Dome Event in Athen

Wie Kunst und Kultur Brücken schlagen

Eine syrische Frau im November 2015 in Athen
Eine syrische Frau im November 2015 in Athen © picture alliance / dpa / Yannis Kolesidis
Von Theodora Mavropoulos |
Mehr als 100.000 Menschen kamen allein in diesem Jahr über das Mittelmeer nach Griechenland, um in die EU zu gelangen. Wie können sie Bestandteil dieser Gesellschaft werden? Dazu fand in Athen das Dome Event statt, das erste internationale Forum zu Flüchtlingsfragen und Vernetzung.
Wie können Flüchtlinge Bestandteil der Gesellschaften Europas werden, wie können sie sich integrieren? - Kunst und Kultur können dafür eine Brücke bilden. Meint etwa Yolanda Markopoulou:
"Ich denke, dass die Kunst viel beitragen kann - besonders wenn es darum geht, Sprachbarrieren aufzubrechen und Flüchtlinge in die Gesellschaft mit einzubeziehen. Innerhalb der Malerei oder durch Körpersprache kannst du dich immer ausdrücken. Kunst ist ein gutes Mittel zur Integration in die Gesellschaft ist. Über sie können die Menschen Kontakte knüpfen und andere Leute in der Stadt kennenlernen."
Die Regisseurin Yolanda Markopoulou ist Mitgründerin von "State Athens" – einem Ensemble, das sich seit fünf Jahren mit Theater- und Kunsttherapie beschäftigt und auch für Migranten und Flüchtlinge offen ist.

"Mit den Flüchtlingen eine neue Gesellschaft aufbauen"

Auch das Online-Magazin "Solomon" bietet Einheimischen und - noch - Fremden eine Plattform, um sich über die Erfahrungen in der griechischen Gesellschaft auszutauschen. Fanis Skolias hat "Solomon" gegründet. Er ist außerdem Mitglied der griechischen Sektion von Refugees Welcome, der Freiwilligen-Initiative, die sich um die Vermittlung von Wohnraum kümmert:
"Durch Refugees Welcome Griechenland wohnte ich für einige Zeit mit einem Flüchtling zusammen. Er erzählte mir, was er für Probleme in der griechischen Gesellschaft hat. So entstand die Idee zu 'Solomon'. Es ist ja meistens so, dass unsere Gesellschaft die Flüchtlinge retten will. Hier geht es nun aber darum, durch Austausch gemeinsam mit den Flüchtlingen eine neue Gesellschaft aufzubauen."
Auch die deutsche Organisation "Kiron University" ist auf dem Podium vertreten. Kiron setzt auf sofortige Bildungsvermittlung und kooperiert mit deutschen Universitäten. Sie ermöglicht Flüchtlingen einen schnelleren Zugang zu einem regulären Studium.
Ebenfalls aus Deutschland stammt die Initiative "Über den Tellerrand kochen", in der sich Flüchtlinge als Köche betätigen: Kochen als eine der am meisten akzeptierten Formen kulturellen Austauschs soll dazu beitragen, die Individuen hinter den Begriffen Flucht und Asyl deutlich werden zu lassen. Das Podium war sich einig: Die Bezeichnung "Flüchtling" sollte ersetzt werden durch Berufsbezeichnungen wie "Kochlehrer", "Studentin", "Autor" oder "Schauspielerin".

Kinder berichten von ihren dramatischen Erlebnissen

Während die Diskussionsveranstaltungen eher spärlich besucht waren, kamen die Besucher in großer Zahl zu den Kunst-Events. Etwa zur Eröffnung in den Räumen des ehemaligen Bageion-Hotel am zentralen Omoniaplatz. Auf drei Stockwerken werden dort in crossmedialen Installationen unterschiedliche Stationen der Flucht gezeigt.
Im ersten Stock riecht es wunderbar nach verschiedenen Gewürzen, die auf einen langen Tisch geschüttet wurden und die Umrisse der jeweiligen Flüchtlingsländer abbilden. Wehmütige Musik klingt durch den ruinhaft wirkenden früheren Ballsaal – Eindrücke einer Heimat, die zurückgelassen werden musste.
In einem Raum nebenan sind Kindermöbel wie in den Zelten der Flüchtlingscamps aufgestellt. Kinder berichten auf einem Monitor von ihren dramatischen Erlebnissen.
Eine der einfachsten Installationen ist besonders eindringlich: Ein weißes Eisenbett mit weißen Laken steht mitten im Raum. Auf dem Kopfkissen liegt ein DIN-A4-Blatt mit einem Herz und einer Kerze, mit rotem Filzstift gezeichnet. Eine Frau sitzt in der Ecke und spielt Trauermusik auf einer Lyra.
Der Raum steht für die Toten, die bei der Überfahrt von der Türkei nach Griechenland ums Leben kamen. Die begehbaren Installationen sollen am eigenen Leib erspüren lassen, was die Flüchtlinge erlebt haben.

"Es soll nicht nur um die humanitäre Hilfe gehen"

Die internationale Gemeinschaft müsse endlich begreifen, dass die Flüchtlinge nun Teil unserer Gesellschaft sind und dringend damit beginnen, die Menschen zu integrieren, sagt Martha Bouriousi, die Initiatorin des Dome Events:
"Wir wollen nicht an der Stelle der ersten Hilfe - also im Ausnahmezustand - stehen bleiben. Natürlich ist es so, dass die Lage ohne diese erste Hilfe noch viel dramatischer wäre, als sie jetzt schon ist. Doch dennoch darf man dort nicht haltmachen. Denn das führt dazu, dass die Flüchtlinge in einer dauerhaften Opferrolle gehalten werden. Und das wäre zu bequem. Es soll also nicht mehr nur um die ausschließlich humanitäre Hilfe gehen, um Milch, und Kleiderspenden. Der nächste Schritt ist die Integration und das heisst, den Menschen Zugang zur Bildung, Zugang zur Arbeit, zur Gesellschaft und zur Kultur zu verschaffen."