Schormann will Generaldirektorin bleiben
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Die Generaldirektorin der Documenta 15, Sabine Schormann, steht wegen der Präsentation antisemitischer Kunstwerke unter Druck. Die Rufe nach ihrem Rücktritt werden zahlreicher. Dies müsse "in den Gremien" besprochen werden, sagt Schormann.
Die Diskussion über Antisemitismus bei der diesjährigen Documenta in Kassel hält an. Aktueller Anlass ist das vom Kollektiv Taring Padi geschaffene übergroße Transparent „People’s Justice“, das die ehemalige Militärdiktatur in Indonesien thematisiert und dabei eine antisemitische Bildsprache verwendet.
Am Mittwoch wurde das Werk abgehängt, doch die Stimmen, die personelle Veränderungen einfordern, werden mehr. Dabei fällt immer wieder auch ein Name: Sabine Schormann. Sie ist die Generaldirektorin der Documenta.
Unverzeihlicher Fehler
Auf ihren Rücktritt angesprochen, sagt Schormann: „Das sollte in den Gremien besprochen werden.“ Sie habe ihre „operative Verantwortung sofort wahrgenommen“. Trotzdem entschuldige sie sich für diesen unverzeihlichen Fehler. Dieser sei durch eine unglückliche Verkettung von Umständen entstanden,
so Schormann
.
So sei das Werk zu spät in Kassel angekommen. Außerdem sei es beschädigt gewesen, sodass es erst verspätet aufgehängt werden konnte. Wegen der vielen Details auf dem Transparent sei es auch sehr schwer wahrzunehmen, erläutert Schormann:
„Vor diesem Hintergrund und wegen der Enge des Eröffnungswochenendes ist es nicht rechtzeitig aufgefallen. In dem Moment, wo es aufgefallen ist, haben wir unserem Versprechen gemäß sofort und umgehend eingegriffen und haben es entfernt.“
Prozess als Konzept
Nun müsse der Fall gemeinsam mit dem indonesischen Kuratorenteam von Ruangrupa im Detail aufgearbeitet werden, unterstreicht die Kunstmanagerin. Dazu gehöre auch, andere Werke daraufhin zu untersuchen, ob sie antisemitisch seien. Ausdrücklich begrüßt Schormann das am Donnerstag veröffentlichte Statement von Ruangrupa.
Mit der aktuellen Documenta seien neue Wege beschritten worden, so Schormann. Zum einen wurde ein Kollektiv berufen, die Schau zu kuratieren. Ruangrupa seien zudem nicht mit einem fertigen Konzept angetreten, sondern habe „einen Prozess mitgebracht und gestartet“.
Das habe einerseits eine „lebendige und einbindende Documenta hervorgebracht“. Anderseits wurden nun aber auch Schattenseiten sichtbar. Deswegen wurde das Heft des Handels in die Hand genommen und sich nun mit Antisemitismus auseinandergesetzt.
Mit deutscher Geschichte auseinandergesetzt
Auf der Documenta gebe es keinen Platz für Antisemitismus, unterstreicht Schormann. Zugleich verweist sie darauf, dass in Indonesien ein anderes Verständnis der Bildmotivik gebe als Hinzulande – sowie einen anderen historischen Kontext.
Die Kuratoren von Ruangrupa hätten sich vor der Documenta auch mit der deutschen Geschichte auseinandergesetzt. Nun werde das Gespräch über Antisemitismus fortgeführt, so Schormann. Dafür werde auch mit der Bildungsstätte Anne Frank aus Frankfurt am Main zusammengearbeitet.
Kritisch sieht Schormann ein Papier aus dem Haus von Kulturstaatsministerin Claudia Roth, das am Donnerstag teilweise öffentlich wurde. Darin heißt es, die finanzielle Förderung durch den Bund solle auch zwingend mit dessen Einbindung in die Documenta-Strukturen verbunden sein. Eine derartige Aufsicht wäre ein Eingriff in die Kunstfreiheit und würde die Documenta gefährden, unterstreicht Schormann.
(rzr)