"Spätestens seit ich 18 bin, haben sie nichts mehr miteinander zu tun. Sie wohnen und arbeiten in der Nähe voneinander und begegnen sich manchmal auf dem Parkplatz, aber auch das ist oft schwierig. Ich hab mich total daran gewöhnt. Das war auch der Ursprung, diesen Film zu machen: Die zwei Welten zu zeigen, in denen ich aufgewachsen bin."
Trennungskind
Carlotta Kittel interviewt ihre beiden Eltern getrennt voneinander: Ihr Leben beginnt mit einer Sommerromanze im Westberlin der späten 80er Jahre. © Partisan Film
"Meine Eltern waren nie ein Paar"
35:27 Minuten
Die Eltern von Carlotta Kittel haben sich noch vor ihrer Geburt getrennt. 25 Jahre später begibt sich die Filmemacherin auf eine hochemotionale Zeitreise: Sie will wissen, was damals wirklich passiert ist - und bittet ihre Eltern vor die Kamera.
Der erste Satz lautet: "Meine Eltern waren nie ein Paar.” So beginnt der Dokumentarfilm von Carlotta Kittel. Zu sehen ist ein Mann mit Brille und grauem Bart, der auf einem Sofa sitzt. Er schmunzelt und sagt: “Richtig. Fast richtig. Nie nicht.” Es ist ihr Vater Christian. Im nächsten Bild ist ihre Mutter Angela zu sehen, auf einem anderen Sofa, in einem anderen Raum. Derselbe Satz. Sie überlegt kurz und sagt: “Nee. Wirklich nicht. Nee.”
Die Eltern der Filmemacherin Carlotta Kittel trennen sich noch vor ihrer Geburt. Während ihrer gesamten Kindheit und Jugend bleiben sie zerstritten, reden jahrelang nicht miteinander. Carlotta wächst in getrennten Welten auf - mit Wahrheiten, die sich widersprechen. Vater und Mutter haben jeweils ihre eigene Version der Geschichte. Bis Carlotta Anfang 20 beschließt, einen Film zu drehen.
Sommerromanze im Westberlin
Sie interviewt ihre beiden Eltern getrennt voneinander. Zu Beginn ist der Ton freundlich, beinahe versöhnlich: Eine Sommerromanze im Westberlin der späten 80er Jahre.
Doch schon bald beginnen die ersten Unstimmigkeiten: Gab es ein Gespräch, in dem Christian klar sagte, dass er sich nichts Ernsteres vorstellen kann? Hätte er spüren müssen, wie verliebt Angela in ihn war? War die Schwangerschaft heimlich geplant? Und vor allem: Wer ist verantwortlich dafür, dass sich Carlotta und ihr Vater damals nach einem Streit ein ganzes Jahr nicht gesehen haben?
Bei Plus Eins erzählt Carlotta Kittel von heiklen Gesprächsmomenten während der Dreharbeiten, ihrer Doppelrolle als Filmemacherin und Tochter und warum sich das Projekt am Ende für sie und auch für ihre Eltern gelohnt hat: Sie habe ihre Eltern in einen Dialog gesetzt, dadurch sei es ihr gelungen, “dass ich es ein Stück weit von mir abschütteln kann.”
Der Dokumentarfilm "ER SIE ICH" ist im Streamingdienst oder auf DVD erhältlich.