Oft ist es auch sehr rau. Oft ist es brutal.
Berg-Drama "Drei Winter"
Marcos und Annas Liebe ist behutsam und schön – zunächst... © Grandfilm
Szenen einer Ehe
10:31 Minuten

"Drei Winter" erntete bei der Berlinale Lob und wird Schweizer Kandidat für den Auslands-Oskar. Regisseur Michael Koch erzählt, was ihn zu der Geschichte inspiriert hat, welche Wirkung die Landschaft auf ihn hatte und welche Bedeutung der Chor hat.
„Es ist bestimmt eine andere Seherfahrung, die man mit so einem Film macht als mit einem klassischen Oskar-Film“, sagt Regisseur Michael Koch. Er habe sich aber sehr gefreut, dass die Schweiz den Film für den Auslands-Oskar ausgewählt hat.
Er sei vor einiger Zeit in New York und L.A. gewesen und habe versucht, den Amerikanern das Steinegucken nahezubringen, mit dem der Film beginnt, wie er erzählt. „Da braucht man etwas Geduld.“
Recherche in entlegenen Tälern und Dörfern
„Ich habe vor vielen Jahren eine junge Frau getroffen in einem entlegenen Bergdorf in der Schweiz“, erzählt Michael Koch. Sie habe ihm von ihrem Mann erzählt, der sich aufgrund eines Tumors stark in seiner Persönlichkeit verändert habe. „Ich war sehr berührt von der Art und Weise, wie sie mit diesen Veränderungen umgegangen ist.“
Die innere Ruhe und Gelassenheit der Frau habe ihn seither nachhaltig beschäftigt. „Ich wollte dem auf den Grund gehen: Woher nimmt sie diese Kraft, diese Gelassenheit, dem doch heftigen Schicksal etwas entgegenzuhalten?“
Die eher dokumentarische Recherche habe ihn die entlegenen Täler und Dörfer geführt. Er sei in Ställen gewesen, in Küchen und auf Alpen und habe gemerkt: „Neben der Geschichte sind es eigentlich diese Leute, die mich interessieren.“ Dieser Ort, wie da gelebt wird, auch im Verhältnis zur Natur.
Der Ort, an dem wir geboren sind, wo wir uns aufhalten, präge uns natürlich, sagt Koch. „Gerade so ein Ort, wo die Natur sehr unmittelbar zu spüren ist und sehr stark.“ Das habe auch einen Einfluss darauf, wie wir uns in schwierigen Situationen verhalten, glaubt der Filmemacher.

Großartige Kulisse: Die Schweizer Bergwelt ist Schauplatz des Dramas. © Grandfilm
In der Bergwelt sei mehr als anderswo spürbar, „dass man eben nicht alles unter Kontrolle“ haben kann, meint er. Schneelawinen, Felsstürze, starke Wetterumbrüche – all das präge das Bewusstsein der Menschen vor Ort, dass man sich damit abfinden muss.
„Das ist eine sehr prägende Erfahrung. Die hat mich interessiert, und der bin ich nachgegangen.“
Der Chor als gliederndes Element
Durch die Laiendarsteller und die Drehorte sei der Film stark im Dokumentarischen verwurzelt, sagt Koch. Dem habe er eine fiktionale Geschichte und eine klare formale Gestaltung gegenüberstellen wollen. Der Chor sei ein Element, das die Geschichte unterteilt und sie auch als Geschichte lesbar macht.

Setzt auf Laienschauspieler: Regisseur Michael Koch. © Bernhard Keller
„Natürlich wollte ich meine Geschichte in einer Bergwelt ansiedeln, die interessanter ist als das Postkartenbild, was viele im Kopf haben“, sagt Regisseur Koch. Das Leben in den Bergen sei selten einfach nur schön.
Die Hänge sind steil, die Arbeit ist hart. Ein solcher Ort strahle eine andere Energie aus als ein schmuckes Bergdorf. „Ich glaube, dadurch ist das Verhältnis zu dem Land, das bestellt wird, sehr intensiv.“
(ros)