Ein Präsident benutzt die Fäuste
Donald Trump führt einen Krieg gegen die US-Medien und zieht inzwischen alle Register. Öffentlich mag ihn kaum noch jemand verteidigen - was bei Trump aber nicht zum Umdenken zu führen scheint. "Die Ausrutscher sind so eklatant, dass man sich kaum mehr eine Eskalation vorstellen kann", meint unser Korrespondent Thilo Kößler.
Dieter Kassel: Es gibt nur eine Gruppe von Menschen, die Donald Trump noch mehr verachtet als Journalisten generell, und das sind Journalisten, die für CNN arbeiten.
Von diesem Sender fühlt sich Trump besonders ungerecht behandelt und besonders verfolgt, und deshalb hat er am Wochenende per Twitter ein Video verbreitet, auf dem man sieht, wie er, Trump, gegen einen Mann kämpft, auf diesen Mann am Ende auch einschlägt, als er am Boden liegt, und das Gesicht des Mannes ist die ganze Zeit verdeckt von einem großen CNN-Logo. Das hat nun selbst für Trump-Tweet-Verhältnisse ziemlich viel Wirbel in den USA verursacht, dieses Video, und deshalb wollen wir über die Reaktionen darauf und über die Hintergründe jetzt mit unserem Korrespondenten in Washington, mit Thilo Kößler reden. Schönen guten Morgen, Herr Kößler!
Thilo Kößler: Schönen guten Morgen, Herr Kassel!
Kassel: Ist das tatsächlich in den USA, von einigen zumindest, als Aufruf zur Gewalt gegen Journalisten gewertet worden?
Kößler: Ich habe, ehrlich gesagt, nur eine verhaltene Stimme gehört, die versucht hat, Donald Trump in Schutz zu nehmen. Aus dem republikanischen Lager hat sich Tom Bossert zu Wort gemeldet. Tom Bossert ist Trumps Berater für Heimatschutz im Weißen Haus, und er hat gesagt, Donald Trump werde, so wörtlich, von den Medien so verprügelt, da habe er das Recht, sich zu verteidigen. Das war die einzige Stimme der Verteidigung, die ich gehört habe.
Die Reaktionen auf Trump sind vernichtend
Ansonsten, in der Tat, nur vernichtende Urteile. Bruce Brown von der Journalistenvereinigung Reporters Committee for Freedom of the Press, hat gesagt, mit diesem Video werden Journalisten mit körperlicher Gewalt bedroht. Ähnlich hat sich Nancy Pelosi geäußert, die demokratische Fraktionschefin im Abgeordnetenhaus.
Ein sehr prominenter Journalist, David Corn, hat getwittert: 'Das ist krank, das ist verstörend, das ist pathologisch, das ist gewalttätig, das ist autoritär', und auch republikanische Senatoren sind auf Distanz gegangen. Ben Sasse zum Beispiel aus Nebraska – nein hat er gesagt, es gibt einen Unterschied zwischen einer angemessenen Antwort auf Kritik und so einer Hassbotschaft.
Und Lee Zeldin aus New York meinte, das Verhalten ist eines Präsidenten absolut nicht würdig. Donald Trump nehme noch immer nicht die Vorbildfunktion ein, die ein Präsident eigentlich einnehmen müsste. Er wüsste nicht, was er eigentlich seinen Kindern sagen sollte zur Erklärung, wenn sie dieses Video sehen.
Kassel: Zu dem Video gab es auch einen begleitenden Text, wo Trump jetzt, so tut er selber, beschlossen hat, CNN "FNN" zu nennen, das "Fraud News Network", also das Betrugsnachrichten-Netzwerk. Wie hat denn CNN selbst darauf reagiert?
Kößler: CNN hat eine Erklärung abgegeben, und zwar ziemlich schnell, als offizielle Stellungnahme. Dort hieß es, das sei ein trauriger Tag, wenn der Präsident der Vereinigten Staaten Gewalt gegen Journalisten fördert – also auch da ist wieder dieses Motiv zu hören.
CNN wirft Trump unreifes Verhalten vor
Anstatt sich auf seine Reise vorzubereiten, auf sein erstes Treffen mit Wladimir Putin auf dem G20-Gipfel nächste Woche in Hamburg, lege Donald Trump ein unreifes Verhalten an den Tag, heißt es bei CNN, das liege weit unter der Würde seines Amtes. Die Stellungnahme endet mit den Worten: Wir machen unseren Job, aber der Präsident sollte jetzt auch endlich damit anfangen.
Kassel: Hat denn Donald Trump selbst, nachdem er nun dieses Video mit Begleittext abgesetzt hat, überhaupt noch selbst irgendetwas dazu gesagt?
Kößler: Nein, er hat sich heute dazu nicht mehr geäußert, aber er hat am Samstagabend eine Rede gehalten in Washington vor ausgerechnet Veteranen. Und er hat gesagt, die 'Fake News', also die 'Lügenpresse', habe verhindern wollen, dass er ins Weiße Haus einzieht. Jetzt sei er Präsident, und nicht sie. Und im Übrigen wüssten die Menschen schon zu unterscheiden, was richtig und was falsch ist. Ich habe das jetzt im Rückblick so interpretiert, dass er gewissermaßen für seinen Tweet da schon ein Sprungbrett gebaut hat.
Kassel: Ist das eine Art Krieg gegen die Medien, den er ja grundsätzlich führt? Es ist ja erst wenige Tage her, da hat er die Frühmoderatoren eines anderen Nachrichtensenders schwer beleidigt. Ist das jetzt ein Höhepunkt, das vorläufige Ende des Krieges, oder fängt er gerade erst an?
Kößler: Man weiß nicht, wohin das noch führen wird, denn die Ausrutscher sind ja nun so eklatant, dass man sich kaum mehr eine Eskalation vorstellen kann.
Er hat nicht nur CNN ins Visier genommen, sondern in der Tat auch MSNBC, die Sendung 'Morning Joe'. Das ist insofern ganz bezeichnend, als die beiden Moderatoren gute Bekannte von ihm sind. Da ist Joe Scarborough, er ist Republikaner, ein ehemaliger Abgeordneter. Sie ist Demokratin, die Tochter vom ehemaligen Sicherheitsberater Zbigniew Brzezinski. Und er hat Donald Trump auch im Wahlkampf unterstützt, sogar beraten, und er ist immer mehr auf Distanz gegangen.
Trump als krank und gestört bezeichnet
Beide haben sich schließlich über Trump zunehmend lächerlich gemacht im Zusammenhang mit den gefälschten 'Time'-Titelbildern, die ihn auf der Front Page zeigen und die in seinen Hotels hingen. Und sie gingen weiter und haben Trump immer wieder als krank und als gestört bezeichnet, als völlig ungeeignet für das Amt, und da, in dieser Situation hat Donald Trump ganz furchtbar zurückgeschlagen, hat Scarborough als 'Psycho Joe', also als Psychopathen-Joe beschimpft, und Mika Brzezinski als minderbemittelt und mit sehr geringem IQ ausgestattet.
Und das hat das Zeug zur weiteren Eskalation, Herr Kassel, denn beide Moderatoren behaupten nun, das Weiße Haus habe sie erpressen wollen. Wenn sie sich beim Präsidenten für ihre Kommentare bei MSNBC entschuldigen würden, dann würde Trump eine Skandalgeschichte über die beiden im 'National Enquirer' verhindern, das ist der Vorwurf, und man darf gespannt sein, wie das weitergeht. Aber es scheint wirklich sich immer mehr zu einer ganz schmutzigen Affäre auszuweiten. Und der Krieg ist wirklich dazu angetan, das Klima in diesem Land ganz massiv zu verschärfen.
Kassel: Thilo Kößler live aus Washington, vielen Dank für den Stand der Dinge, was diesen Krieg angeht, den Krieg – und so kann man es, glaube ich, wirklich tatsächlich inzwischen nennen, von Donald Trump gegen zahlreiche Medien in den USA.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandfunk Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.