Kein Gramm Hasch!
Mit einer Null-Toleranz-Strategie will der Berliner Senat die Drogenkriminalität im Görlitzer Park in den Griff bekommen. Doch mit dem absoluten Cannabis-Verbot ist das Problem noch längst nicht gelöst.
Bratenduft von einem mobilen Grill mitten auf der Wiese überlagert den Zigarettenqualm von einem älteren Ehepaar mit Hund. Süßliche Schwaden, Haschisch oder Marihuana, sind an diesem Nachmittag nicht zu riechen. Spaziergänger bleiben von Dealern unbehelligt. Ein Cannabishotspot scheint der Görlitzer Park jetzt gerade nicht zu sein:
"Es sind weniger geworden auf jeden Fall. Ja, weniger ist es schon geworden, aber wir warten jetzt drauf, dass es 30 Grad werden, dann kommen sie alle wieder. Momentan ist es etwas besser durch die Polizeipräsenz."
Massive Polizeipräsenz
Und wirklich, vor dem Café an einem Ende des Parks stehen drei Polizeiautos, im hinteren Bereich spazieren zwei Uniformierte und schauen prüfend mal rechts und mal links, und an einem Parkeingang steht ein auffällig unauffällig gekleideter Zivilpolizist und tut als würde er die Sonne genießen. Seit fünf Monaten beobachten die Anwohner, wie die Innenverwaltung mit einer Task Force und viel Polizei versucht, die Dealer aus dem Park zu drängen.
"Es ist übel, was hier an Polizeipräsenz da ist. Massiv werden hier Razzien durchgeführt, das geht schon gar nicht mehr. Man kommt teilweise nicht mehr rein in den Park, weil sie die Eingänge zumachen. Von der einen Seite kommen die Bullen rein und dann rennen sie raus und kommen von der anderen Seite wieder rein, mit sowas werden sie dem nicht Herr werden."
Innensenator Frank Henkel versucht es dennoch. 2000 Strafanzeigen wurden in einem knappen halben Jahr gestellt, 245 Verfahren eingeleitet und sieben Kilogramm Marihuana beschlagnahmt. Die Polizei hat ihre Anstrengungen auch personell mehr als verdreifacht.
"Es ist ein erheblicher Aufwand. Wir haben im Moment durch die Einsätze dort etwa 40.000 Kräftestunden angesammelt, die lohnen sich ja. Es ist möglich und vor allem wünschenswert, dass im Reiseführer nicht mehr steht, dass man relativ preiswert und einfach im Görli wie es da so schön steht seine Drogen beziehen kann. Wir brauchen einen langen Atem und den haben wir."
Keine Kunden - keine Dealer?
Seit 1. April gilt im Görlitzer Park auch noch Null Toleranz - für Händler und Konsumenten. Null Toleranz heißt Null Gramm Cannabis, auch nicht die bisher für den Eigenbedarf noch geduldeten zehn Gramm. Keine Kunden, bedeutet dann auch keine Dealer, so die Idee, - die Parkbesucher zweifeln:
"Im Endeffekt trifft es ja denke ich mal die Käufer, die erwischt werden, wenn sie was in der Tasche haben und die die hie verkaufen, die werden sie damit nicht weg kriegen."
Zumindest nicht besonders weit weg. Das Cannabis-Geschäft floriere nun nicht mehr im Görli, sondern darum herum, sagen die Anwohner. Verkauft werde aus Fahrradkörben, Hauseingängen oder Kaffeebechern:
"Es ist ja auch so, dass wenn man hier einfach mal rübergeht auf die Görlitzer Straße, einfach mal in die Falkenstein, Cuvry oder so, dann gehen die Leute eben da hin und probieren es eben an den Seiten des Parks, verdrängen sozusagen."
Nicht gelöst, sondern verlagert
Ein Problem, das auch die Berliner Polizei sieht. Polizeipräsident Klaus Kandt beteuert allerdings, dem Verdrängungseffekten Rechnung zu tragen:
"Unser Konzept ist ja nicht nur auf das eigentliche Parkgelände begrenzt, sondern auch die umliegenden Straßen und den Bahnhof. Das Verhalten, was eben geschildert worden ist, zeigt schon, dass die Händler in Unruhe geraten sind und das ist auch Ziel der Maßnahme und so soll es auch sein."
Derweil sind die Polizeiautos im Park abgerückt und haben Position in einer Querstraße davor bezogen. Eine junge Polizistin mit Tattoos an Hals und Oberarmen spricht mit zwei jungen Punks, die kurz darauf Richtung Parkausgang schlendern. Noch etwas später sind sie wieder da, sitzen auf einer Bank und gucken, ob die Luft rein ist. Ist sie nicht, in gewisser Hinsicht - denn jetzt riecht es auf einmal doch leicht süßlich im Görlitzer Park.