Die große Einsamkeit des "Rocket Man"
Bei seiner Rede vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen hat Donald Trump den nordkoreanischen Diktator Kim einen "Rocket Man on a Suicide Mission" genannt. Ein Anlass, den Song "Rocket Man" von Elton John noch einmal genauer zu analysieren.
Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un hat einen Spitznamen, den er vermutlich nie gewollt hat: "Rocket Man". Verpasst hat ihm den US-Präsident Trump - der Kim jetzt selbst vor der Vollversammlung der UNO als Raketenmann titulierte.
Popkulturell weist Trumps Zitat rund 45 Jahre zurück. 1972 sang Elton John vom "Rocket Man" - ein melancholisches Lied über einen Astronauten, der weit weg von zu Hause durch ferne Welten schwebt.
Der Musikkritiker Jens Balzer sagte im Deutschlandfunk Kultur, der Song habe damals gut in die Zeit gepasst - denn ab jetzt wurde nicht mehr so optimistisch in die Zukunft geblickt. Die Mondlandung drei Jahre zuvor sei zwar die Erfüllung aller "Science-Fiction-Wünsche" gewesen, sagte Balzer - aber danach stellte sich dann die Einsicht ein, dass es zwar bis zum Mond, aber nicht darüber hinaus gehe.
Die schweigende Mehrheit übernimmt wieder
"Das hat schon so viel Energie aufgefressen, alles andere ist völlig undenkbar, von fernen Galaxien ganz zu schweigen, das ist eine große Enttäuschung, die sich da durchsetzt", sagte Balzer. Auch mit den Hippies sei es vorbei gewesen, das Civil-Rights-Movement zerfällt in seine Einzelteile. Und die schweigende Mehrheit übernimmt wieder die Hoheit im gesellschaftlichen Diskurs.
"Eigentlich sind wir wieder in der gleichen Situation wie 1970", findet Balzer. Die Desillusionierung und das Gefühl, etwas zu verlieren, was man eigentlich schon mal erreicht hatte: "Das ist identisch."
Viele Cover von "Rocket Man"
"Rocket Man" wurde später vielfach gecovert, unter anderem von Kate Bush und in einer besonders irren Version auch von William Shatner, dem Kommandanten der "Enterprise", der beim Singen unablässig rauchte:
Im vergangenen Jahr entstand dann sogar noch ein Video zum Original von Elton John. Autor ist der Iraner Majid Adin, der als Flüchtling nach Europa kam, lange im "Dschungel von Calais" lebte und dann Asyl in Großbritannien bekam. Adin schildert einen Teil seiner eigenen Geschichte in dem Video - und übersetze dabei die Einsamkeit des Astronauten in die Einsamkeit des Flüchtlings, sagte Balzer.
(ahe)