Don Winslow: "City on Fire"
© HarperCollins
Botticelli in Rhode Island
Don Winslow
Übersetzt von Conny Lösch
City On FireHarperCollins, Hamburg 2022400 Seiten
22,00 Euro
Alte und neue Kämpfe: Mit „City on Fire“ startet Don Winslow eine nostalgisch gestimmte Trilogie über Gangsterfehden an der amerikanischen Ostküste in den 80ern und kündigt gleichzeitig an, ab sofort nur noch als politischer Aktivist in Erscheinung zu treten.
„City on Fire“ markiert einen Anfang und ein Ende: Er ist der Beginn einer Trilogie über Gangsterfehden in Rhode Island, wo Don Winslow selber aufwuchs, und er ist zugleich der Anfang vom Ende. Denn Don Winslow will mit dem dritten Band, der seiner Auskunft nach schon fertig ist, seine Arbeit als Schriftsteller beenden und nur noch als politischer Aktivist agieren. Winslow will verhindern, dass Donald Trump wieder zum Präsidenten gewählt wird.
Er sieht sein Land auf der Scheidelinie zwischen Demokratie und Faschismus, wie er jüngst in mehreren Interviews auf seiner Lesereise durch Deutschland betont hat. Man kann „City on Fire“ also nicht ohne dieses melancholische Gefühl lesen, das einen zwangsläufig befällt, wenn der Autor so großartiger Bücher wie „Tage der Toten“ und „Zeit des Zorns“, das als „Savages“ von Oliver Stone verfilmt wurde, sich von der Bühne der Literatur zurückzieht.
Start wie ein Gemälde
„City on Fire“ beginnt wie ein Gemälde. Man denkt an Botticellis Geburt der Venus, wenn es heißt: „Danny Ryan sieht die Frau dem Wasser entsteigen, sie taucht auf wie ein Bild aus einem Traum vom Meer.“ Diese Frau wird Ärger bringen. Die dem Wasser entstiegene Pam löst Krieg aus.
Zwischen den italienischen Morettis, die die Drogen und die Prostitution in Providence kontrollieren und den irischen Murphys, die die Gewerkschaften und die Geschäfte am Hafen unter sich haben. Liam Murphy spannt Paulie Moretti die wunderschöne Pam aus, und wie beim trojanischen Krieg, auf den immer mal wieder angespielt wird, artet alles Folgende in Mord und Totschlag aus. Obwohl Danny Ryan „nur“ der Sohn des alten, sterbenden Bandenführers ist, wird er nach dem brutalen Mord an seinem Boss neuer Chef der Iren.
Ein nostalgisches Epos über die kleinste Mafia der USA
Schießereien, ein durchgeknallter, unfähiger Sohn, Autobomben – das alles inszeniert Winslow routiniert. Handlung wird durch schnelle Sätze schneller. Modernes bricht in die Abwehrkämpfe von 1986 ein: Schwulenfeindlichkeit, Frauenemanzipation, Kooperation irischer mit schwarzen Gangstern.
Auch Dannys Zaudern und Zögern macht ihn als Helden so interessant, dass man zu fragen beginnt: Wie wird es mit diesem schwer verwundeten Mann weitergehen, dessen Bande nur noch ein kläglicher Rest ist und der seinen kleinen Sohn allein aufziehen muss? Das werden die folgenden Bände dieses nostalgischen Epos über die kleinste Mafia der USA verraten.