Ins Leben zurückgeholt
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Markus verunglückt schwer, die Lage erscheint aussichtslos. Doch sein Bruder Michael gibt die Hoffnung nicht auf und pflegt ihn. Julia Horn erzählt in dem Dokumentarfilm "Bruderliebe" von Aufopferung, die einen hohen Preis fordert.
Markus Becker erleidet mit 45 Jahren einen Unfall: Er wird von einem Auto erfasst, mitgeschleift, prallt mit dem Hinterkopf auf einen Bordstein. Dann fällt er ins Koma. Fünf bis zehn Tage geben ihm die Ärzte. Der Vater bestellt ein Grab.
Doch Markus' Bruder Michael will die Hoffnung nicht aufgeben. Er holt Markus zu sich aus dem Saarland nach Köln, er kümmert sich den ganzen Tag um ihn, verzichtet, um ihn ins Leben zurückzuholen. Die Aufopferung zahlt sich aus: Markus lebt weiter. Doch Michael erleidet einen Herzinfarkt.
Die Regisseurin Julia Horn hat die Brüder zehn Jahre lang mit der Kamera begleitet. Entstanden ist dabei der Dokumentarfilm "Bruderliebe", der jetzt in die Kinos kommt. Für Horn ist ihr Werk eindeutig ein Liebesfilm. Michael Becker habe das auch so empfunden, sagt sie − er habe damals eine Entscheidung aus Liebe getroffen.
Ausgebrannt von der Pflege
Trotzdem verhehlt der Film nicht die Belastung, die eine solche Pflege mit sich bringt: "Es gibt durch das Hineinfühlen irgendwann das Gefühl: Man läuft wund in dem Anderen", sagt Michael im Film, spricht von einem "Ausbrennen".
Es fehle oft am Glauben, dass jemand gesund oder gesünder werden könne, sagt Horn. Es werde passiv mit Patienten umgegangen. Das habe Michael wütend gemacht. Denn Menschen wie sein Bruder bräuchten volle Aufmerksamkeit.
Julia Horn war es ein großes Anliegen, dass der Film nicht nur die private Geschichte spiegelt und erzählt, sondern die Zuschauer auch mit Fragen beschäftigt: "Wie gehen wir in Beziehungen mit Zeit um, mit Aufmerksamkeit?"
Der Film lenkt die Aufmerksamkeit auch auf die Details, dazu zählt unter anderem der genaue Blick auf Markus, auf den Ausdruck in seinen Augen: "Ich wollte, dass Markus seine Sprache bekommt", sagt Horn. Sein Medium sei sein Gesicht. Darin könne man - trotz der begrenzten Mitteilungsfähigkeit − sehr viel lesen.
(leg)