Shoppen gegen Pegida
Montags kommt in Dresden außer Demonstrationen kaum noch jemand in die Stadt - Umsatzrückgänge bis zu 80 Prozent. Jetzt haben Händler und Gastronomen die Aktion "Dresden geht aus" ins Leben gerufen, dadurch sollen die Dresdner wieder angelockt werden.
"In die Fast Fashion-Ausstellung heute bei freiem Eintritt ..."
"Also brauchen wir keine Karte?"
"Gar nichts, Sie können einfach hineingehen."
Freier Eintritt in die Sonderausstellung über die Schattenseiten der Mode – das zieht an diesem Abend viele Menschen in das Deutsche Hygiene-Museum am Rande der Dresdner Altstadt. Es ist kurz nach 17:00 Uhr und die meisten fragen doch lieber noch mal nach. Einfach reingehen, erklärt Mitarbeiterin Marlen Kanter den Beitrag des Museums zur Aktion Dresden geht aus.
"Das ist ein politisches Statement, würde ich mal sagen, dass Dresden viel mehr zu bieten hat als kleine Gruppierungen, die sich irgendwo in der Ecke treffen."
Rabatte, Freigetränke, Sonderaktionen
Hier ist jedem klar, wen sie damit meint. Denn die Pegida-Demonstrationen sorgen dafür, dass viele Dresdner montags die Innenstadt meiden. Dresden geht aus soll sie wieder in die Innenstadt bringen, angelockt von Rabatten, Freigetränken oder anderen Sonderaktionen. Auch die Museen machen mit. Das Hygiene-Museum hat sonst montags geschlossen, heute kommen über 500 Besucher.
"Es ist eine schöne Aktion. Es ermuntert die Dresdner hoffentlich mal, zu anderen Stätten als nur zum Theaterplatz zu gehen. Hoffentlich."
"Die Aktion an sich ist schon mal sehr gut. Dass die Leute montags mehr in die Stadt gehen. Nicht zum Demonstrieren, sondern um normal in der Stadt unterwegs zu sein."
Vor der Ausstellung im ersten Stock heißt es: Schlange stehen.
"Fünf Minuten, dann kann es weiter gehen."
Drinnen schauen sich Menschen aller Altersstufen dichtgedrängt die Tafeln an, auf denen der lange Weg eines Kleidungsstücks nach Europa beschrieben wird. Im ersten Stock geht schon bald nichts mehr.
Vom Hygienemuseum ist es ein knapper Kilometer bis zum Neumarkt, dem Platz vor der Frauenkirche. In der Einkaufspassage dort soll eine Band Menschen zum Shoppen animieren. Kurz vor halb sieben herrscht aber gähnende Leere. Zwei Frauen sitzen, etwas verloren, vor Weingläsern an einem Tisch im Untergeschoss.
"Ich berichte über diese Aktion Dresden geht aus. Haben Sie davon schon mal gehört?"
"Ja, deswegen sind wir hier. Wir wollten lateinamerikanische Musik hören. Ich hab das gelesen."
"Und sind extra hergekommen, um was genau zu erleben?"
"Um lateinamerikanische Musik zu erleben. Bisher bin ich etwas enttäuscht."
Langsamer Jazz statt Samba. Kaum Kunden, nur gelangweilt wirkende Verkäufer. Viele Läden sind auch einfach schon zu. Das Konzept Shoppen statt Demonstrieren geht für die beiden einsamen Einkäuferinnen nicht auf:
"Man macht ja gerne Pegida dafür verantwortlich, dass montags die Stadt leer ist. Aber, montags war die Stadt immer leer. Das hat nichts mit Pegida zu tun und ich glaube auch nicht, dass man Massen von Leuten in die Stadt bringt, um ein Gegengewicht zu Pegida zu bringen, ist meine Meinung."
Von der leeren Einkaufspassage sind es nur einige Schritte raus auf den Neumarkt. Eine halbe Stunde vor Ladenschluss schwenken hier auch an diesem Montag mehrere 1000 Menschen ihre Deutschland-Fahnen und warten auf ihre Redner.
Noch Luft nach oben
Nur einen Steinwurf von den Parolen der Pegida-Anhänger entfernt locken die Organisatoren von Dresden geht aus mit Bratwurst, Glühwein und Eisstockschießen. Auf dem Dresdner Wintermarkt, eine Art verlängerter Weihnachtsmarkt. Unter ihnen City-Management-Chef Jürgen Wolf. Er findet, dass die Aktion ganz gut anlaufen ist, weiß aber auch: da ist noch Luft nach oben:
"Ob sich das dreht, das wird man sehen und ich habe immer gesagt, wir brauchen einen langen Atem und ganz viel Ausdauer mit unseren Angeboten."
Und nur als Gegenveranstaltung zu Pegida will er Dresden geht aus gar nicht verstanden wissen.
"Dresden geht aus ist grundsätzlich keine politische Aktion. Sondern der Versuch, der Appell an die Dresdner, sich ihre Stadt wiederzuholen an den Montagen."
Tatsächlich scheint die Innenstadt an diesem Montag ein wenig belebter als noch vor Wochen. Doch wiedergeholt haben sich die Dresdner ihre Stadt noch lange nicht. Das wird spätestens klar, als die etwa 4000 Demonstranten mit ihren Transparenten am Altmarkt vorbeiziehen. Jürgen Wolf und die anderen Besucher an der Eisbahn schauen nur kurz von ihren Glühweintassen auf.
"Ist immer ein bisschen beklemmend, wenn die Parolen tönen. Und die suchen sich ja immer die Häuserschluchten aus, um da mal richtig einen vom Leder zu lassen. Aber ist gleich wieder vorbei, noch fünf Minuten, dann ist Ruhe in der Stadt."