"Ich war ein Salafist"
Mit 17 Jahren wurde Dominic Musa Schmitz zum Salafisten. Sechs Jahre war er als Muslim auf der Suche nach einem Sinn für sein Leben. Er drehte Propagandavideos und war Vertrauter des Islamistenführers Sven Lau. Schmitz schaffte den Absprung. Jetzt kämpft er gegen diese Ideologie.
Pierre Vogel: "Wie war Deine erste Begegnung mit dem Islam?"
Dominic Schmitz: "Früher habe ich nur schlecht über den Islam gedacht. Frauenunterdrückung und Terrorismus, was man halt so in den Medien hört."
Pierre Vogel: "Ja ist denn Islam nicht so?"
Dominic Schmitz: "Islam ist das genaue Gegenteil. Islam ist Frieden, Brüderlichkeit."
Dominic Schmitz: "Früher habe ich nur schlecht über den Islam gedacht. Frauenunterdrückung und Terrorismus, was man halt so in den Medien hört."
Pierre Vogel: "Ja ist denn Islam nicht so?"
Dominic Schmitz: "Islam ist das genaue Gegenteil. Islam ist Frieden, Brüderlichkeit."
Kahlrasierter Kopf, weiße Gebetsmütze, arabischer Kaftan: So sitzt Dominic Musa Schmitz in dem YouTube Video neben dem Salafisten Pierre Vogel, den Islam-Experten als gefährlichen Hassprediger einstufen. Mit gesenktem Blick spricht der getaufte Katholik darüber, weshalb er mit 17 Jahren zum Islam konvertiert ist. Das war vor elf Jahren, heute denkt Dominic Musa Schmitz anders darüber:
"Ich schäme mich nicht dafür oder bereue es, denn ich habe niemandem etwas getan in der Zeit, ich habe niemandem geschadet, es ist ein Teil meiner Vergangenheit, aber natürlich muss ich da manchmal auch schmunzeln, wenn ich mich da sehe, vor allem wie ich mich ausdrücke und was ich da teilweise erzählt habe."
Wenn sich der junge Mann mit den weichen Gesichtszügen heute das Video von früher anschaut, ruht sein Blick wohlwollend auf dem schüchternen Konvertiten. Keine Reue, keine Vorwürfe nach dem Motto: Wie konnte ich nur so naiv sein und auf die Hasstiraden der islamistischen Prediger hereinfallen.
Im Gegenteil: Er durchschaut heute genau, mit welchen Tricks sie ihn überzeugt haben. Ihn, der als 17-jähriger stark übergewichtig war, kiffte, die Schule abgebrochen hatte, sich einsam und unverstanden fühlte. Als ein marokkanischer Freund ihm vom Islam erzählte, ging er damals neugierig mit in die Moschee.
"Dann beten alle Muslime gleichzeitig dieses eine Gebet, worin man sich mit dem Angesicht zum Boden wirft, das hat für mich Hingabe symbolisiert, dass alle sich gleichzeitig im selben Moment hingegeben haben und das bedeutet Islam: Hingabe zu Gott oder an Gott - es fühlte sich warm an und ich fühlte mich willkommen und es war ein großes Ganzes."
Teil einer großen Bruderschaft
Genau das gehört zu den subtilen Taktiken der Salafisten: Teil einer großen Bruderschaft zu sein, immer Ansprechpartner zu haben, sich anerkannt zu fühlen. Dominice Musa Schmitz tauchte in Mönchengladbach ab in eine fundamentalistische Parallelwelt, voller Hass gegen alle Andersdenkenden. Sechs Jahre unterzog er sich den strengen Regeln der muslimischen Glaubensrichtung:
Kein Sex, keine Musik, fünf Mal am Tag beten. Die Suren lernte er auf Arabisch zu zitieren. Er verachtete den Staat, lebte aber von Hartz IV. Sein Vater, Leiter einer Polizeischule, seine Mutter und alte Freunde konnten nicht nachvollziehen, weshalb er Muslim geworden war.
"Natürlich haben sich meine Verwandten auch Sorgen gemacht in was für Kreise ich gerate, aber ich habe gleich gesagt: Natürlich sprenge ich mich nicht in die Luft und natürlich bleibe ich noch normal im Kopf. Gewaltbereit bin ich nie geworden, aber natürlich war ich auch nicht mehr ganz normal, was den Blick auf die Realität anbetrifft."
Schmitz schaffte den Absprung
Auf der Suche nach einem Sinn für sein Leben begegnete Dominice Musa Schmitz nicht nur Pierre Vogel, sondern auch dem Islamisten-Führer Sven Lau. Er wurde seine rechte Hand, drehte für ihn Propagandavideos, pilgerte mit ihm nach Mekka und genoss es, Teil der salafistischen Bruderschaft zu sein. Lau sitzt heute wegen Unterstützung einer islamistischen Terrororganisation in Untersuchungshaft. Dominice Musa Schmitz schaffte den Absprung.
"Irgendwann 2010 habe ich realisiert, dass alles, was mich als Mensch ausmacht, nicht mehr vorhanden ist. Dass der Salafismus mir das Denken, das Handeln und das Fühlen abnimmt. Als ich das richtig realisiert habe, als mir das so bewusst wurde, so klar, habe ich mir selber Angst gemacht, weil ich dadurch faschistische Züge hatte. Das wollte ich irgendwann nicht mehr."
Sechs Jahre lang war Dominic Musa Schmitz überzeugter Salafist. Mittlerweile hat er seinen Bart abrasiert, seine Erfahrungen in einem Buch verarbeitet. Und er spricht in einem Theaterstück darüber:
"Ich wollte der Beste sein. Da bin ich durch Mönchengladbach gegangen, mit dem strahlend weißen Gewand, mit den blauen Augen und der Gebetsmütze und ich war der Rebell. Die Stadt hat mir gehört. Ich war endlich was Besonderes und jeder hat mich anerkannt."
Gläubiger Muslim geblieben
In dem Stück am Kölner Schauspielhaus wird später deutlich, dass es den radikalen Salafisten weniger um den Glauben ging, sondern eher um Politik und Gewalt. Als Dominic Musa Schmitz seinen besten Freund, einen Nicht-Muslim, im Namen Allahs verstoßen sollte, begann er, sich Fragen zu stellen, und stieg Schritt für Schritt aus.
Dominic Schmitz ist kein Salafist mehr, aber er ist ein gläubiger Muslim geblieben - und ein überzeugter Pazifist.
Weil er die Öffentlichkeit sucht, wird er von Islamisten bedroht. Trotzdem findet er es wichtig, in Schulen zu gehen, um Jugendliche vor den subtilen Taktiken der salafistischen Menschenfänger zu warnen.
"Ich gehe nicht in die Schulen und spreche über Syrien, ich versuche denen die Entscheidung nicht abzunehmen, sondern sie dazu zu bewegen, die richtige Entscheidung zu treffen und zwar selber. Weil ich vertraue auf die Vernunft des Menschen."