Kristine Bilkau: "Nebenan"
Luchterhand, München 2022.
288 Seiten, 22 Euro
Unsere Rezension
Unser Gespräch mit Kristine Bilkau
Jan Brandt: "Ein Haus auf dem Land/ Eine Wohnung in der Stadt"
Dumont Buchverlag, Köln 2019
424 Seiten, 24 Euro
Unser Gespräch mit Jan Brandt
Judith Hermann: "Daheim"
S. Fischer, Frankfurt 2021
192 Seiten, 22 Euro
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Unser Gespräch mit Judith Hermann
Lisa Kreißler: "Schreien und Flüstern"
Mairisch Verlag, Hamburg 2021
224 Seiten, 20 Euro
Lola Randl: "Der große Garten"
Matthes und Seitz, Berlin 2019
320 Seiten, 22 Euro
Unsere Rezension
Unser Gespräch mit Lola Randl
Juli Zeh: "Über Menschen"
Luchterhand, München 2021
416 Seiten, 22 Euro
Unsere Rezension
Verena Güntner: "Power"
Penguin Verlag, München 2020
254 Seiten, 12 Euro
Unsere Rezension
Unser Gespräch mit Verena Güntner
Christoph Hein: "Guldenberg"
Suhrkamp, Berlin 2021
284 Seiten, 23 Euro
Unsere Rezension
Unser Gespräch mit Christoph Hein
Angelika Klüssendorf: "Vierunddreißigster September"
Piper Verlag, München 2021
224 Seiten, 22 Euro
Unsere Rezension
Björn Kern: "Solikante Solo"
Fischer Taschenbuch, Frankfurt/M 2021
336 Seiten, 16 Euro
Kerstin Preiwuß: "Nach Onkalo"
Berlin Verlag, Berlin 2017
240 Seiten., 20 Euro
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Unser Gespräch mit Kerstin Preiwuß
Saša Stanišić: "Vor dem Fest"
btb Taschenbuch, München 2015
320 Seiten., 10 Euro
Unser Gespräch mit Saša Stanišić
Boom des Dorfromans
Gasthof Zur Eisenbahn in Ringenwalde, Amt Gerswalde: Lola Randl ist nach Gerswalde in der Uckermark gezogen, dort spielt auch ihr Roman. © imago images / Lars Reimann
Aus Not und Sehnsucht raus aufs Land
08:49 Minuten
Die deutsche Gegenwartsliteratur beackert ein neues Feld mit erstaunlicher Intensität: das Dorf und das Leben auf dem Lande. Unsere Kritikerin Katharina Teutsch ahnt, wie es dazu kam.
Immer mehr deutsche Autorinnen und Autoren schreiben über das Leben auf dem Land, das Dorf. Juli Zeh hat mit „Unterleuten“ wohl den Anfang gemacht. Inzwischen spielen immer mehr Romane abseits der Metropolen und Städte, wie unsere Kritikerin Katharina Teutsch festgestellt hat.
Erste Vorboten machte sie aus, als sich manche Autoren nach den Berlin-zentrierten Nuller-Jahren - in denen jeder und jede auf dem Klappentext angab, in der Hauptstadt zu leben - neu verorteten. Plötzlich fingen viele an, stolz andere ost- und westdeutsche Herkunftsorte zu benennen. Auch Orte in Österreich oder der Schweiz waren dabei.
Abschied aus Berlin
Das sei zum einen dem Verblassen Berlins als Ort der Freiheit und der günstigen Mieten geschuldet, meint Teutsch: "Berlin war billig, Berlin war halb zerstört, Berlin wollte von Künstlern aufgebaut, verschönert und eben darin auch beschrieben werden", sagt sie rückblickend: "Das gab es in Westeuropa kein zweites Mal."
Doch die Möglichkeiten des Unfertigen gebe es nun nicht mehr. Jan Wagner, der keine Wohnung mehr in Berlin findet, spielt damit in seinem Doppelroman „Ein Haus auf dem Land/Eine Wohnung in der Stadt“.
Zum anderen macht Teutsch bei den Autorinnen und Autoren in einer Zeit der Umbrüche und aufwallenden Krisen eine Sinnsuche aus:
„In ganz vielen der neuen Dorfromane spielt die Gewissensfrage eine ganz große Rolle: Wie wollen wir in Zukunft leben? Wie können wir ein nachhaltiges Leben führen? Wir können wir in all dem Stress, den unser marktförmiges und hyperindividuelles Leben uns beschert, überhaupt noch im Einklang mit unseren natürlichen Bedürfnissen sein? "
Gewissens- und Zukunftsfragen
In den neuen Romanen von Kristine Bilkau ("Nebenan") und Juli Zeh ("Über Menschen") geht es um Umweltaktivisten, und auch in Lola Randls "Der große Garten" ist die Suche nach Sinn und nach Erdung im Unterschied zum unsteten Stadtleben evident.
Teutsch hebt eine Episode bei Randl hervor, in der ein junger Mann plötzlich in Gerswalde, wo der Roman spielt, auftaucht. Er will als Knecht arbeiten. “Da weiß man, wo man hingehört“, erläutert Teutsch die Motive der Figur: „Da kennt man seinen Platz.“
Sehnsucht nach Einfachheit
Teutsch erwähnt auch Heike Geißlers Roman "Die Woche", der für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert ist. Das Buch sei zwar kein Dorfroman, in ihm würden aber auch all die Fragen thematisiert, die der Dorfroman stelle: "die Fragen nach dem richtigen Leben, nach einem nachhaltigen, schönen und vor allen Dingen bezahlbaren Lebensstil."
Das spiegele sich auch in der Sprache und den Titeln der Bücher, die geradezu "hysterisch unaufgeregt" seien, betont die Kritikerin:
„Der neue Dorfroman lebt stilistisch von der Einfachheit der Lebensform, die er beschreibt. Alles bleibt Unterbetonung. Die Sprache ist bewusst unkünstlich, einfach, direkt, ohne Kapriolen und Ornament, teilweise fast beiläufig, so wie hingetupft."