Programmtipps:
Deutschlandradio Kultur reist zur Eröffnung der documenta 14 und berichtet aus Athen.
Donnerstag, 6.4.
"Studio 9" ab 8:40 Uhr: Ausblick auf das documenta-Programm mit Claudia Wheeler aus Athen
Kompressor von 14.07-14.30 Uhr live nach der Pressekonferenz aus der Athener Konzerthalle Magaron.
Freitag, 7.4.
Fazit ab 23:05 Uhr - Eine Sondersendung aus dem EMST, dem Athener Nationalen Museum für zeitgenössische Kunst.
Wir sind im Gespräch mit Künstlerinnen und Künstlern, Kuratorinnen und Kuratoren der documenta 14. Außerdem hören wir uns in der Athener Kulturszene um - und spüren dem "Sound" der documenta nach.
Raus aus dem Elfenbeinturm, rein in die Krise
Athen und nicht Kassel: Die documenta 14 startet ausnahmsweise nicht in der hessischen Residenzstadt. Mit 160 Künstlern an 47 Orten wolle man in der griechischen Hauptstadt ein Zeichen der Solidarität setzen, erklärte ihr künstlerischer Leiter Adam Szymczyk.
Es wirkt wie eine Provokation: Die documenta 14 startet in Athen und nicht in Kassel. Am Samstag wird die wohl wichtigste Kunstausstellung der Welt eröffnet. Für den künstlerischen Leiter Adam Szymczyk ist das ein Akt der Solidarität: raus aus dem Elfenbeinturm, rein in das Zentrum der Krise. Er hat der so oft vernommenen Parole, die Griechen sollen "ihre Hausaufgaben machen", das Motto "Von Athen lernen" entgegengesetzt. Dafür hat er viel Lob, aber noch mehr Kritik einstecken müssen.
"Die Stimmung ist jetzt nicht direkt aufgeheizt, aber sie ist schon sehr angespannt", schildert unsere Kulturredakteurin Claudia Wheeler im Deutschlandradio Kultur die Stimmung vor Ort. "Die documenta polarisiert die Athener Kunstszene wirklich ganz stark." Es gebe auch große Erwartungen und die Hoffnung, dass von der documenta Impulse auf die lokale Kunstszene ausgehen und die zeitgenössische Kunst in Griechenland durch die documenta aufgewertet werde.
"Auf der anderen Seite spricht man aber auch von Krisentourismus, davon, dass die documenta auf Kosten der Griechen profitieren würde und es gibt die ganz große Befürchtung, dass dieser große Tanker documenta hier landet, 100 Tage die Szene aufmischt und dann wieder verschwindet."
Viele Protagonisten der Athener Kunstszene fühlten sich übergangen und zu wenig eingebunden, sagt Wheeler.
Tiefe Gräben
Am Mittwochabend gab es eine Pressekonferenz der Athener Biennale, die wie eine regelrechte Gegenveranstaltung zur documenta gewirkt habe. "Da konnte man ganz gut sehen, wie tief die Gräben sind und wie sehr aber auch Erwartung und Anspruch aufeinanderprallen", sagt Wheeler. Die Athener Kunstszene habe sich gewünscht, dass man eine griechisch dominierte Ausstellung bekomme. "Aber die documenta ist eine internationale Kunstausstellung, die alle fünf Jahre Kunst aus aller Welt zeigt."
Raus aus der Komfortzone
Trotz dieses Konflikts verteidigt Wheeler die Idee, die documenta erstmals auch in Athen und nicht nur in Kassel zu veranstalten. "Ich finde, der Schritt rauszugehen aus der sogenannten Komfortzone und hineinzugehen in eine Problemzone, in ein Land, das wirklich am meisten von der Eurokrise geschüttelt ist, das kann ich absolut nachvollziehen", sagt sie. Dadurch bekomme die Kunst auch eine gewisse politische und gesellschaftlich relevante Bedeutung. Die Kunst könne da Denkanstöße geben und Prozesse in Gang setzen.
Je 100 Tage in Athen und Kassel
Was kann die Kunst in der Krise bewegen? Was sind die großen Themen, die die Künstler anpacken? Welche Diskussionen werden geführt? Bei vielen offenen Fragen ist eines jetzt schon klar: Die documenta 14 in Athen wird eine lebendige, offene Plattform. 160 Künstler werden die ganze Stadt bespielen, mit ihrem Sound, ihren Aktionen und Performances.
Alle fünf Jahre pilgern Hunderttausende zu einer der bedeutensten Ausstellungsreihen der Welt. In diesem Jahr könnte mit der Verdoppelung des documenta-Ortes - 100 Tage Athen und 100 Tage Kassel - die Millionen-Marke geknackt werden.
(hum/gem)