Drei Einsame im Berliner Großstadt-Sumpf

"U5" ist ein lakonisch erzählter Roman über drei einsame Menschen im Berliner Großstadt-Sumpf. Durch wechselnde Erzählperspektiven entsteht ein Mosaik von Gedanken, Wünschen, Hoffnungen. Auf ganz unprätentiöse Weise hat sich der gebürtige Luxemburger Pol Sax in diesem Roman mit den philosophischen Themen Tod und Schuld auseinandergesetzt.
Paul stellt mit obsessiver Leidenschaft Figuren aus Lehm her, die er "Lehmänner" nennt. Barbara schläft mit fremden Männern, damit sie die Arztkosten ihres kranken Bruders bezahlen kann. Und Heinrich bewegt sich ziellos durch die Stadt und hört auf die Stimmen, die ihn verfolgen.

"U5" ist ein lakonisch erzählter Roman über drei einsame Menschen im Berliner Großstadt-Sumpf. Paul und Barbara werden ein Liebespaar, Heinrich und Barbara werden enge Freunde. Eine merkwürdige Dreiecksgeschichte entsteht, die ihre subtile Sprengkraft fast schleichend entwickelt und in einem überraschenden Schluss lautlos explodiert.

So sehr sich die drei Figuren auch voneinander entscheiden, so präsent ist doch ein alles verbindender roter Faden in diesem Roman: der Tod. Paul, freischaffender Künstler, lebt mehr schlecht als recht mit dem Trauma und der Schuld am tödlichen Unfall seiner schwangeren Frau Tina.

Barbara, sein viele Jahre vermisster "Tina-Ersatz", lebt mit der Angst vor dem Tod ihres geliebten kleinen Bruders. Er stirbt trotz aller neuen Behandlungsmethoden, die sie mit dem Verkauf ihres Körper finanzieren wollte. Der verwirrte Heinrich schließlich bewegt sich selbst permanent an der Grenze zum Tod.

Die Stärke des Romans "U5" liegt darin, dass der leicht melodramatische, über-konstruierte Inhalt durch einen lapidaren, fast schon schnoddrigen Erzählton gebrochen wird, durch die einfachen Worte der drei Protagonisten aus der Ich-Perspektive, die jeweils nach zwei bis drei Seiten wechselt.

So entsteht ein Mosaik von Gedanken Wünschen, Hoffnungen, die je nach Erzähler rotzig, poetisch, abgeklärt oder auch verzweifelt klingen. Aber auch Ironie und Humor sind im Spiel. Pauls putzige Lehmänner zum Beispiel sind mehr als nur ein witziges Detail. Sie verweisen auf ein großes Vorbild für den Sound dieses Berlin-Romans: Sven Regeners "Herr Lehmann".

Es war das erste Buch, so erfährt der Leser von Paul, das ihn nach langem Trauern wieder aufheitern konnte. "U5" spielt allerdings nicht in Kreuzberg, sondern im Friedrichshain, und die Titel gebende U-Bahnlinie nimmt erst auf den letzten Seiten ihre zentrale Rolle ein. Und auch sonst überwiegen die Unterschiede zu Regeners Roman.

Der gebürtige Luxemburger Pol Sax, der in Heidelberg und Brüssel Philosophie studiert hat und viele Jahre Barmann war, hat sich in seinem lesenswerten Roman mit den philosophischen Themen Tod und Schuld auf ganz unprätentiöse Weise auseinandergesetzt.

Rezensiert von Olga Hochweis

Pol Sax: U5,
Roman,
Elfenbein Verlag, Berlin 2008,
172 Seiten, 19,00 Euro