Dramatischer Abgang

Von André Sittner |
Der italienische Stardirigent Riccardo Chailly hat das Amt des Generalmusikdirektors der Leipziger Oper niedergelegt. Sein Vertrag als Gewandhauskapellmeister wurde von der Stadt jedoch verlängert. Als Grund für den Rücktritt gab Chailly eine zu starke persönliche Belastung durch zwei Führungsämter an.
"Wird Riccardo Chailly nun mit Wirkung vom 31. Mai sein Amt als Generalmusikdirektor aufgeben und sich verstärkt dem GWH-Orchester widmen."

Nur mit einem Nebensatz stand es auf der Presseerklärung der Stadt, und mit nur einem Nebensatz sagte es auch Leipzigs Oberbürgermeister Burckhardt Jung. Riccardo Chailly ist nicht mehr Generalmusikdirektor der Oper Leipzig. Er selbst hat seinen Hut genommen, zu lange gärte es offenbar schon in ihm:

"Die letzte Zeit an der Oper war nicht ideal, Personalentscheidungen hatte ich nicht erwartet, aber wichtiger ist das GWH-Orchester, mit dem ich eine sehr gute Beziehung habe."

Riccardo Chailly will sich in Zukunft mehr dem Gewandhausorchester widmen, den Klangkörper an die Weltspitze führen, mit vielen Tourneen und Plattenaufnahmen auf sich aufmerksam machen. Da bleibt keine Zeit mehr für die Oper, so Chailly - oder doch zumindest zu wenig. Also besser den Weg frei machen für einen Neuanfang.

Leipzigs Oberbürgermeister Burckhardt Jung sieht dennoch in der Bestellung Chaillys zum Musikchef der Oper keinen Fehler.

"Das war kein Fehler, man musste aber jetzt Klarheit schaffen. Unterschiedliche Einschätzungen von künstlerischen Konzepten und persönlicher Belastung. Jetzt gibt es Zukunftsperspektive für das Gewandhaus."

Wie die Zukunftsperspektive allerdings für die Oper aussieht, ließ Burckhardt Jung offen. Der Schnitt zieht sich nun zwischen den beiden, sich gegenüberstehenden Häusern entlang.

Das auch fehlendes Geld, eine gewissen Konzeptlosigkeit und nicht zuletzt die ausufernden Personalquerelen der letzten Zeit rund um den neuen Chefregisseur Peter Konwitschny eine Rolle für seinen Abgang spielen, wollte Chailly nicht kommentieren, stattdessen verwies er auf die Kritik, er selbst habe sich zu rar gemacht an Leipzigs Oper:

"Das war eine Diskrepanz von Anfang an. Das war aber mit dem alten Oberbürgermeister so vereinbart, dass erst eine Produktion pro Spielzeit dirigiert wird, und wenn es gut läuft dann mehr, aber es lief nicht gut."

Mangelnde Präsenz als Grund für den Rücktritt, damit hatte nun heute wirklich niemand gerechnet. Doch es ist, wie es ist, und Chailly ist ab morgen "nur" noch Gewandhauskapellmeister. Als solcher wurde er jedoch von Oberbürgermeister Jung für weitere fünf Jahre willkommen geheißen:

"…freut sich, dass Chailly bis 2015 bleibt."

Wie es auf der anderen Seite von Leipzigs Augustusplatz, in der Oper, weitergeht, dürfte Chailly nun kaum noch interessieren. Zwar will er wohl dann und wann dirigieren, wann ließ er aber offen.

Und dann ging er doch noch auf den neuen Hoffnungsträger an der Oper, Peter Konwitschny, ein, wenn auch nur indirekt:

"Es gibt einen Trend zum Experimentieren. Doch die Oper ist kein Ort zum Experimentieren, dafür gibt es spezielle Häuser."