Dokumentarfilm "My Life Is a Gunshot"

Wenn ein Schuss das Leben prägt

12:51 Minuten
Ein Mann hält oberkörperfrei einen Spiegel vor sich, seine rechte Hand fasst an den Hinterkopf.
Einblick in das Leben eines Noise-Künstlers: Sieben Jahre wurde Joke Lanz für die Dokumentation "My Life Is a Gunshot" gefilmt. © Outside the Box
16.01.2020
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Der Tonkünstler Joke Lanz wurde durch den Suizid seines Vaters geprägt – auch musikalisch. Der befreundete Regisseur Marcel Derek Ramsay hat Lanz über sieben Jahre mit der Kamera für "My Life Is a Gunshot" begleitet.
"Das war sehr einschneidend in meinem Leben. Ich war 13 Jahre alt und habe den Schuss gehört", berichtet Joke Lanz über den Suizid seines Vater. "Dieses Geräusch – dieser Schuss, dieser Knall, der das Leben meines Vaters durch seine eigene Hand ausgelöscht hat, das ist lange in meinem Kopf geblieben – bis heute." Als er mit Musik angefangen habe, habe das eine sehr große Rolle gespielt, erläutert Lanz. "Das ist ein Signalton, der musikalisch ganz viel bei mir beeinflusst hat."

Die Geburt des Sohnes

Immer wieder hat der Künstler den Suizid seines Vaters in seinen Arbeiten verarbeitet. "Ich glaube, in einem so kurzen Geräusch wie dem Schuss, kann sehr viel drin liegen. Da kann eine ganze Welt drin liegen. Das kann etwas auslösen und bewirken. Ich habe versucht, es in eine positive Energie umzuwandeln. Ich werde immer wieder auf dieses Ereignis zurückgeworfen."
Ein anderes – ein positives – Ereignis sei dagegen die Geburt seines Sohnes gewesen, sagt Lanz. Dieses habe sein Leben stark bestimmt. "Beide Ereignisse waren sehr prägend für mich" und seien dann in die Arbeit des Künstlers eingeflossen. Daran erinnert auch der Name der Band des Schweizer Musikers. "Sudden Infant", zu deutsch "Plötzlicher Kindstod".
Regisseur Marcel Derek Ramsay hat die Dokumentation "My Life Is a Gunshot" gedreht, die heute in Berlin gezeigt wird. Ramsay und Lanz verbindet eine Freundschaft – verbindend sei unter anderem, dass sie vaterlos aufgewachsen sind. Immer wieder haben beiden auch zusammengearbeitet, wie der Regisseur berichtet. Die Entstehung des Films, der nicht durch öffentliche Gelder gefördert wurde, habe sich über mehrere Jahre hingezogen: So wurde sieben Jahre lang gedreht und weitere zwei wurde daran geschnitten. Dann gab es den Moment, wo klar war, dass die Dokumentation fertig sei, berichtet Ramsey.

Im Radio gelernt

Vieles in dem Dokumentarfilm sei improvisiert, sagt Ramsay. So sind unter anderem Kirchenglocken in das Material aufgenommen worden. In seinen Arbeiten setze Lanz, der sich als Turntablist bezeichnet, gern auch auf haptische Elemente wie Vinyl. Zum Spiel mit den Plattentellern sei er in den 80er-Jahren in Zürich gekommen, als er eine Radiosendung mit experimenteller Musik gemacht habe, erinnert sich Lanz. Außerdem habe er sich Techniken aus dem Hip-Hop abgeschaut.
(rzr)
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