Der Film "My Way" ist unter anderem am 6. Dezember um 8.15 Uhr im SWR zu sehen, außerdem 30 Tage lang in der ARD-Mediathek.
"Er macht es stets auf seine Art"
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Der Komponist Helmut Lachenmann wird 85. Für die Regisseurin Wiebke Pöpel, die eine Doku über ihn drehte, ist der eigenwillige, doch sehr zugewandte Künstler ein Geschenk: Nicht nur als Musiker, auch als Mensch sei er sehr authentisch und neugierig.
Helmut Lachenmann ist der vermutlich bedeutendste lebende Komponist. Zahlreiche Orchesterwerke und die Oper "Das Mädchen mit den Schwefelhölzern" zählen zu seinem Werk. Jahrzehntelang war er aber auch einer der Umstrittensten seines Fachs. Denn seine Arbeiten experimentieren mit Geräuschen und Tönen und brechen mit sinfonischen Traditionen.
Die Filmemacherin Wiebke Pöpel porträtiert Lachenmann in ihrem Dokumentarfilm "My Way", der anlässlich seines 85. Geburtstages am heutigen 27. November entstand. Pöpel begleitete Lachenmann bei seiner Arbeit und reiste mit ihm nach Italien, wo er sich zum Komponieren gerne in ein kleines Dorf zurückzieht.
Lachenmanns Lust an der Veränderung bis ins hohe Alter, sein Drang, immer wieder Neues auszuprobieren und nicht nur ein erfolgreiches Konzept ständig zu variieren, faszinieren die Regisseurin. Daher der Filmtitel: Lachenmann gehe unbeirrbar an alles "auf seine Art" heran, sagt Pöpel.
Ein Instrument bis zum Äußersten ausreizen
Der oft zitierte Satz des gebürtigen Stuttgarters, "es geht nicht um neue Klänge, es geht um ein immer anders eingerichtetes Hören", um Hellhörigkeit im wahrsten Sinne des Wortes, ist dafür offenbar symptomatisch.
Die Möglichkeiten bestimmter Instrumente, etwa des Cellos, reize er nach eigener Aussage "bis zum Äußersten" aus – er probiere alles mit diesem Instrument "und könnte es anschließend eigentlich in die Ecke schmeißen", wie er selbst sage, berichtet die Filmemacherin.
"Auch als Mensch macht er Dinge auf seine Art – und das war für den Film sehr dankbar, weil er ein sehr authentischer Protagonist ist", schwärmt Wiebke Pöpel. "Wir haben ihn mit Sir Simon Rattle gefilmt, aber dann auch in dem Dorf in Italien, wo er immer ist und wo er Schinken kauft. Und er ist immer derselbe Helmut Lachenmann. Und das ist großartig."
Zwischen Furcht und Verlangen
Was seine Arbeiten anbelange, so griffen diese immer wieder das Motiv von Furcht und Verlangen auf. Sehr klar sei dies etwa in seinem kurzen Werk über Leonardo da Vinci, "...zwei Gefühle...", (für Sprecher und Ensemble, 1991–92) herausgearbeitet worden: Ein Wanderer schwankt darin hin und her, ob er in eine ihm unbekannte, dunkle Höhle gehen soll. "Aber er hat dieses Verlangen zu sehen, was da wohl ist. Und auch das ist für mich Helmut Lachenmann bis heute: Er probiert wirklich immer wieder was Neues aus."
So habe er vor zwei Jahren ein Stück geschrieben – ‚My Melodies‘ –, wo er zum ersten Mal mit Melodien gearbeitet habe. Und nach wie vor kenne er die Angst davor, vielleicht zu scheitern, und den Zweifel, ob seinen Auftraggebern die Komposition am Ende gar nicht gefalle.
"Und das finde ich so toll an ihm", sagt Pöpel. "Dass er diese Größe hat. Und gleichzeitig auch diese Zweifel, die alle kennen, die kreativ arbeiten."
(mkn)