"documenta"-Halbzeitbilanz

"Unprofessionell und respektlos gegenüber dem Publikum"

Der Schriftzug "documenta" steht am 2017 auf einer Fensterscheibe des documenta-Archivs in Kassel (Hessen).
Der Schriftzug "documenta" steht am 2017 auf einer Fensterscheibe des documenta-Archivs in Kassel (Hessen). © dpa / picture alliance / Uwe Zucchi
Christian Demand im Gespräch mit Korbinian Frenzel |
Überambitioniert, missglückt, zu viel Political Correctness - die Halbzeitbilanz der "documenta" fällt überwiegend negativ aus. Auch "Merkur"-Herausgeber Christian Demand schließt sich der "Großen Koalition der Abneigung" an. Doch er verrät auch, warum er trotzdem empfiehlt: "Weitermachen!"
Halbzeit bei der "documenta" und die Bilanz fällt größtenteils vernichtend aus: "Ist das Kunst oder kann das weg?" titelte etwa tagesschau.de, und die Tageszeitung "Die Welt" sprach gar von der "enttäuschendsten Großausstellung aller Zeiten".
"Es gab selten so viel Einmütigkeit darüber, dass da einiges überambitioniert und vollkommen missglückt ist", sagte der Kunsthistoriker und Kulturphilosoph Christian Demand im Deutschlandfunk Kultur.
Kunsthistoriker und Kulturphilosoph Christian Demand
Kunsthistoriker und Kulturphilosoph Christian Demand© Deutschlandradio Kultur / Stefan Ruwoldt

Kaum ein Kunstwerk erschließt sich durch Anschauen

Auch der Herausgeber der Zeitschrift "Merkur" schließt sich dieser "Großen Koalition der Abneigung an": So habe er viele Dinge als "auf eine ärgerliche Weise unprofessionell und respektlos dem Publikum gegenüber" empfunden. Etwa wenn Ausstellungsstücke wegen schlechter Beleuchtung gar nicht richtig zu erkennen seien.
Außerdem ließen sich die wenigsten auf der documenta gezeigten Kunstwerke einfach durch Anschauen erschließen, sondern müssten kontextintensiv rezipiert werden. Dabei leisteten die Kuratoren so wenig Hilfestellung, dass es "geradezu albern" sei, kritisiert der Kunsthistoriker. "Es ist wahnsinnig wenig Text da. Aber das meiste, was ich sehen kann, bedürfte ganz viel Text."

Das Prinzip nicht komplett in Frage stellen

Den Vorschlag der "Welt", kritisch über die Freiheit des "documenta"-Kurators nachzudenken, will sich Demand dennoch nicht zu eigen machen. Dann könne man es auch gleich ganz bleiben lassen. "Nein! Ich würde sagen: weitermachen", so der "Merkur"-Herausgeber. "Fünf Jahre sind eine irre lange Zeit, und es ist nicht so, dass alle documenten auch von denen, die dabei waren und die darüber etwas wussten, stets durchgewunken worden wären. Es gab schon ziemlich schreckliche Sachen. Deswegen das Prinzip komplett in Frage zu stellen, halte ich eigentlich für überzogen."
Und schließlich kann ja auch alles noch schlimmer kommen: "Wer weiß, wie wir über diese documenta sprechen, wenn wir die nächste sehen?"
Die ganze Sendung mit Christian Demand zum Nachhören: Audio Player
Mehr zum Thema