Die umstrittene Protestwiese
Ein Symbol für den Widerstand gegen die Abholzungen im Hambacher Forst ist auch die Wiese des Steuerberaters Kurt Claßens. Aber angesichts drohender Räumung und zahlreicher Prozesse gegen ihn, ist Claßen nun wohl am Ende seines zivilen Ungehorsams angelangt.
Vor sieben Jahren hat der Steuerberater Kurt Claßen aus Kerpen eine Wiese für 12.500 Euro gekauft. Sie ist nicht mal ein halbes Fußballfeld groß, aber unter dem Grundstück schlummern Braunkohlevorkommen. Der Energiekonzern RWE will dort die Kohle zutage fördern, bietet dem Eigentümer aber nur 15.000 Euro für die Weide an. Doch das ist Claßen viel zu wenig.
Die Milliarden-Forderung
Er fordert 80 Milliarden Euro von dem Konzern und hat den Wert für den Tagebau auf Basis der Gewinnerwartung berechnet. "Der Gewinn fällt ja nicht sofort an, der fällt ja über 20 Jahre an", sagte Claßen im Deutschlandfunk Kultur. Deshalb sollte RWE das Geld in Jahresraten von vier Milliarden Euro abzahlen. Aber der Energiekonzern will sich darauf nicht einlassen. Auf der Wiese campieren mit Claßens Einverständnis einige Umweltaktivisten, denen nun auch die Räumung droht.
Die Bezirksregierung werde den Preis im Rahmen eines Enteignungsverfahrens festlegen, sagte Claßen. "Man braucht kein großer Prophet zu sein, um sich auszurechnen, zu welchem Preis die Bezirksregierung – die Bezirksregierung vertritt das Land NRW – den Wert dieses Grundstücks ansetzen wird." Er werde dagegen klagen, kündigte Claßen an. Mit dieser Debatte über den Kaufpreis sei es ihm vor allem darum gegangen, zu zeigen, dass der Tagebau weniger dem Gemeinwohl diene, sondern dem Gewinnstreben von RWE.
Am Ende des Widerstandes
*Allerdings stößt der Widerstand des Steuerberaters inzwischen an seine Grenzen. "Ich habe nicht mehr die Zeit, ich habe nicht mehr das Geld", sagte der 69-Jährige. Es gebe alleine 24 Steuerverfahren gegen seine Person, aber auch noch weitere Steuerprozesse und ein Insolvenzverfahren gegen eine nicht mehr aktive GmbH, sagte Claßen.
Den Kampf gegen die drohende Räumung der Wiese etc. wolle und könne er auf dieser Grundlage nicht mehr weiter führen. Auf seiner Homepage gebe es zwar ein Spendenkonto, er habe aber nicht genügend Geld, um hierfür sowie gegen die Rodung des Hambacher Forstes und gegen den Tagebau Hambach anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen zu können.
Bei der Waldbesetzung im Hambacher Forst sei bereits zu sehen gewesen, wie bei Räumungen von baulichen Anlagen vorgegangen werde. Diese seien "kurz und klein geschlagen" worden, so Claßen, was möglicherweise auch bei einer Räumung der Wiese geschehen könnte.
*Dieser Textabschnitt ist nachträglich ergänzt worden.