Douglas E. Winter: "Run"
Aus dem amerikanischen Englisch von Peter Mehler
Luzifer Verlag, Drensteinfurt 2018
350 Seiten, 13,95 Euro
Ein Höllentrip endet im Gewaltexzess
Es geht um Waffenhändler, Banden und eine riesige Verschwörung: Douglas E. Winter legt mit "Run" nicht nur einen temporeichen Krimi vor, sondern beschreibt auch in drastischen Bildern, wie Gewalt eine Gesellschaft korrumpiert.
"Burdon Lane lebt den amerikanischen Traum" ist auf dem Umschlagstext zu Douglas E. Winters "Run" zu lesen. In diesem Satz steckt schon die Perfidität, die das gesamte Buch auszeichnet: Burdon Lane ist nämlich im Waffengeschäft. Er liefert an Geschäfte und willige Käufer, sorgt dafür, dass alles ordentlich abläuft. Die Legalität von Waffenkäufen und -verkäufen liefert den idealen Deckmantel für allerhand illegale Geschäfte. Nicht jeder Bedarf lässt sich legal stillen. Dann kommt, was kommen muss: der Deal, der seinen Lebenstraum platzen lässt. Plötzlich ist Burdon Lane auf der Flucht. An seiner Seite ein anderer Gangster, Jinx, eigentlich ein Angehöriger einer anderen Gang. Afroamerikaner. Nach den üblichen Spielregeln in dem Gang-Waffen-Geschäft sind sie keine Verbündeten. Aber sie sollten beide übers Ohr gehauen werden. Von ihren Auftraggebern. Von offiziellen Stellen. Und sie sind wütend, gerissen und zu allem bereit.
Vorurteile, Hass und Rassismus
Von der ersten Seite an etabliert Douglas E. Winter in "Run" die sehr eigene, ausgeprägte, distinktive Stimme seines Ich-Erzählers Burdon Lane. Knackige, trockene Sprüche und genaue Beobachtungen treffen auf eine Neigung zu Aufzählungen. Der erste Satz: "Wir knöpfen uns also diesen Dickie-Mullen-Typen vor, und dieser Kerl ist der typische Eigentümer eines Waffenladens in der Vorstadt, quatscht ununterbrochen über die Verteidigung von Haus und Hof und die Jagdsaison, hat überall Ausgaben der "Guns & Ammo" und der "Solder of Fortune" herumliegen, verkauft beschissene 38er an besorgte Ehemänner und Hausfrauen, und hält die ganze Zeit über Reden, als er Rot, Weiß und Blau herausgeputzt, in der gottverdammten Flagge." Fast ein stream of consciousness, bei dem Burdon Lane aber niemals vergisst, dass er seine Geschichte gerade erzählt. Er erinnert sich regelrecht daran, dass er Hintergründe und Einordnungen liefern muss, während Fakten über die Vorzüge und Nachteile von Waffen und Gang-Kollegen heruntergerattert und Dialoge fast direkt wiedergegeben werden.
Dieser bestechende Erzählstil zieht unmittelbar in die Geschichte, in der sich innerhalb von 24 Stunden eine riesige Verschwörung entfaltet - die gar nicht unwahrscheinlich wirkt: Aus dem vermeintlichen Waffendeal wird ein Komplott, bei dem ein afroamerikanischer Bürgerrechtler ermordet wird. Der Tatort wird manipuliert, so dass der Eindruck entstehen soll, dass eine afroamerikanische Gang die Kontrolle verloren hat und verantwortlich ist. In diese Manipulation verbinden sich Vorurteile und Hass gegen Afroamerikaner mit Waffen und der Rassismus sowie die Diskussionen über Gewalt sind so gegenwärtig, dass es erstaunt, dass das Buch in den USA bereits im Jahr 2000 erschienen ist.
Dieser bestechende Erzählstil zieht unmittelbar in die Geschichte, in der sich innerhalb von 24 Stunden eine riesige Verschwörung entfaltet - die gar nicht unwahrscheinlich wirkt: Aus dem vermeintlichen Waffendeal wird ein Komplott, bei dem ein afroamerikanischer Bürgerrechtler ermordet wird. Der Tatort wird manipuliert, so dass der Eindruck entstehen soll, dass eine afroamerikanische Gang die Kontrolle verloren hat und verantwortlich ist. In diese Manipulation verbinden sich Vorurteile und Hass gegen Afroamerikaner mit Waffen und der Rassismus sowie die Diskussionen über Gewalt sind so gegenwärtig, dass es erstaunt, dass das Buch in den USA bereits im Jahr 2000 erschienen ist.
Ein sehr politischer Krimi
Immer mehr zieht das Tempo an, getrieben von der zunehmenden Panik und steigenden Adrenalinpegel des Erzählers. Es gibt viele Twists und Wendungen, zahllose Figuren, die aber stets gut gezeichnet sind – und alles mündet in einem Gewaltexzess, in dem keine Psychologie mehr nötig ist. Mit seinem bisher einzigen Roman hat sich Douglas E. Winter - der von Beruf eigentlich Anwalt ist - in die Riege von Elmore Leonard und Ross Thomas geschrieben. Waffenhandel und Gewalt korrumpieren eine Gesellschaft. Das ist mehr als klar am Ende dieses rasanten, sardonischen und sehr politischem Buchs.