können Sie im Prinzip wichtige Parameter untersuchen."
Lars Krüger, Geschäftsführer der Gensoric GmbH, koordiniert die Zusammenarbeit zwischen den Forschungslabors der Universität Rostock, Medizinern der Rostocker Universitätsklinik, des Softwareentwicklers arivis und der immungenetics GmbH.
"Heutzutage fragt man sich ja auch, was ist denn das jetzt hier schon wieder für ein Erkältungsbakterium oder Virus oder ist es vielleicht sogar Schweinegrippe, und so könnte ich zu Hause selbst schnell prüfen, ist das jetzt etwas, was wirklich relevant ist oder ist es etwas, was mich noch mit gutem Gewissen zu Hause bleiben lässt."
So weit ist es noch nicht. Der Prototyp des ultrasensitiven DNA-Analysegerätes hat die Größe eines Schuhkartons. Auch kann dieses Versuchsgerät keine DNA-Sequenzen aus Blut- oder Gewebeproben herauslesen, derzeit müssen die Proben noch außerhalb des Gerätes aufbereitet werden. Doch die Technologie ist vorhanden und soll in den kommenden Monaten in das Gerät integriert werden.
"Sie sehen ja hier diese Klappe, dass sich hier der DNA-Testship befindet, auf diesen wird die Probenflüssigkeit aufgebracht, dann schließt man die Klappe wieder und betätigt auf dem Tuchscreen den Analysebutton. Man benötigt anderthalb Stunden, um die komplette Analyse durchlaufen zu lassen, und dann würde man auch schon das Ergebnis ausgegeben bekommen."
Universitätsklinik Rostock, Institut für medizinische Mikrobiologie, Virologie und Hygiene. Institutsdirektor Andreas Podbielski öffnet die Tür zum Blutdiagnoselabor.
"Das ist unser geräuschintensivstes Labor. Und da stehen Sie vor einer ganzen Wand, einer meterlangen Wand von Blutkulturautomaten. Schwerkranken Patienten werden Blutproben abgenommen und diese in Kulturflaschen gespritzt und diese Kulturflaschen automatisch bebrütet. Und wenn dann Bakterien oder Pilze in diesen Kulturen drin sein sollten, dann gibt der Automat ein Signal. Nachteil: Es dauert mindestens einen Tag, ehe Sie erste Ergebnisse haben, und das ist für schwer infizierte Patienten zu lange."
Bei einer Sepsis oder Blutvergiftung sinken die Überlebenschancen des Patienten um 9 Prozent je Stunde. In solchen Fällen werden die Patienten regelrecht mit Medikamenten vollgepumpt, in der Hoffnung, dass das richtige darunter ist. Eine gezielte Therapie kann erst erfolgen, wenn der Erreger bekannt ist.
"Je länger sie auf diese richtige Therapie warten, die sie eigentlich bräuchten, läuft die Uhr – mit dem entsprechend schlechten Ausgang. Und da sind solche molekularen Nachweismechanismen extrem wichtig. Man kann sicherlich, wenn das in größerem Maße eingesetzt würde, mehr Menschenleben retten."
DNA-Analyse ist schon heute ein gebräuchliches Verfahren, doch mit großem Laboraufwand verbunden und entsprechend kostspielig. Das neue Gerät liefert die Ergebnisse innerhalb von 2 Stunden. Es kann auch intuitiv bedient werden, beispielsweise von der Krankenschwester oder dem behandelnden Arzt. Ermöglicht wird die Innovation durch zwei patentierte Technologien. Die eine betrifft einen neuen Typ beheizbarer DNA-Sensoren, die andere heißt Lab on Board, Labor auf der Leiterplatte.
Universität Rostock, Institut für Gerätesysteme und Schaltungstechnik. Vor Betreten des Reinraumes muss Schutzkleidung angezogen werden. Lienhard Pagel macht die Einweisung. Er hat das Lab on Board entwickelt und arbeitet an einer Leiterplatte, auf die nur noch ein winziger Blutstropfen gegeben werden muss, aus dem dann das genetische Material extrahiert und punktgenau zum DNA-Sensor transportiert wird.
"Die Elektronik können wir hervorragend integrieren, denn das kann Leiterplattentechnik, wir fügen eben nur die Fluidik hinzu. Das ist eine technologische Herausforderung. Einrichtungen, die vorher einen ganzen Tisch oder ein halbes Labor benötigten, werden jetzt auf einer Platine integriert – inklusive der Fluidik, inklusive der Sensorik, und auch mit der kompletten Elektronik. Und so eine Leiterplatte von den Abmessungen 5 x 5 Zentimeter kann man einfach über eine USB-Buchse an einen Rechner oder ein Notebook anschließen und schon ist die Analyse komplett."
Universität Rostock, Institut für Chemie. In den Laborräumen arbeitet Gerd-Uwe Flechsig. In zehnjähriger Forschungsarbeit ist es ihm gelungen, winzige, beheizbare DNA-Sensoren zu entwickeln.
"Wenn Sie eine genaue Temperatur einstellen, haben Sie eine sogenannte thermische Stringenz, das bedeutet, dass alle nichtpassenden DNA-Stränge abgestoßen werden. Die können sich dann nicht an unsere kleinen DNA-Angeln anlagern."
Diese DNA-Angeln bestehen aus dem gesuchten Erbgut – beispielsweise dem eines Krankheitserregers - und werden mit spezieller Labortechnik auf den Goldsensor aufgetragen – ein winziger, nicht sichtbarer Punkt. Die Flüssigkeit verdunstet sofort, die DNA bleibt am Sensor zurück.
"Und dann machen wir Elektrochemie. Sofern ein Zielmolekül an der Angel gebunden hat, wird ein elektrisches Signal sichtbar, das gleich vom Computer verarbeitet werden kann."
Derzeit können 16 verschiedene DNA-Angeln – beispielsweise das Erbgut von 16 Krankheitserregern - auf einem Sensor untergebracht werden. In einem nächsten Miniaturisierungsschritt sollen es 32, dann 64 und schließlich 128 sein.
"Ein Sensorchip soll nur vielleicht 10 oder 5 Euro kosten. Je mehr man davon herstellen kann, umso schneller sinken die Kosten – durch Massenproduktion. Und ein Gerät verkaufen wir so im Bereich 20–30000 Euro. Das haben wir schon abgeschätzt."
Sollte sich das Verfahren durchsetzen, wird in einigen Jahren eine DNA-Analyse für Jedermann erschwinglich. Ein Analysegerät in der Hausapotheke ist dann so selbstverständlich wie heute ein Fieberthermometer.
Lars Krüger, Geschäftsführer der Gensoric GmbH, koordiniert die Zusammenarbeit zwischen den Forschungslabors der Universität Rostock, Medizinern der Rostocker Universitätsklinik, des Softwareentwicklers arivis und der immungenetics GmbH.
"Heutzutage fragt man sich ja auch, was ist denn das jetzt hier schon wieder für ein Erkältungsbakterium oder Virus oder ist es vielleicht sogar Schweinegrippe, und so könnte ich zu Hause selbst schnell prüfen, ist das jetzt etwas, was wirklich relevant ist oder ist es etwas, was mich noch mit gutem Gewissen zu Hause bleiben lässt."
So weit ist es noch nicht. Der Prototyp des ultrasensitiven DNA-Analysegerätes hat die Größe eines Schuhkartons. Auch kann dieses Versuchsgerät keine DNA-Sequenzen aus Blut- oder Gewebeproben herauslesen, derzeit müssen die Proben noch außerhalb des Gerätes aufbereitet werden. Doch die Technologie ist vorhanden und soll in den kommenden Monaten in das Gerät integriert werden.
"Sie sehen ja hier diese Klappe, dass sich hier der DNA-Testship befindet, auf diesen wird die Probenflüssigkeit aufgebracht, dann schließt man die Klappe wieder und betätigt auf dem Tuchscreen den Analysebutton. Man benötigt anderthalb Stunden, um die komplette Analyse durchlaufen zu lassen, und dann würde man auch schon das Ergebnis ausgegeben bekommen."
Universitätsklinik Rostock, Institut für medizinische Mikrobiologie, Virologie und Hygiene. Institutsdirektor Andreas Podbielski öffnet die Tür zum Blutdiagnoselabor.
"Das ist unser geräuschintensivstes Labor. Und da stehen Sie vor einer ganzen Wand, einer meterlangen Wand von Blutkulturautomaten. Schwerkranken Patienten werden Blutproben abgenommen und diese in Kulturflaschen gespritzt und diese Kulturflaschen automatisch bebrütet. Und wenn dann Bakterien oder Pilze in diesen Kulturen drin sein sollten, dann gibt der Automat ein Signal. Nachteil: Es dauert mindestens einen Tag, ehe Sie erste Ergebnisse haben, und das ist für schwer infizierte Patienten zu lange."
Bei einer Sepsis oder Blutvergiftung sinken die Überlebenschancen des Patienten um 9 Prozent je Stunde. In solchen Fällen werden die Patienten regelrecht mit Medikamenten vollgepumpt, in der Hoffnung, dass das richtige darunter ist. Eine gezielte Therapie kann erst erfolgen, wenn der Erreger bekannt ist.
"Je länger sie auf diese richtige Therapie warten, die sie eigentlich bräuchten, läuft die Uhr – mit dem entsprechend schlechten Ausgang. Und da sind solche molekularen Nachweismechanismen extrem wichtig. Man kann sicherlich, wenn das in größerem Maße eingesetzt würde, mehr Menschenleben retten."
DNA-Analyse ist schon heute ein gebräuchliches Verfahren, doch mit großem Laboraufwand verbunden und entsprechend kostspielig. Das neue Gerät liefert die Ergebnisse innerhalb von 2 Stunden. Es kann auch intuitiv bedient werden, beispielsweise von der Krankenschwester oder dem behandelnden Arzt. Ermöglicht wird die Innovation durch zwei patentierte Technologien. Die eine betrifft einen neuen Typ beheizbarer DNA-Sensoren, die andere heißt Lab on Board, Labor auf der Leiterplatte.
Universität Rostock, Institut für Gerätesysteme und Schaltungstechnik. Vor Betreten des Reinraumes muss Schutzkleidung angezogen werden. Lienhard Pagel macht die Einweisung. Er hat das Lab on Board entwickelt und arbeitet an einer Leiterplatte, auf die nur noch ein winziger Blutstropfen gegeben werden muss, aus dem dann das genetische Material extrahiert und punktgenau zum DNA-Sensor transportiert wird.
"Die Elektronik können wir hervorragend integrieren, denn das kann Leiterplattentechnik, wir fügen eben nur die Fluidik hinzu. Das ist eine technologische Herausforderung. Einrichtungen, die vorher einen ganzen Tisch oder ein halbes Labor benötigten, werden jetzt auf einer Platine integriert – inklusive der Fluidik, inklusive der Sensorik, und auch mit der kompletten Elektronik. Und so eine Leiterplatte von den Abmessungen 5 x 5 Zentimeter kann man einfach über eine USB-Buchse an einen Rechner oder ein Notebook anschließen und schon ist die Analyse komplett."
Universität Rostock, Institut für Chemie. In den Laborräumen arbeitet Gerd-Uwe Flechsig. In zehnjähriger Forschungsarbeit ist es ihm gelungen, winzige, beheizbare DNA-Sensoren zu entwickeln.
"Wenn Sie eine genaue Temperatur einstellen, haben Sie eine sogenannte thermische Stringenz, das bedeutet, dass alle nichtpassenden DNA-Stränge abgestoßen werden. Die können sich dann nicht an unsere kleinen DNA-Angeln anlagern."
Diese DNA-Angeln bestehen aus dem gesuchten Erbgut – beispielsweise dem eines Krankheitserregers - und werden mit spezieller Labortechnik auf den Goldsensor aufgetragen – ein winziger, nicht sichtbarer Punkt. Die Flüssigkeit verdunstet sofort, die DNA bleibt am Sensor zurück.
"Und dann machen wir Elektrochemie. Sofern ein Zielmolekül an der Angel gebunden hat, wird ein elektrisches Signal sichtbar, das gleich vom Computer verarbeitet werden kann."
Derzeit können 16 verschiedene DNA-Angeln – beispielsweise das Erbgut von 16 Krankheitserregern - auf einem Sensor untergebracht werden. In einem nächsten Miniaturisierungsschritt sollen es 32, dann 64 und schließlich 128 sein.
"Ein Sensorchip soll nur vielleicht 10 oder 5 Euro kosten. Je mehr man davon herstellen kann, umso schneller sinken die Kosten – durch Massenproduktion. Und ein Gerät verkaufen wir so im Bereich 20–30000 Euro. Das haben wir schon abgeschätzt."
Sollte sich das Verfahren durchsetzen, wird in einigen Jahren eine DNA-Analyse für Jedermann erschwinglich. Ein Analysegerät in der Hausapotheke ist dann so selbstverständlich wie heute ein Fieberthermometer.