Juristischer Tanz um ein paar Tausend Diamanten und Brillanten
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Der Prozess gegen die mutmaßlichen Diebe der Juwelen aus dem Grünen Gewölbe verspricht spannend zu bleiben: Gab es einen Deal zwischen Angeklagten und Justiz? Die nun wieder aufgetauchten Beutestücke sollen so bald wie möglich wieder ausgestellt werden.
Die aus dem Grünen Gewölbe in Dresden geraubten und nun wieder aufgetauchten Juwelen und Schmuckstücke sollen so bald wie möglich der Öffentlichkeit präsentiert werden. Das könne schon "in den ersten Monaten" des kommenden Jahres der Fall sein, sagt Marion Ackermann, Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD). Einen konkreten Termin gebe es aber noch nicht.
Nach Ackermann sind die Sicherheitsvorkehrungen im Grünen Gewölbe deutlich erhöht worden: "Es ist sehr vieles auf allen Ebenen optimiert worden." An der eigentlichen Museumserfahrung werde sich für die Besucherinnen und Besucher deswegen aber nichts ändern. Dass das Beutegut wieder da ist, sei für sie eine "unglaubliche Nachricht" gewesen und sehr plötzlich und überraschend gekommen, sagt Ackermann.
Diebesgut in Berlin sichergestellt
Lange schien es so, als seien die entwendeten Juwelen und Schmuckstücke für immer verloren. Drei Jahre lang tauchte die wertvolle Beute nicht wieder auf. Doch am Samstag teilten Staatsanwaltschaft und Polizei mit, dass ein Großteil der historischen Stücke in Berlin sichergestellt worden sei.
Der Rückgabe der Beute liegt allem Anschein nach einem Deal zwischen den mutmaßlichen Dieben und der Justiz zugrunde. Seit Anfang des Jahres läuft in Dresden ein Prozess gegen sechs Tatverdächtige wegen schweren Bandendiebstahls und Brandstiftung. Die jungen Männer gehören zu einer arabischstämmigen Großfamilie aus Berlin.
Nach Angaben der Ermittler gingen der Sicherstellung der Beute Sondierungsgespräche mit den Anwälten der Angeklagten voraus. Es sei "zwischen Verteidigung und Staatsanwaltschaft unter Einbeziehung des Gerichts über eine mögliche Verfahrensverständigung und Rückführung noch vorhandener Beutestücke" gesprochen worden, teilten die sächsischen Behörden mit.
Weitere Angaben zu dem eventuellen Deal gab es vorerst nicht. Details waren für den folgenden Prozesstag erwartet worden. Doch das Gerichtsverfahren geht erst im nächsten Jahr weiter. Der für den 20. Dezember angesetzte Hauptverhandlungstermin ist wegen Krankheit einer Richterin abgesagt worden. Der nächste Termin ist für den 10. Januar 2023 geplant.
Spekulationen über einen Deal
So kann weiter spekuliert werden, wie es zu der Rückgabe der wertvollen Juwelen kam. Wer hat den Deal angestoßen? "Die Verfahrensbeteiligten schweigen eisern. Das ist auch nachvollziehbar", sagt der Rechtswissenschaftler Matthias Jahn. Das Verfahren befinde sich derzeit im "schwebenden Zustand".
Jahn weist darauf hin, dass eine mögliche Verständigung der Prozessbeteiligten über Rückgabe der Beute gegen mildere Strafen kompliziert ist und nur unter bestimmten Bedingungen rechtssicher erfolgen kann.
Das Verfahren befinde sich rechtlich in einer Grauzone, betont er. "Mein Eindruck ist, dass hier eine Art Gentlemen's Agreement versucht wird, in dem Sinne, dass die Angeklagten erst einmal in Vorleistung treten, und nun darauf hoffen, dass das Gericht im Gegenzug bei der Strafe einen angemessenen Nachlass gibt", sagt Jahn.
Das Gesetz ermögliche es Angeklagten auch, sogenannte Aufklärungshilfe gegen einen möglichen Strafrabatt zu leisten. "Aber der Zeitpunkt, zu dem das spätestens möglich ist, ist längst abgelaufen. Das wäre zu Beginn der Hauptverhandlung gewesen", betont der Jurist.
Vielleicht ein Fall für den BGH
Man dürfe deswegen gespannt darauf sein, was das Gericht beim nächsten Termin über die Verständigungsgespräche berichten werde, so Jahn. Es könne durchaus sein, dass das Verfahren eines Tages vom Bundesgerichtshof überprüft werden müsse.
Der Einbruch am frühen Morgen des 25. November 2019 in das Dresdner Residenzschloss war einer der spektakulärsten Kunstdiebstähle in Deutschland. Die Täter schlugen mit einer Axt Löcher in eine Vitrine und rissen die Juwelen heraus. Sie stahlen Schmuckstücke mit insgesamt 4300 Diamanten und Brillanten im Gesamtwert von mehr als 113 Millionen Euro.
(ahe/dpa/epd)